Die SARS-CoV-2-Pandemie ist auch im Jahr 2022 noch nicht zu Ende. Es ist wissenschaftlich nicht vorhersehbar, welches Pandemiegeschehen im Herbst und Winter 2022/23 vorherrschen wird. Es könnte erneut zu einer angespannten Situation in der Gesundheitsversorgung sowie hohen Personalausfällen wegen Erkrankung oder häuslichen Betreuung der Kinder kommen. Je leichter die Infektionen mit SARS-CoV-2 verlaufen, desto weniger Schutzmaßnahmen werden erforderlich sein. Eine Vorbereitung auf den Herbst und Winter 2022/23 ist daher zentral.
Orientierung an drei möglichen Szenarien
Zur Vorbereitung hat das Kabinett als ersten Schritt einen Herbstplan beschlossen. Gesundheitsministerin Petra Köpping: „Wir sind sehr gut auf steigende Fallzahlen vorbereitet. Wir orientieren uns an den drei möglichen Szenarien des ExpertInnenrates der Bundesregierung. In jedem Szenario setzen wir uns folgende Ziele: Verhinderung der Überlastung des Gesundheitssystems und der kritischen Infrastruktur, Schutz vulnerabler Gruppen und Vermeidung gesundheitlicher Spätfolgen, insbesondere Post-/Long-COVID. Notwendig ist entschiedenes, effektives Handeln, was aber durch viele Unwägbarkeiten – etwa Mutationen des Virus – beeinflusst wird. Zudem ist die Rechtslage im Infektionsschutzgesetz weiterhin unklar.“
Kontinuierliche Beobachtung des Pandemiegeschehens
Zentral ist die kontinuierliche Beobachtung des Pandemiegeschehens in drei Dimensionen: Infektionsdynamik, Gefährdungspotenzial und Leistungsfähigkeit der Versorgungseinrichtungen. Damit können schnell besorgniserregende Entwicklungen erkannt werden, um davon ausgehend Schutzmaßnahmen abhängig vom eintretenden Szenario rechtzeitig zu ergreifen. Dazu zählt auch die flächendeckende, schnelle Durchführung weiterer empfohlener Auffrischungsimpfungen.
Die Infektionsdynamik wird unter anderem mittels der Sieben-Tage-Inzidenz beobachtet. Das Gefährdungspotenzial wird engmaschig durch das Monitoring besorgniserregender Varianten bewertet. Auf Basis öffentlicher Daten wird zudem das Infektionsgeschehen in den Nachbarländern Polen und Tschechien überwacht.
Die Überwachung der Leistungsfähigkeit der Versorgungseinrichtungen wird insbesondere durch die Belegungs- und Auslastungsdaten der Krankenhäuser sichergestellt. Ebenfalls stehen Prognosen zur Auslastung zur Verfügung, um etwaige Maßnahmen rechtzeitig ergreifen zu können. Der Vorwarnstufenwert bei 180 mit COVID-Patientinnen und -Patienten belegten Intensivbetten im Freistaat Sachsen und der Überlastungsstufenwert bei 420 mit COVID-Patientinnen und Patienten belegten Intensivbetten im Freistaat Sachsen werden als Orientierungspunkte beibehalten.
Diese Schwellenwerte sind die bewährten und belastbaren Werte, die für die Überlastung der Krankenhausversorgung im Freistaat Sachsen existieren. Die COVID-Belegung auf den Normalstationen wird beobachtet. Bei Bedarf kann die Krankenhaus-Koordinierung wiedereingesetzt werden. Der Austausch mit Experten im Gesundheitsstab der Staatsregierung gewährleistet darüber hinaus ein umfassendes Lagebild in der stationären Versorgung.
Die Belastung der kritischen Infrastruktur wird bundesweit in einem gemeinsamen Lagebild des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe dargestellt sowie eine zusammenfassende Bewertung und eine kurzfristige Prognose abgegeben.
Schutzimpfungen gegen das Coronavirus bleiben zentral
Zentral bleiben zudem die Schutzimpfungen gegen das Coronavirus. Die Hauptverantwortung liegt weiterhin bei der niedergelassenen Ärzteschaft, Betriebsärzten und Krankenhäusern, unterstützt von den Apotheken, Zahn- und Tierärzten. Zudem gibt es weiterhin als Ergänzung 13 staatliche Impfstellen, die im Herbst personell aufgestockt werden können. Im Herbst ist mit einer erneuten Nachfragespitze durch die erwartete Verfügbarkeit von angepassten Impfstoff zu rechnen, für den es voraussichtlich eine allgemeine Empfehlung geben wird.
Staatsministerin Petra Köpping: „Daher hat das Kabinett bereits heute beschlossen, die Landkreise und Kreisfreien Städte ab Oktober wieder als ergänzenden Partner in den Impfprozess einzubinden. Damit haben die Kommunen frühzeitig Planungssicherheit und Zeit zur Vorbereitung, um Impfstrukturen aufzubauen. Dies entspricht der vom Corona-Expertenrat der Bundesregierung empfohlenen vorausschauenden Vorbereitung mit kurzen Reaktionszeiten.“ Für ihre Beteiligung am Impfprozess wird die kommunale Ebene mit 16 Millionen Euro vom Freistaat unterstützt.
Grundsatz bei Maßnahmen: So viel wie nötig, so wenig wie möglich
Voraussetzung für das Ergreifen der Schutzmaßnahmen im Bedarfsfall ist eine entsprechende Ermächtigungsgrundlage für die Länder im Infektionsschutzgesetz (IfSG). Die aktuell geltenden infektionsschutzrechtlichen Befugnisse gemäß § 28a und § 28b IfSG stehen aufgrund der gesetzlichen Befristung nur bis zum 23. September 2022 zur Verfügung. Der Bundesgesetzgeber muss bis zum Außerkrafttreten der Befugnisse Nachfolgeregelungen im IfSG schaffen, die es den Ländern ermöglichen, die erforderlichen Schutzmaßnahmen für eine effektive Pandemiebekämpfung gemäß der drei Szenarien zu erlassen. Es ist daher noch nicht absehbar, welche Schutzmaßnahmen auf Landesebene tatsächlich ergriffen werden können.
Staatsministerin Köpping: „Hier erwarte ich eine zügige Vorlage des Bundes gemäß des Beschlusses der Gesundheitsministerkonferenz. Für mich gilt bei Maßnahmen der Grundsatz: So viel wie nötig, so wenig wie möglich.“
Besonderer Schutz für vulnerable Gruppen
Vulnerable Gruppen, die ein höheres Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf haben, müssen in jedem Szenario besonders geschützt werden. Die bereits in den vergangenen Pandemiejahren etablierten Schutzkonzepte sollen für die vulnerablen Personengruppen in Pflegeeinrichtungen und Einrichtungen der Eingliederungshilfe beibehalten werden. Auch dies soll angepasst an die jeweilige Pandemiesituation geschehen. Diese sind teils abhängig von der Ermächtigungsgrundlage für die Länder im Infektionsschutzgesetz. Ohne Ermächtigungsgrundlage könnte das Gesundheitsministerium hier nur Empfehlungen aussprechen.
Transparente Kommunikation
Die möglichen Szenarien des Herbstes werden, sobald sie absehbar sind, transparent kommuniziert. Insbesondere im Anschluss an wissenschaftliche Empfehlungen wird die Kommunikation verstärkt. Ein Schwerpunkt der zukünftigen Kommunikation wird weiter das Thema Impfen einnehmen. Die Notwendigkeit von niedrigschwelliger Information und Aufklärung über die Coronaschutzimpfung bleibt auch im Sommer und Herbst hoch. Die Menschen brauchen Orientierung in der Informationsflut und Faktenchecks bei Falschinformationen.
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