Der Zugang zu einer Hausarztpraxis wird für weite Teile der Bevölkerung immer schwieriger. Die Linksfraktion hat gestern eine Landtagsdebatte dazu beantragt. Die gesundheitspolitische Sprecherin Susanne Schaper erklärt:
„Die Koalition darf nicht warten, bis die Landarztquote vielleicht in zehn Jahren den Mangel lindert. Sie muss handeln! Die Regierung mag einwenden, dass die Planung der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) obliegt. Da die aber zu wenig macht und ihr Chef Klaus Heckemann sogar mit sinnlosen identitätspolitischen Debatten Fachpersonal vergrault, muss die Staatsregierung reagieren.
Der ambulante und der stationäre Sektor müssen verzahnt werden, wozu mehr Polikliniken gehören. Das Programm Poliklinik Plus muss belebt werden, damit das Geld auch abgerufen wird. Wer eine Praxis eröffnen oder übernehmen will, muss unterstützt werden: In Thüringen schießen Krankenkassen und die KV bei ländlicher Niederlassung bis zu 60.000 Euro zu, und eine vom Freistaat geförderte Stiftung hilft mit bis zu 25.000 Euro.
Innovative Praxismodelle wie Gemeinschaftspraxen oder Praxisgemeinschaften müssen stärker unterstützt werden, rollende Arztpraxen und Gemeindeschwestern ebenso. Nötig sind umfassende Digitalisierung und Entbürokratisierung, demographische Faktoren müssen bei der Bedarfsermittlung berücksichtigt werden.
Außerdem gilt es Druck auf den Bund zu machen, damit die Vergütungsregeln der Hausärzte modernisiert werden – sie stammen zum Großteil noch aus den 1980er Jahren. Und: Die Praxen brauchen mehr Unterstützung, damit sie den Medizinischen Fachangestellten bessere Bedingungen bieten können.
Gegenüber 2019 (Drucksache 7/627) hat sich die Zahl der unbesetzten Hausarztstellen von 248,5 auf 426 fast verdoppelt. In 32 der 48 Planungsbereiche droht Unterversorgung, 2015 war dies nur in zehn der damals 47 Bereiche der Fall (Drucksache 7/11425). Der Versorgungsgrad in manchen Gemeinden liegt unter 75 Prozent.
Bei den Fachärzten sieht das nicht viel anders aus. Versuchen Sie mal in Südwestsachsen, einen Augenarzttermin zu bekommen. Das Durchschnittsalter der Allgemeinmedizinerinnen und -mediziner beträgt knapp 55 Jahre. Längst nicht alle können und werden weit über ihr 70. Lebensjahr hinaus praktizieren, weil die Arbeitsbelastung sie ausbrennt.
Wir dürfen nicht erwarten, dass Patientinnen und Patienten ewig bis zur nächsten Praxis fahren. Viele werden lieber Besuche hinausschieben oder in die Notaufnahme gehen – mit entsprechenden Folgen für ihre Gesundheit und das Gesundheitssystem. Es ist eine Frage der Gerechtigkeit, dass alle Menschen bei Bedarf hausärztlich versorgt werden! Der Anspruch der Bevölkerung, vor Ort gut versorgt zu werden und einen Termin zu bekommen, ist angemessen: Schließlich bezahlt sie dies alles mit ihren Beiträgen.“
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