In Sachsen lebten 2022 insgesamt 322.230 Menschen ohne deutschen Pass. Davon stammten 88.280 aus EU-Ländern. Das entspricht einem Anteil von 7,8 Prozent der Gesamtbevölkerung, fast die Hälfte dieser Menschen lebt seit mehr als zwei Jahren im Freistaat. Obwohl sie von den Entscheidungen auf der Kommunal-, Landes- und Bundesebene direkt betroffen sind, dürfen sie nicht wählen – lediglich wer aus einem EU-Staat kommt, darf bei Kommunal- und Europawahlen abstimmen. Dieses Recht gibt es seit 1992.

Die Linksfraktion schlägt vor (Drucksache 7/13385), dass in Sachsen lebende EU-Bürgerinnen und -bürger das aktive und passive Wahlrecht bei Landtagswahlen erhalten. Wer aus einem Drittstaat kommt und seit mehr als zwei Jahren seinen ständigen Wohnsitz im Freistaat hat, soll bei Kommunal- und Landtagswahlen abstimmen dürfen.

Dazu sagt die migrationspolitische Sprecherin Juliane Nagel: „Wir leben in einer Einwanderungsgesellschaft. Wer schon lange hier lebt, auch Steuern zahlt und vor allem von den politischen Entscheidungen betroffen ist, soll an demokratischen Wahlen teilnehmen dürfen. Das betrifft zudem die Volksgesetzgebung. Mit der weiteren Zuwanderung von Fach- und Arbeitskräften wird das Thema Wahlrecht für Drittstaatsangehörige an Bedeutung gewinnen.

In mehr als der Hälfte der EU-Mitgliedstaaten dürfen Drittstaatsangehörige an Kommunalwahlen teilnehmen, in Finnland beispielsweise nach zwei Jahren. Bei den Kommunalwahlen in der DDR im Mai 1990 genossen Ausländer, die seit mehr als zwei Jahren im Land lebten, ebenfalls das aktive und passive Wahlrecht.

Menschen, die nach Deutschland kommen, bleiben in der Regel. Sie sollten sich bestmöglich integrieren können. Dazu gehört das Recht, demokratisch mitzubestimmen. Es gibt viele individuelle Gründe dafür, keine Einbürgerung anzustreben – daher sollten Mitbestimmungsrechte nicht in jedem Fall von der Staatsbürgerschaft abhängen. Statt die Stimmung gegen Menschen mit Migrationsgeschichte aufzuheizen, sollten der Ministerpräsident und der Innenminister dafür eintreten, die demokratischen Rechte aller hier lebenden Menschen auszuweiten.“

Hintergrund

Würde das Wahlrecht bei Kommunalwahlen in Sachsen auf volljährige Drittstaatsangehörige ausgeweitet, gäbe es 111.475 zusätzliche Wahlberechtigte. Sänke das Wahlalter auf 16 Jahre, wären es 114.030 Menschen. Bei Landtagswahlen wären 174.240 Menschen ab 18 Jahren zusätzlich wahlberechtigt, bei einem Wahlalter von 16 Jahren 177.810 Menschen. Eine grafische Aufbereitung von Daten sowie Statements von Menschen mit Migrationsgeschichte gibt es hier.

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