26. Mai, 10. Juni, 1. Juli - das ist der grausame Takt der jüngsten Abschiebungen nach Georgien, die Sachsen in wenigen Wochen zu verantworten hat. Kinder, die in Deutschland geboren wurden und mitten in der Nacht gewaltsam aus dem Schlaf gerissen wurden, finden sich plötzlich in einem fremden Land wieder.

Bilder, die das Blut eines Familienvaters in einem Badezimmer zeigen, schreiende Mütter, zahlreiche Sprachnachrichten – aufgenommen ausgerechnet von den Kindern der Familien – belegen das Grauen, was der entlassungsreife Innenminister Roland Wöller über die Menschen bringt.

Wie Wöllers Behörden agieren, belegt eine Audioaufnahme von Aishat P., 13 Jahre alt, am 26. Mai aus Meißen abgeschoben. Zitat: „Unsere Abschiebung fand gar nicht gut statt. Die Polizisten in unserer Wohnung – das waren bestimmt zehn Polizisten in unserer Wohnung. Und die waren alle rassistisch. Wir wurden alle niedrig gemacht, klein gemacht. Wir hatten 20, 25 Minuten Zeit, um alles zusammenzupacken.“

Der Familienvater versuchte seine Kinder zu schützen und verletzte sich selbst. In der Folge wurde er von seiner Familie getrennt, in der Abschiebungshaft in Dresden eingesperrt und am 10. Juni abgeschoben. Warum so etwas nötig ist, muss Innenminister Wöller nun in einer Kleinen Anfrage (Drucksache 7/6742) beantworten.

Ein ähnliches Motiv beschreibt auch Ilia Imerlishvili im „So Nicht Bestellt“ – Podcast zu Abschiebungen. Er und seine Familie wurden am 10. Juni aus Pirna abgeschoben, obwohl sich die Härtefallkommission mit dem Fall befassen wollte. Für die Zukunft seiner Kinder wollte er aus dem Fenster springen, ein Polizist fasste ihn am Fuß und verhinderte den Sprung. Die Mutter einer georgischen Familie, die am 1. Juli 2021 im Rahmen eines vollkommen überzogenen Polizeieinsatzes aus ihrer Wohnung in Oschatz zur Abschiebung abgeholt wurde, erlitt einen Schwächeanfall und wurde von ihren Kindern zeitweilig getrennt (LVZ berichtete).

Dazu erklärt die asylpolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke im Sächsischen Landtag, Juliane Nagel:

„Es ist nicht mehr zu fassen, was in den letzten fünf Wochen in Sachsen geschehen ist. Das sind Grundrechtsverletzungen eines unglaublichen Ausmaßes. Familien aus Pirna, Radebeul, Oschatz, Meißen und weiteren Städten in Sachsen wurden getroffen. Das raubt mir den Atem und nicht nur mir.

Menschen aus allen Teilen des Bundeslands begehren gegen eine Politik auf, die Wahlkampf auf dem Rücken von Schutzsuchenden macht. Ich kann nur sagen: selbst CDU-Wählende sind entsetzt. Das Kalkül von Roland Wöller geht nicht auf! Auch in Sachsen will eine breite, gesellschaftliche Mehrheit nicht, dass der Staat Familien terrorisiert.

Ich warne mit allem Nachdruck vor weiteren Menschenrechtsverletzungen und fordere vom Innenminister endlich Konsequenzen. Es bedarf weiterhin eines grundsätzlichen Abschiebestopps, wie wir ihn als LINKE schon im November 2020 mit unserem Antrag für ein Abschiebemoratorium (Drucksache 7/4473) gefordert haben. Außerdem fordern wir eine umfassende Reform der Landesdirektion Sachsen, die nicht mehr in der Lage ist, ein verfassungsgemäßes Verwaltungshandeln an den Tag zu legen.

Ich erwarte von den kleineren Koalitionspartnern SPD und Grünen, dass sie endlich handeln, statt allein salbungsvolle Worte zu verlieren. Denn: auch die beiden Fraktionen lehnten unsere politischen Initiativen zum Thema einfach ab! Die Achillesferse ist gerissen!“

Hinweis:

Die Kampagne „Bring back our neighbour”” macht Druck für die Rückholung der Familie I. die am 10. Juni 2021 aus Pirna abgeschoben wurde. Das Bündnis “Buntes Meißen“ sammelt u.a. Spenden für die Familie P., die am 26. Mai 2021 aus Meißen abgeschoben wurde.

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