Gestern beschloss das Kabinett die vom Sächsischen Staatsministerium der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung (SMJusDEG) erarbeitete Änderung der Verwaltungsvorschrift der Sächsischen Staatregierung über den Erlass von Rechtsnormen und Verwaltungsvorschriften (VwV Normerlass).
Die VwV Normerlass enthält die zentralen Bestimmungen zur Erarbeitung von Gesetzen und Rechtsverordnungen in Sachsen. Der heutige Beschluss ist ein weiterer Schritt auf dem Weg zur Umsetzung zentraler Anliegen des Koalitionsvertrages.
Er vereint Vorhaben der Landesregierung wie die Stärkung der Transparenz, Bürgerbeteiligung und Schutz der Grundrechte von Bürgerinnen und Bürgern sowie die Digitalisierung der Verwaltung. Auswirkungen neu geplanter Regelungen auf Menschen mit Behinderungen werden in den Fokus gerückt, ebenso wie die Vereinbarkeit mit nachhaltiger Entwicklung.
Als Meilenstein auf dem Weg zu mehr Bürgerbeteiligung im Freistaat sieht die Richtlinie vor, Rechtsnormentwürfe der Staatsregierung vor ihrer Freigabe zur Anhörung im Beteiligungsportal des Freistaats Sachsen zu veröffentlichen. Ausnahmen hiervon sind nur im Einzelfall aufgrund der Eilbedürftigkeit möglich und bedürfen eines Beschlusses der Staatsregierung. Eine weitere Anpassung setzt das bereits geltende Personenstandrecht um: Die Verwaltungsvorschrift stellt klar, dass bei der Verwendung von Formularen das dritte Geschlecht berücksichtigt werden muss.
Demokratieministerin Katja Meier: „Mit der Änderung der Verwaltungsvorschrift Normerlass vollzieht die Staatsregierung einen weiteren Schritt hin zu einer effektiven Berücksichtigung der Belange von Bürgerinnen und Bürger bei der Gesetzgebung. Im Sinne eines transparenten Regierungshandelns ist es zentral, dass Bürgerinnen und Bürger vor Erlass von Rechtsvorschriften Kenntnis erlangen und sich in die Diskussion einbringen können.
Eine lebendige Demokratie braucht engagierte Demokratinnen und Demokraten, die mit der Politik und der Verwaltung im Dialog stehen. Eine diskriminierungsfreie Gestaltung von Formularen ist heute eine Selbstverständlichkeit und trägt der Vielfalt der Geschlechtsidentitäten Rechnung.“
Einer der zentralen Punkte der Verwaltungsvorschrift sieht vor, neue Normsetzungsvorhaben einem „Digitalcheck“ zu unterziehen. Die zu regelnden Verfahrensabläufe müssen demnach möglichst digital gestaltet werden. Das kann bedeuten, dass künftig zu prüfen sein wird, ob Bürgerinnen und Bürger einen Antrag auch digital statt schriftlich stellen können. Sollte die Mitwirkung anderer Stellen an dem Normsetzungsvorhaben erforderlich sein, soll auch diese in digitaler Form erfolgen.
„Eine moderne Verwaltung arbeitet digital. Das kann sie nur, wenn die Vorschriften dies erlauben und befördern. Mit dem „Digitalcheck“ wird in Normsetzungsvorhaben sichergestellt, dass die Potentiale moderner Informations- und Kommunikationstechnik im Verwaltungsvollzug voll ausgeschöpft werden können“, stellt der Staatssekretär für Digitale Verwaltung und Verwaltungsmodernisierung Thomas Popp fest.
„Die Verwaltung versteht sich als Dienstleister für Bürgerinnen und Bürger sowie für Unternehmen. Für ganzheitlich konzipierte digitale Services benötigen die Behörden Rechtssicherheit, optimierte Prozesse und eine leistungsfähige IT-Ausstattung.“
Sozialministerin Petra Köpping verwies darauf, dass künftig bei allen Normsetzungsvorhaben geprüft werden muss, ob es die besonderen Belange von Menschen mit Behinderungen berührt und berücksichtigt.
„Die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen an unserer Gesellschaft geht uns alle an. Deswegen werden künftig alle Ressorts prüfen, ob von ihnen geplante Rechtssetzungsvorhaben den besonderen Bedürfnissen dieser Menschen Rechnung tragen. Damit sollen wichtige Forderungen der UN-Behindertenrechtskonvention und des Sächsischen Inklusionsgesetzes in Sachsen umgesetzt werden.“
Zu der beschlossenen Prüfung der Vereinbarkeit einer Norm mit nachhaltiger Entwicklung erklärt Umweltminister Wolfram Günther: „Erstmals tritt der Aspekt der Nachhaltigkeit neben die Abschätzung von Rechtsfolgen. Wir prüfen nun grundsätzlich bei jedem neuen Gesetz und jeder neuen Verordnung, ob die geplante Regelung mit den Zielen nachhaltiger Entwicklung vereinbar ist. Eine Entwicklung ist dann nachhaltig, wenn sie den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten und Gestaltungsspielräume künftiger Generationen zu gefährden.“
Zusätzlich verpflichtet die Verwaltungsvorschrift dazu, die Auswirkungen von Gesetzen oder Verordnungen auf die Grundrechte zu prüfen. Mit dieser Regelung wird eine Vorgabe des Koalitionsvertrages umgesetzt: Das zuständige Ressort muss sich mit den Auswirkungen von Normen auf Grundrechte auseinandersetzen und Eingriffe in Grundrechte von Bürgerinnen und Bürgern begründen.
Zuletzt wurden die VwV Normerlass im Sommer 2020 geändert. Das Kabinett hatte seinerzeit beschlossen, dass Gesetze und Verordnungen geschlechtergerecht formuliert werden müssen. Die neuen Vorgaben sind bei künftigen Normentwürfen der Staatsregierung und der Ministerien zu beachten. Der Landtag ist für Gesetzentwürfe aus den Reihen der Fraktionen nicht an diese Regeln gebunden.
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