Zur Regierungserklärung des Ministerpräsidenten „Füreinander Verantwortung übernehmen. Miteinander handeln“ erklärt der Vorsitzende der Linksfraktion, Rico Gebhardt: „Wir müssen die Dynamik des Infektionsgeschehens brechen. Dabei unterstützen wir die Regierung auch weiterhin. Niemand kann wollen, dass die Krankenhäuser überlastet werden.“
„Es geht schon lange auch um Krebskranke, um Menschen mit Knochenbrüchen oder um Schwangere, die ihr Kind erwarten. Es geht nur in zweiter Linie um Betten und Beatmungsgeräte. Ich will mir nicht ausmalen, dass ein Großteil der Pflegekräfte oder der Ärzteschaft ausfällt. Das ist die schlimmste anzunehmende Folge des Personalmangels, den die Regierenden verschuldet haben.
Wenn wir die Regierung beim Seuchenschutz unterstützen, heißt das aber nicht, dass wir das Regierungshandeln bedingungslos mittragen. Wenn Maßnahmen nicht nachvollziehbar, sondern offensichtlich wirkungslos oder widersprüchlich sind, dann schwindet die Mitwirkung der Bevölkerung. Auf sie kommt es aber an. Die Einhaltung der Maßnahmen muss in verhältnismäßigem Umfang stärker als bisher kontrolliert werden. Die Reaktion der Polizei auf massenhafte Auflagen-Missachtung bei Demonstrationen kann nur lauten: Das wird nicht wieder passieren!
Auch wenn die Maßnahmen wirken sollten, bleiben die Zahlen nicht dauerhaft niedrig. Wir müssen langfristig mit dem Virus umgehen. Nötig sind technische Investitionen und Innovationen, bei Belüftung, Kontaktnachverfolgung, Abstandhalten. Deshalb ist nicht nachvollziehbar, dass gerade diejenigen Einrichtungen geschlossen sind, die Infektionsschutzmaßnahmen umgesetzt haben. Wir werden nicht umhinkommen, mit Hygienekonzepten Normalität zuzulassen.
Dazu gehören Gaststätten, Kneipen, Museen, Theater, Opern, Konzerthäuser, Messen, Kinos, Freizeitparks, Sportveranstaltungen, Schwimmbäder, Saunen, Fitnessstudios und Prostitutionsstätten. Mit Lockdowns erkaufen wir nur Zeit. Diese Zeit müssen wir nutzen, um vorzusorgen. Die Regierenden in Bund und Land haben die recht entspannten Sommermonate zum Großteil verplempert!
Wenn wir die Regierung beim Seuchenschutz unterstützen, heißt das auch nicht, dass wir das Verfahren mittragen. Grundrechtseingriffe müssen nachvollziehbar, verhältnismäßig und befristet sein. Deshalb müssen die Parlamente die Regierungen kontrollieren und vorher mitreden können, nicht hinterher wie am heutigen Tage! Brandenburg, Hessen und Thüringen uns vor, wie das geht. Die Staatsregierung muss den Landtag wirklich beteiligen, bevor die Bundes- und die Landesregierungen in zwei Wochen prüfen, was die Maßnahmen gebracht haben.
Wenn ich sage, dass wir die Regierung beim Seuchenschutz unterstützen, heißt das auch, dass wir die soziale Abfederung der Krisenlasten verlangen. Die Kosten dürfen nicht bei denjenigen Menschen landen, die sowieso wenig Geld haben. Es sind für vier Wochen Teil-Lockdown zehn Milliarden Euro Kosten veranschlagt.
Dieser November wird nicht die letzte Phase sein, in der schärfere Eindämmungsmaßnahmen notwendig sind. Die Kosten lassen sich nicht aus dem Staatshaushalt herausschwitzen. Die Regierung könnte versuchen, durch Kürzungen Mittel freizuschaufeln, aber das geht immer zulasten von Sozialem, Kultur und Bildung. Wir werden alles tun, damit das nicht wieder passiert. Denn an den Folgekosten leiden wir bis heute. Die Regierung könnte Geld am Finanzmarkt besorgen. Auch darum werden wir nicht herumkommen!
Am besten wäre es, wenn sich der Staat Geld bei Leuten beschafft, die ohne Not etwas abgeben können. Die Besitzer hoher Einkommen und großer Vermögen müssen mehr für die Solidargemeinschaft zahlen. Das wäre ein gerechter Lastenausgleich. Wir fordern eine Corona-Abgabe auf das Privatvermögen jener Menschen, die das reichste Prozent unserer Gesellschaft bilden. Sie besitzen mehr als ein Drittel des Gesamtvermögens. Das können sie gar nicht erarbeitet haben, und allemal können sie einen Bruchteil davon zur Krisenbewältigung beisteuern. Die Linksfraktion im Bundestag hat dazu heute ein Gutachten und ein Konzept vorgelegt. Es muss gerecht zugehen!
Damit der Landtag nicht nur reden, sondern auch handeln kann, haben wir einen Entschließungsantrag vorgelegt (Drucksache 7/4439). Wir fordern die schnellstmögliche Einrichtung eines Landesgesundheitsamtes sowie die tägliche Desinfektion aller öffentlichen Einrichtungen, insbesondere aller Schulen und Kindertageseinrichtungen. Ein Grundangebot an Kunst und Kultur in Theatern, Opern- und Konzerthäuser, Kinos, soziokulturellen Zentren, Museen, Gedenkstätten und Bibliotheken mit fachlich genehmigten Hygienekonzepten muss ständig aufrechterhalten werden.
Vom Lockdown betroffene Solo-Selbständige und Kleinunternehmer in Kunst, Kultur und Wirtschaft sollen zur Deckung ihrer Lebenshaltungskosten während der Pandemie ein monatliches Grundeinkommen in Höhe von 1.180 Euro erhalten. Nicht zuletzt wollen wir ein rechtssicheres Verfahren zur rechtzeitigen Parlamentsbeteiligung bei künftig notwendigen Grundrechtseingriffen.“
Hier gibt es die vollständige Rede.
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