Gestern beschlossen die EU-Innenminister/-innen die Anwendung der sogenannten „Massenzustrom-Richtlinie“. Geflüchtete aus der Ukraine erhalten damit einen speziellen Schutzstatus, der bis zu drei Jahre gilt. Solange müssen sie kein Asylverfahren durchlaufen. Die Richtlinie wird damit seit ihrem Inkrafttreten 2001 zum ersten Mal angewendet. Allerdings sind ganze Personengruppen vom Beschluss ausgenommen, etwa Menschen aus Drittstaaten, die in der Ukraine studiert oder gearbeitet haben und keinen langfristen Aufenthalt dort hatten.
Das ist ein Skandal, kritisiert Juliane Nagel, Sprecherin der Linksfraktion für Asylpolitik:
„Die Freude über die schnelle Aufnahme und Aufenthaltssicherung für die jene die derzeit aus der Ukraine flüchten, wird schnell getrübt. Der Beschluss buchstabiert im Grunde jahrhundertealten, historischen Rassismus auch im Jahr 2022 wieder aus, denn bestimmte Gruppen bleiben außen vor. In Leipzig sind Menschen angekommen, die eigentlich mitten in ihrem Medizinstudium stehen und bisher immer noch keine klare aufenthaltsrechtliche Perspektive haben.
Die Bundesregierung muss ihren nationalen Rechtsrahmen ausnutzen und den Schutz dieser Menschen, die nicht von der Richtlinie umfasst sind, ermöglichen. Möglich sind Ausnahme-Visa und Aufenthaltserlaubnisse, die auch das deutsche Recht für absolute Ausnahmefälle kennt. Ich appelliere erneut an die sächsische Staatsregierung, diesen Prozess nach ihren Möglichkeiten zu unterstützen. Die Zahl dieser aufzunehmenden Menschen sollte sich bei wenigen Tausend bewegen, die finanzielle Herausforderung ist also gering.
Ich will abschließend eine Selbstverständlichkeit benennen: Der Umgang mit den ukrainischen Geflüchteten muss Maßstab für den Umgang mit Geflüchteten aus anderen Kriegsgebieten wie Syrien, Afghanistan, dem Jemen oder Somalia sein. Die dortigen Kriege und Terrorregime sind weiter entfernt, aber sie währen lange. Das Leid, das sie verursachen, wird dadurch nicht geringer.
Zudem gibt es Vorwürfe, bei den Grenzkontrollen käme es zu Racial Profiling durch polnische wie deutsche Behörden. Berichte über flüchtende People of Color, die unter anderem in Polen verzögert eingelassen werden, gesteht das polnische Innenministerium gar selber ein, teils sollen Menschen gar nicht erst eingelassen werden. Eine solche Praxis muss ausgeschlossen werden!“
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