Drei Jahre und eine Pandemie liegen zwischen dem letzten und dem diesjährigen Neujahrsempfang der Universitätsmedizin Leipzig. Mit 400 Gästen feierten das Universitätsklinikum und die Medizinische Fakultät nun gemeinsam den Start in ein neues und bis jetzt weniger von Corona geprägtes Jahr 2023. Was dieses Jahr und die weitere Zukunft für die Menschen im Gesundheitssystem bereithalten könnten, das diskutierten die Gastgeber mit dem Ehrengast, dem Sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer, bei einer Podiumsrunde.
Der Blick zurück auf die von der Pandemie geprägten Jahre war dabei natürlich ein wesentliches Thema. „Hinter uns liegt eine steile Lernkurve in der Pandemie“, war daher auch eine der zentralen Botschaften von Prof. Dr. Christoph Josten, dem Medizinischen Vorstand des Universitätsklinikums Leipzig, stellvertretend für alle Beteiligten.
„Wir haben ein extrem hohes Engagement des gesamten Teams von den Beschäftigten direkt am Krankenbett bis zu denen in der Administration erlebt“, so Josten, „getragen von einer enormen Motivation, Menschen zu helfen – ganz im Sinne des UKL-Claims „Medizin ist unsere Berufung.“
Allerdings sei aufgrund der schieren Dauer dieser Anstrengung auch deutlich geworden, wie „wenig Puffer“ es im System gebe. „Es waren Einschränkungen in der Regelversorgung erforderlich, um die Situation zu stemmen – mit Folgen für unsere Patient/-innen, die zum Teil lange auf Termine und Operationen warten mussten“, so Josten.
Und mit Folgen für die wirtschaftliche Situation des Klinikums: Auch, wenn die Zahl der behandelten Patient/-innen 2022 gegenüber 2021 wieder gestiegen ist, liegt diese noch deutlich hinter der aus 2019. Einzige Ausnahme bilden die psychiatrischen Fächer.
„Gepaart mit den enormen zu schulternden Teuerungen -2020 zunächst bei Schutzausrüstung und medizinischen Verbrauchsmitteln, inzwischen umfassend bei Sach- und Energiekosten, sind das für die Bilanz des UKL ungünstige Bedingungen – die sich absehbar auch nicht deutlich zu verbessern scheinen“, ergänzte Dr. Robert Jacob, Kaufmännischer Vorstand des Universitätsklinikums.
Das UKL werde das vergangene Jahr daher voraussichtlich erneut mit einem Minus abschließen. Dr. Jacob bedankte sich in diesem Zusammenhang dafür, dass die Landespolitik diese schwierige Situation wahrnimmt und die Universitätsmedizin Leipzig nachhaltig unterstützt.
Zu den bleibenden Herausforderungen zählt die sich zuspitzende Frage der Personalgewinnung, die für die Absicherung der Qualität der Arbeit einer Universitätsmedizin essentiell ist. „Dabei sind wir in Leipzig verglichen mit Kliniken in anderen Regionen der Republik nach wir vor in einer relativ guten Situation“, beschreibt Dr. Jacob, „aber auch bei uns wird es zunehmend enger.“
Seit mehreren Jahren baut das UKL kontinuierlich Personal auf, vor allem in der Pflege. Das gelingt auch dank der eigenen Nachwuchsausbildung in der zum Klinikum gehörenden Berufsfachschule, der größten in Sachsen. Die Attraktivität Leipzigs als Wohnort und des Arbeitsplatzes Universitätsklinikum trägt weiter dazu bei. „Dennoch sehen wir, dass es in quasi allen Bereichen schwerer wird, Fachkräfte auf einem faktisch leeren Markt zu finden und anzuwerben“, so Prof. Christoph Josten.
Dieser Trend wird durch Entwicklungen wie den Renteneintritt geburtenstarker Jahrgänge und die zunehmende Inanspruchnahme familienfreundlicher Teilzeitlösungen in allen Berufsgruppen verstärkt. Denn um die vorhandenen Fachkräfte werben viele Akteure im Gesundheitswesen, mit dem Effekt, dass eine flächendeckende medizinische Versorgung neue Lösungen verlangen wird.
Ministerpräsident Michael Kretschmer hob die Bedeutung des Leipziger Universitätsklinikums hervor: „Das Uniklinikum Leipzig ist enorm wichtig für die Patientenversorgung in der gesamten Region. Es ist zugleich ein bedeutender Ort der medizinischen Forschung für ganz Sachsen und weit darüber hinaus. Wir brauchen diese Orte der Spitzenmedizin, weil hier an der Nahtstelle von Forschung und Praxis regelmäßig neue Ansätze und Wege bei Prävention, Früherkennung und Therapie gefunden werden – zum Wohle der Patientinnen und Patienten.
Der Freistaat bekennt sich zu seinen Unikliniken und wird weiter ganz gezielt in diese Standorte investieren. Wir unterstützen zudem die Bemühungen bei der Ausbildung und Gewinnung von Fachkräften. Dazu gehört für mich auch das Thema Zuwanderung von Fachkräften.“
Dass bei der Sicherung der Nachwuchsfrage in der Medizin eine Ausweitung der Zahl der Medizinstudienplätze und die geplante Reform der Approbationsordnung das enge Zusammenwirken von Fakultät und Politik erfordern werden, darauf wies Prof. Michael Schaefer, Forschungsdekan der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig, hin. „Mehr Studenten erfordern mehr Unterrichtsräume und mehr Lehrpersonal“, so Schaefer.
Beides bereitzustellen bedarf eines zeitlichen Vorlaufs und einer zusätzlichen Finanzierung. „Zudem müssen trotz einer Konzentration auf die Absicherung des klinisch tätigen Nachwuchses gleichzeitig Anstrengungen unternommen werden, um junge Wissenschaftler auch für die medizinische Forschung zu gewinnen und den Forschungsstandort weiterzuentwickeln“, betonte Schaefer.
Einig waren sich alle Diskutanten darin, dass es Zeit sei für Reformen. Vor diesem Hintergrund liegen viele Hoffnungen sowohl auf der derzeit geplanten Krankenhaus-Struktur- Reform als auch den Möglichkeiten der Digitalisierung.
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