In ihrer Kabinettssitzung hat sich die Sächsische Staatsregierung gestern (5. April 2022) auf Förderschwerpunkte des EU-Fonds für die Braunkohleregionen (Just Transition Fund, JTF) verständigt. Dem Beschluss war ein gemeinsamer Abstimmungsprozess der Staatsministerien für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr sowie für Regionalentwicklung mit weiteren Ministerien, den förderfähigen Landkreisen und Kreisfreien Städten sowie mit Wirtschafts- und Sozialpartnern vorausgegangen.
In Sachsen stehen im Förderzeitraum 2021 bis 2027 rund 645 Millionen Euro EU-Mittel in diesem sogenannten „Mechanismus für einen gerechten Übergang“ zur Verfügung.
Den zentralen Schwerpunkt des JTF soll die Förderung von Unternehmen bilden, z. B. durch die Unterstützung produktiver Investitionen in kleine und mittlere Unternehmen und durch die Förderung von Startups. Unternehmen sollen dabei unterstützt werden, moderne digitale Prozesse sowie neue Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln. Ziel sind neue Wertschöpfungsketten und mit ihnen qualifizierte Arbeitsplätze.
Zur erfolgreichen Transformation der Wirtschaft wird eine zukunftsfähige Energieversorgung benötigt. Daher ist u. a. auch die Förderung von Maßnahmen zur dezentralen Energieerzeugung durch den Ausbau erneuerbarer Energien, zur Energieeinsparung und zur Verringerung des Ausstoßes von Treibhausgasen vorgesehen.
Der Auf- und Ausbau der Kreislaufwirtschaft ist ein weiterer Schwerpunkt. In dem Maß, in dem es gelingt, wertvolle Rohstoffe im Kreislauf zu halten, sinkt die Abhängigkeit der Unternehmen von zunehmend teuren Rohstoffimporten.
Gleichzeitig wächst die regionale Wertschöpfung und es entstehen neue Geschäftsmodelle und Produkte. Flankiert werden diese Vorhaben durch zahlreiche Hochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen. Sie sollen in den betroffenen Regionen Forschungsprojekte umsetzen, die einen Beitrag zum Strukturwandel leisten. Die Unterstützung der anwendungsorientierten Forschung durch den JTF wird vor allem den regionalen Unternehmen zugutekommen.
Mit den europäischen Mitteln sollen ferner die Berufsschulzentren zu Kompetenzzentren umgebaut werden. Damit leistet der JTF einen Betrag zur Fachkräftesicherung.
Für Wirtschaftsminister Martin Dulig ist der gestrige Beschluss ein wichtiges Signal an die Wirtschaft in den vom Strukturwandel betroffenen Gebieten: „Starke Regionen brauchen starke Unternehmen. Damit Sachsen für die Zeit nach dem Kohleausstieg gewappnet ist, steht bei uns die Förderung von Unternehmen und Startups ganz klar im Mittelpunkt. Gemeinsam mit ihnen wollen wir Sachsens Braunkohlereviere zu innovativen und leistungsfähigen Wirtschaftsregionen entwickeln, in denen Fachkräfte moderne und gut bezahlte Arbeitsplätze finden.
Damit die Reviere auch nach dem Kohleausstieg Energieregionen bleiben, sollen klimaschonende Technologien zur Energieversorgung und -speicherung entwickelt und an den Markt gebracht werden. Mit dem JTF können wir diese Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten sowie Investitionen in neue Verfahren bzw. Anlagen und innovative Geschäftsideen unterstützen.“
Für Thomas Schmidt, Staatsminister für Regionalentwicklung, wird mit der geplanten EU-Förderung für Unternehmen nunmehr auch eine in Deutschland bestehende Förderlücke geschlossen.
„Der Strukturwandel in den sächsischen Braunkohleregionen stellt eine der größten Herausforderungen für den Freistaat Sachsen dar. Gerade die aktuellen Ereignisse machen uns deutlich, wie wichtig die Weiterentwicklung der Reviere zu modernen europäischen Wirtschafts- und Energieregionen ist.
Zudem wollen wir die Stadt Chemnitz mit der zusätzlichen EU-Förderung als nachhaltigen Wirtschaftsstandort in der Region stärken. Die Einbeziehung der Regionen, der Wirtschafts- und Sozialpartner sowie der Zivilgesellschaft in die Erarbeitung des Förderprofils war uns hierbei ein besonders wichtiges Anliegen. Ein erfolgreicher Strukturwandel kann nur gemeinsam gelingen.“
Die Schwerpunkte stellen die Grundlage für eine vertiefte Erörterung mit der Europäischen Kommission dar, um die Voraussetzung für eine Genehmigung und damit den Start der Förderung in Sachsen zu schaffen.
Hintergrund
Die EU fördert mit dem Just Transition Fund (JTF) diejenigen Gebiete, die aufgrund des Übergangs der Europäischen Union zu einer klimaneutralen Wirtschaft schwerwiegende sozioökonomische Herausforderungen bewältigen müssen. Nach den Vorgaben der Europäischen Kommission sollen in Deutschland die Braunkohlereviere förderfähig sein, die auch im nationalen Kohlekompromiss berücksichtigt werden. In Sachsen werden damit die Landkreise Bautzen und Görlitz im Lausitzer Revier sowie die Landkreise Leipzig, Nordsachsen und die Stadt Leipzig im Mitteldeutschen Revier zur Gebietskulisse gehören.
Erweiterungen auf andere Regionen sind grundsätzlich möglich, aber an strenge Vorgaben der Europäischen Kommission gebunden. Sachsen hat sich dazu entschieden, zusätzlich die Stadt Chemnitz in die Gebietskulisse aufzunehmen, um sie bei den Herausforderungen des industriellen, ökologischen und demografischen Wandels vor Ort zu unterstützen.
Die Europäische Kommission muss die Gebietskulisse abschließend genehmigen. Deren Festlegung ist eine wesentliche Voraussetzung für die künftige Umsetzung. Da die EU-Mittel u. a. für die direkte Unternehmensförderung eingesetzt werden können, stellt der JTF eine sinnvolle und notwendige Ergänzung zur Förderung aus dem Strukturstärkungsgesetz dar.
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