Dass gerade kleinteilige internationale Lieferketten überdacht werden müssen, hat sich bereits im Zuge der Corona-Pandemie gezeigt. Diese Problematik verschärft sich nun mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine. Es ist das erklärte Ziel der EU-Kommission, der deutschen Bundes- und der sächsischen Landesregierung, die europäische Wirtschaft unabhängiger von Importen zu machen. Lieferketten von Rohstoffen, Energie- und Zulieferprodukten sollen umgestellt und damit stabilisiert werden. Die sächsische Halbleiterindustrie besitzt dafür eine strategische Bedeutung.
„Wir haben uns in Abhängigkeiten begeben, die insbesondere von autokratisch geführten Staaten als Druckmittel missbraucht werden“, so Martin Dulig gestern im Bundesrat. Sachsens stellvertretender Ministerpräsident und Wirtschaftsminister sprach dort zum Thema „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines Rahmens für Maßnahmen zur Stärkung des europäischen Halbleiter-Ökosystems (Chips-Act)“.
Dulig: „In den vergangenen Jahren mussten wir schmerzlich feststellen, wie verletzlich Europas Stellung in der Welt geworden ist. Wir haben zu lange und zu passiv die globalen Entwicklungen beobachtet. Zu zögerlich wurden gewonnene Erkenntnisse in praktische Maßnahmen umgesetzt. Dies hat dazu geführt, dass technologische Vorsprünge verloren gingen und zukunftsträchtige Produktionsbereiche abgewandert sind“, so Martin Dulig.
Der Mikroelektronik kommt dabei als Schlüsselindustrie für die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit der sächsischen, deutschen und europäischen Industrie eine besondere Rolle zu. Dulig: „Ohne Halbleiter gäbe es keine Digitalisierung, keine Energiewende, keine Elektromobilität, keine Künstliche Intelligenz. Wenn es noch eines Beweises für die Bedeutung der Halbleiterindustrie bedarf, so ist dies der aktuell weltweite Chipmangel mit seinen weitreichenden Auswirkungen.“
Die EU-Kommission hat diese besondere Stellung der Mikroelektronik klar erkannt. Mit dem „Chips-Act“ lässt sie nun auch Maßnahmen folgen. Damit soll der stetige Rückgang des europäischen Marktanteils an der globalen Halbleiterproduktion gestoppt und eine Trendwende eingeleitet werden. So soll die Kapazität auf einen Anteil von 20 Prozent der weltweit produzierten Chips gesteigert werden. Derzeit sind es rund zehn Prozent.
Im Freistaat Sachsen sind rund 2.500 Unternehmen mit mehr als 70.000 Beschäftigten in der Branche tätig. Allein in den vergangenen drei Jahren kamen knapp 5.000 Beschäftigte hinzu – nicht nur in der Mikroelektronik, sondern auch im Bereich Software. Hier ansässige Unternehmen wie Bosch, Globalfoundries und Infineon bestimmen längst die weltweiten Märkte mit und haben „Silicon Saxony“ zu einem Global Player der Halbleiterbranche gemacht.
Dulig: „Die Mikroelektronik ist einer der Wirtschaftszweige, in denen der Freistaat Sachsen in den vergangenen Jahrzehnten eine europäische Spitzenposition eingenommen hat. In und um Dresden bestehen Fertigungsstätten für die Halbleiterproduktion, die es so kein zweites Mal in Europa gibt.
Es ist daher nur konsequent, dass wir uns – wie kaum eine andere Region – schon seit über zwanzig Jahren in Brüssel und Berlin für bessere Investitions- und Innovationsbedingungen für die Halbleiterindustrie in Deutschland einsetzen. Der coronabedingte Chipmangel zeigt, dass die Industrie Halbleiter aus Europa braucht. In enger Zusammenarbeit mit dem Bund und der EU wird unser sächsisches Hightech-Netzwerk seinen Beitrag leisten, um diese Herausforderung zu bewältigen.“
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