Eine neue Bauweise für spezielle Solarzellen könnte deren Effizienz deutlich steigern. Dafür dürfen die Zellen nicht nur aus dünnen Schichten, sondern aus gezielt arrangierten Nanoblöcken bestehen. Das zeigt eine neue Studie eines internationalen Forschungsteams unter Leitung der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU), die im Fachjournal „Nano Letters“ veröffentlicht wurde.
Handelsübliche Solarzellen bestehen meist aus Silizium. „Aufgrund der Eigenschaften von Silizium kann man davon ausgehen, dass sich der Wirkungsgrad nicht unendlich steigern lässt“, sagt der Physiker Dr. Akash Bhatnagar vom Zentrum für Innovationskompetenz (ZIK) „SiLi-nano“ der MLU. Sein Forschungsteam beschäftigt sich daher mit dem sogenannten Anomalen Photovoltaischen Effekt, der in ausgewählten Materialien auftritt.
Im Unterschied zur Funktionsweise von Silizium-Solarzellen wird für das Auftreten des Anomalen Photovoltaischen Effektes kein p-n-Übergang benötigt, der sonst den Stromfluss ermöglicht. Die Flussrichtung des Stromes wird dabei auf atomarer Ebene durch eine asymmetrische Kristallstruktur der entsprechenden Materialien vorgegeben.
Solche Materialien, in der Praxis häufig Oxide, haben entscheidende Vorteile: Sie sind leichter herzustellen und deutlich langlebiger. Allerdings absorbieren sie oft nur wenig Sonnenlicht und haben einen sehr hohen elektrischen Widerstand. „Um diese Materialien samt dem Effekt nutzbar zu machen, bedarf es kreativer Zellarchitekturen, um die Vorteile zu verstärken und Nachteile auszugleichen“, sagt Lutz Mühlenbein, Erstautor der Studie.
In der neuen Studie stellen die Physikerinnen und Physiker nun so eine neuartige Zellarchitektur vor, ein sogenanntes Nanokomposit. Unterstützt wurden sie von Teams der Bergakademie Freiberg, des Leibniz-Instituts für Oberflächenmodifizierung in Leipzig und der Banaras Hindu University in Indien.
In ihrem Versuch legten die Forschenden einzelne, wenige Nanometer dünne Schichten eines typischen Materials waagerecht übereinander und versetzten diese mit senkrecht dazu verlaufenden Nickeloxid-Streifen.
„Diese Streifen sollen als Überholspur für die Elektronen fungieren, die bei Umwandlung von Sonnenlicht in Strom entstehen und die zur Elektrode in der Solarzelle gelangen sollen“, erklärt Bhatnagar. Genau dieser Transport werde nämlich sonst dadurch behindert, dass die Elektronen jede einzelne horizontale Schicht durchqueren müssen.
Tatsächlich steigerte die neue Architektur die aus der Zelle nutzbare elektrische Leistung um das Fünffache. Ein weiterer Vorteil der neuen Methode ist, dass sie sehr leicht umzusetzen ist. „Das Material will selbst so wachsen, es baut sich von selbst in der gewünschten Struktur zusammen. Es sind keine extremen Bedingungen von außen nötig, um es in diesen Zustand zu zwingen“, so Mühlenbein.
Die Idee, für welche die Forschenden jetzt eine erste Machbarkeitsstudie geliefert haben, ließe sich auch auf andere Materialien statt Nickeloxid übertragen. Folgestudien müssten nun klären, ob und wie die so gestalteten Solarzellen in einem industriellen Maßstab produziert werden können.
Die Studie wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und mit Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) gefördert.
Studie: Mühlenbein L. et al. Nanocomposites with Three-Dimensional Architecture and Impact on Photovoltaic Effect. Nano Letters (2020). Doi: 10.1021/acs.nanolett.0c03654
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