„Advent, Advent – es brennt“, so lautet in diesem Jahr das Motto des bundesweiten „Tages des brandverletzten Kindes“ am 7. Dezember, den die Initiative Paulinchen e.V. ins Leben gerufen hat. „Die kalte Jahreszeit führt immer wieder dazu, dass sich Kinder verbrennen oder verbrühen“, sagt Privatdozentin Dr. Steffi Mayer.
Die Oberärztin der Klinik und Poliklinik für Kinderchirurgie am Universitätsklinikum Leipzig (UKL) hat sich auf diese oft sehr schmerzhaften und folgenschweren Fälle spezialisiert und erlebt jedes Jahr, dass Kerzen, heiße Flüssigkeiten und heiße Flächen besonders in der Advents- und Weihnachtszeit große Gefahrenquellen für Kinder darstellen.
„Häufig sind die Kleinsten betroffen, wenn sie bei den Eltern auf dem Schoß sitzend nach der Tasse mit dem heißen Kaffee oder Tee greifen und sich damit übergießen“, erzählt die Kinderchirurgin. „Die Kleinkinder erkunden ja schon selbst die Wohnung, und auch dabei ist die Vorweihnachtszeit mit Gefahren gespickt: Das Fenster des Kamins, durch das das Feuer zu sehen ist, oder der hell erleuchtete Backofen hat ungeheure Anziehungskraft.
Auch alles, was auf dem Herd geschieht und so herrlich riecht, ist verlockend. Die Schulkinder wiederum können durch gut gemeinte Behandlungen gefährdet werden: Wenn die Nase verstopft ist und Husten dazukommt, kann das Inhalieren Erleichterung bringen. Wenn aber die Schüssel mit dem heißen Wasser umkippt, kann das böse Folgen haben.“
Wie Klinikdirektor Prof. Dr. Martin Lacher erklärt, muss eine Flüssigkeit nicht kochen, um Verbrühungen auszulösen. Schon bei 52 Grad – das wäre ein frischer Kaffee oder Tee – sind die Folgen furchtbar. Zumal die Menge einer Tasse bei Kleinkindern ausreicht, um 30 Prozent ihrer zu verbrühen und sie damit lebensgefährlich zu verletzen. „Gerade die kleinen Kinder haben ja eine sehr zarte Haut, die durch die heiße Flüssigkeit stark geschädigt wird“, sagt der Kinderchirurg.
Am Kamin ist das Fenster selten per Doppelverglasung gegen die Hitze isoliert. „Hier können sich neugierige Kinder ihre Hände schwer verbrennen. Denn dort herrschen bis zu 700 Grad, also besonders hohe Temperaturen“, so PD Mayer. „Bei solchen Temperaturen entstehen schnell schwere Schädigungen mit starker Narbenbildung, was das Kind dauerhaft beeinträchtigen kann.“
Der Backofen hat zwar meist eine Doppelverglasung, so dass nicht derart hohe Temperaturen am Fenster anliegen. Doch die langsam braun werdenden Plätzchen verführen leider so manches Kind, ganz nah an den heißen Ofen zu kommen. Auch dann sind schmerzhafte Verbrennungen möglich.
Rund 7500 Kinder unter 15 Jahren verbrennen oder verbrühen sich in Deutschland jedes Jahr so schwer, dass sie in Kliniken stationär behandelt werden müssen. Die Kinderchirurgie des UKL, als Zentrum für schwerbrandverletzte Kinder in der Region Leipzig zertifiziert, versorgt jährlich rund 50 Kinder mit Verbrennungen oder Verbrühungen stationär. „Dabei ist jeder Fall furchtbar für das Kind, die Angehörigen und auch für uns.
Dabei lassen sich 60 Prozent dieser Unfälle durch Vorbeugung vermeiden. Also: Heißes immer außer Reichweite des Kindes stellen und es von heißen Flächen wie Herdplatten, Kamin und Backöfen fernhalten. Auch Vorsicht vor erreichbaren Tassen, Kabeln, Tischdecken und Topfgriffen, an denen Kinder ziehen können und dann durch heiße Flüssigkeiten oder gefährliche Gegenstände wie Bügeleisen getroffen werden können.“
Sollte es doch zu einer Brandverletzung kommen, empfehlen die Experten die betroffene Stelle höchstens zehn Minuten mit handwarmem Wasser kühlen, den Notruf zu wählen oder einen Kinderchirurgen oder Kinderarzt aufzusuchen.
Hintergrund Paulinchen-Tag:
Der Paulinchen e.V. wurde von Müttern verletzter Kinder gegründet, um Erwachsene zu sensibilisieren, Kinder und Jugendliche vor Verbrennungs- und Verbrühungsunfällen zu schützen und Betroffenen zu helfen. Der Name des Vereins geht auf einer Struwwelpeter-Geschichte zurück, in der ein Kind (Paulinchen) verhängnisvoll mit einem Feuerzeug spielt. Seit zehn Jahren richtet der Verein den Paulinchen-Tag aus.
Beratungshotline des Paulinchen e.V.: täglich von 8 bis 20 Uhr unter 0800 0 112 123
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