Gesunde Ernährung geht nicht ohne gute Kommunikation. Davon ist Dr. Tobias D. Höhn vom Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft der Universität Leipzig überzeugt. Was die Wissenschaft beitragen kann, erläutert er im Kurzinterview.
Das Institut richtet vom 11. bis 13. November die Jahrestagung der Fachgruppe Gesundheitskommunikation der Deutschen Gesellschaft für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft (DGPuK) aus. Das Thema der virtuellen Konferenz mit einigen öffentlichen Veranstaltungen für interessierte Gäste.: „Nicht-intendierte Effekte in der Ernährungsprävention“.
Ernährungsforschung ist eigentlich medizinisch-naturwissenschaftlich geprägt. Was können die Geistes- und Sozialwissenschaften beisteuern?
Zunächst: Ernährung ist eng mit der Zivilisationsgeschichte verbunden. Von der Antike über die Neuzeit bis in die Gegenwart hat sich der Fokus gewandelt: von der Grundsicherung an Nahrung zum Überleben über eine kulturelle Ernährungsrevolution bis hin zur subjektiven Frage nach der „richtigen“ Ernährung mit Blick auf Gesundheit und Nachhaltigkeit. Fernab der Nährstoffempfehlungen und Erkenntnissen aus der Ernährungsmedizin fokussieren wir den gesellschaftlichen Diskurs in unterschiedlichen Kommunikationsarenen.
Zwei Beispiele, die die Spannweite unserer Forschungsarbeit sehr gut illustrieren: Einerseits schauen wir, wie Botschaften von wissenschaftlichen Veröffentlichungen in der Öffentlichkeit rezipiert und verändert werden. Andererseits unterziehen wir die Medienberichterstattung einem Qualitätscheck, denn Medien sind wichtige Multiplikatoren, wenn es um Essen und Trinken geht.
Sie leiten die Arbeitsgruppe Ernährungskommunikation des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Kompetenzclusters für Ernährung und kardiovaskuläre Gesundheit (nutriCARD) Halle-Jena-Leipzig. Wie kann Ernährungskommunikation helfen, dass sich die Menschen gesünder ernähren?
Unser Cluster hat ein Ziel: Die Gesundheit der Bevölkerung langfristig zu verbessern. Wir möchten nicht gängeln oder verbieten, sondern setzen auf den Dialog mit Verbrauchern und Akteuren der Ernährungswirtschaft, Wissenstransfer sowie generationsübergreifende Ernährungsbildung. Nur gut informierte Menschen können die richtige Ernährungsauswahl treffen. Wir möchten informieren, aber auch alltagsrelevante Umsetzungen anbieten.
Hier zeigt sich einmal mehr der Gewinn, wenn unterschiedliche Disziplinen neue Ansätze entwickeln. Auch hier ein Beispiel: Schon vor der Einführung der Nährwertkennzeichnung nutriscore haben wir in nutriCARD eine Smartphone-App entwickelt, mit der die Verbraucher beim Einkauf durch Scannen des Barcodes das Nährwertprofil der Lebensmittel angezeigt bekommen und so bei ihrer Kaufentscheidung unterstützt werden.
Rückt Ernährung angesichts von Corona in den Hintergrund?
Ganz im Gegenteil, denn nie war der Weg zwischen Schreibtisch und Kühlschrank so kurz wie im Home-Office. Oder anders formuliert: Gerade jetzt braucht es griffige und verständliche Botschaften, damit die Menschen ihren Ernährungsalltag gesund gestalten können. Damit Prävention wirkt, ist ein gemeinsames Handeln von Politik, Wissenschaft und Wirtschaft von Nöten. Deshalb holen wir zu unserer Podiumsdiskussion am 12. November um 14 Uhr im Rahmen der Jahrestagung Gesundheitskommunikation genau diese Vertreter an einen virtuellen Tisch.
Ernährung ist eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung, auch angesichts drängender Fragen von Klima- und Strukturwandel, Ressourcenknappheit, steigender Kosten für Gesundheits- und Sozialsysteme aufgrund von Fehlernährung sowie einer wachsenden Weltbevölkerung. Gleichzeitig haben wir aber auch die Chance, für die zukünftigen Generationen Weichen zu stellen.
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