Das Verwaltungsgericht Dresden hat am 19. Januar 2021 im Sinne des Klägers Elhadji B. entschieden, der gegen eine Polizeikontrolle durch die Bundespolizei auf dem Chemnitzer Hauptbahnhof 2018 vorgegangen war. Mehrere Polizeibeamte hatten den Auszubildenden B. und seinen Begleiter auf dem Bahnhof gezielt kontrolliert. Die Klage in Dresden war eine von insgesamt drei bundesweit verhandelten Klagen dieser Art.
Die Linken-Abgeordnete Juliane Nagel hatte die Verhandlung vor Ort verfolgt und erklärt:
„Ich freue mich über die Entscheidung. Racial profiling als diskriminierende und grundgesetzwidrige Praxis der Polizei ist für Menschen mit Migrationsbiografie alltäglich. Ich hoffe, dass die Entscheidung mehr Betroffene ermutigt, gegen rassistische Kontrollen vorzugehen. Schließlich verstößt Racial Profiling gegen Art. 3 Abs. 3 GG.
Aus dem Urteil müssen vor allem aber Konsequenzen für die sächsische Polizei folgen, weil das Problem nicht nur bei der Bundespolizei besteht. In der Verhandlung wurde deutlich, dass Sensibilität und Rechtsgrundlagenkenntnis gerade bei grundrechtseingriffsintensiven verdachtsunabhängigen und anlasslosen Kontrollen fehlen – und es außer dem ,Bauchgefühl‘ scheinbar keine klaren Kontrollkriterien gibt. Die vier Polizeibeamten aus Sachsen hatten in ihren Aussagen deutlich gemacht, dass Fortbildungen offensichtlich Mangelware sind. Das muss sich ändern!
Wir fordern darüber hinaus den Erlass einer Dienstanweisung mit klaren Kriterien für Personenkontrollen, mithilfe derer Racial Profiling vermieden werden soll. Das ist beispielsweise in der Schweiz gängig. Eine Kontrollbescheinigungspflicht bei anlasslosen Personenkontrollen wäre zudem ein sinnvolles Instrument, weil sie die Schwelle für unrechtmäßige Kontrollen erhöht und den Betroffenen Rechtsmittel erleichtert. Ihre Einführung ist im Koalitionsvertrag vorgesehen, lässt nun aber schon über zwei Jahre auf sich warten.
Indes behauptete das Innenministerium immer wieder, dass es Racial Profiling in Sachsen nicht gebe und Beschwerden unbegründet seien. 2020 gab es fünf Dienstaufsichtsbeschwerden und vier Beschwerden bei der ,Unabhängigen Vertrauens- und Beschwerdestelle für die Polizei (UVBP)‘ wegen Diskriminierung aufgrund der vermeintlichen ethnischen Herkunft, die allesamt durch die Polizei als unbegründet eingestuft wurden (Drucksache 7/5455).
Diese absurd niedrigen Zahlen sprechen jedoch nicht für die vermeintliche Unfehlbarkeit polizeilicher Arbeit, sondern dafür, dass viele Betroffene eine diesbezügliche Beschwerde bei der Polizei von vornherein als sinnlos einschätzen.“
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