Die Tarifverhandlungen über die Verkürzung der Wochenarbeitszeit in der holz- und kunststoffverarbeitenden Industrie (HVI) für Berlin-Brandenburg haben begonnen. Die IG Metall fordert die 35 Stunden-Woche und damit eine Angleichung der Arbeitszeit auf den Standard im Westen. „Für Ungleichbehandlung am Arbeitsplatz ist die Zeit abgelaufen“, sagte Bodo Grzonka, IG Metall-Verhandlungsführer in der Bezirksleitung. Die Verhandlungen wurden nach rund dreistündigem Austausch ergebnislos auf Ende Oktober vertagt.

35 Jahre nach dem Fall der Mauer sind die Arbeitsverhältnisse in Ost und West noch immer zweigeteilt. Die Einkommen sind in der Holzwirtschaft im Osten rund 12 Prozent geringer und die tariflichen Wochenarbeitszeiten 3,5 Stunden länger. Damit will die IG Metall Schluss machen und verhandelt mit dem Arbeitgeberverband über die Einführung der 35-Stunden-Woche in der Holz- und kunststoffverarbeitenden Industrie (HVI). Betroffen von dem Tarifkonflikt sind rund 3500 Beschäftigen in Berlin-Brandenburg.

Die aktuelle monatliche Arbeitszeit in Berlin-Brandenburg beträgt 167,5 Stunden. Die tarifliche Wochenarbeitszeit liegt aktuell bei 38,5 Stunden. Damit müssen die Beschäftigten 182 Stunden mehr im Jahr arbeiten als die Kolleginnen und Kollegen in westdeutschen Werken. In Geld umgerechnet summiert sich der Einkommensverlust durch diese faktisch nicht bezahlte Mehrarbeit auf über 4500 Euro brutto jährlich. Hinzu kommen Einbußen im Alter durch fehlende Rentenbeiträge.

Zentraler Punkt ist neben der schlechteren Vereinbarkeit von Familie, Care-Arbeit und Berufsleben, dass in den Industriebetrieben häufig mehrschichtig gearbeitet wird. In Betrieben der Spanplattenindustrie sogar rund um die Uhr 24/7 das ganze Jahr. So genannte Vollkonti-Schichtarbeit.

Bodo Grzonka, IG Metall-Verhandlungsführer der IG Metall-Bezirksleitung Berlin-Brandenburg-Sachsen: „Wir müssen die Belastungen in Schichtbetrieben reduzieren. Angesichts des steigenden Rentenzugangsalters können die Beschäftigten ohne Schäden an der Gesundheit diese Arbeitsbelastung dauerhaft kaum erbringen. Das ist für uns auch eine Frage von Gerechtigkeit. Gerade in Ostdeutschland fühlen sich die Menschen nicht nur abgekoppelt und zweitklassig behandelt, sie haben tatsächlich schlechtere Bedingungen. Dieser Nährboden für antidemokratische Propaganda muss ausgetrocknet werden. Da stehen die Arbeitgeber in der Verantwortung.“

Die Branche ist, im Gegensatz zu anderen, größtenteils sehr gut durch die Coronakrise gekommen. Kunden konnten teilweise nicht mehr beliefert werden, weil entweder die Kapazitäten ausgereizt waren und sind oder Vorprodukte zur Herstellung der Möbel fehlen. Spanplatten wurden den Herstellern regelrecht aus der Hand gerissen. Aus den Betrieben wurden von historisch guten Auslastungen berichtet. Gleichzeitig konnten die Unternehmen Preiserhöhungen durchsetzen. 

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