Sachsens Demokratieministerin Katja Meier, die Rektorin der Universität Leipzig, Prof. Dr. Beate Schücking, und der Sozialforscher Dr. Oliver Decker haben gestern in Leipzig das Else-Frenkel-Brunswik-Institut vorgestellt. Die neue Dokumentations- und Forschungsstelle zur Analyse und Bewertung antidemokratischer und menschfeindlicher Tendenzen ist im sächsischen Koalitionsvertrag verankert und wird vom Freistaat Sachsen gefördert.
Demokratieministerin Katja Meier: „Das Else-Frenkel-Brunswik-Institut wird Untersuchungen zu demokratiefeindlichen Einstellungen zusammentragen und mit eigenen Forschungen und Forschungsaufträgen zu Sachsen und zu einzelnen Regionen in Sachsen ergänzen. Ganz wesentlich ist, dass das Institut das gewonnene Wissen bewertet und sehr verständlich für die unterschiedlichen Träger und Einrichtungen aktiv zur Verfügung stellt. Ich bin überzeugt, dass wir so die demokratisch Engagierten in Sachsen unterstützen.“
Das Else-Frenkel-Brunswik-Institut wird als eigenständige Forschungseinheit im interdisziplinären Zentrum der Universität Leipzig „Leipzig Research Centre Global Dynamics“ etabliert und administrativ angebunden.
Prof. Dr. Beate Schücking, Rektorin der Universität Leipzig: „Wir begrüßen die Initiative des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung zum Aufbau des Else-Frenkel-Brunswik-Institutes und wir freuen uns, dass das Institut an unserer Universität eingerichtet wird. Wir bieten dem Projekt mit unseren bekannten Kompetenzen in der Demokratieforschung und der Beforschung antidemokratischer Bestrebungen ein sehr gutes Umfeld.
Beispielhaft nennen möchte ich die deutschlandweit und zum Teil international wahrgenommenen Leipziger Autoritarismus-Studien, das renommierte Kompetenzzentrum für Rechtsextremismus- und Demokratieforschung, das breit aufgestellte Institut für Politikwissenschaft und das im Vorjahr gegründete Zentrum Journalismus und Demokratie.“
Geleitet wird das Else-Frenkel-Brunswik-Institut vom bundesweit renommierten Sozialforscher Oliver Decker, der für Leipziger Autoritarismus-Studien verantwortlich zeichnet.
PD Dr. Oliver Decker: „Eine wichtige Säule des neuen Instituts ist die qualitative Autobiografie-Forschung. Dabei geht es um Methoden, die es gestatten, die Bedeutung des Handelns von Akteuren im Alltag zu verstehen. Wir werden diese Arbeit zusammen mit den zivilgesellschaftlichen Akteuren organisieren. Das schließt mit ein, dass diese als Experten ihres Alltags bei der Formulierung der Forschungsfragestellungen einbezogen und die gewonnenen Erkenntnisse in gemeinsamen Auswertungsrunden überprüft werden.
Die dadurch und durch eine breite Dokumentation bestehender Netzwerke und Strukturen gewonnenen Erkenntnisse überführen wir in ein repräsentatives Monitoring. Dazu wird es auch bevölkerungsrepräsentative Erhebungen geben, möglichst im jährlichen Turnus.“
Staatsministerin Katja Meier übergab der Rektorin der Universität Leipzig heute einen Förderbescheid des Freistaates in Höhe von 133.000 Euro für die Monate Oktober bis Dezember 2020. Mit Inbetriebnahme des Regelbetriebes 2021 erfolgt die Förderung dann jeweils nach Vorlage des jährlichen Maßnahme- und Finanzplans. Insgesamt sind bis Ende der Legislaturperiode im Rahmen des Programms „Start 2020“ 2,5 Millionen Euro für die Entwicklung des Else-Frenkel-Brunswik-Institutes eingeplant.
Else Frenkel-Brunswik – Die Namensgeberin
Else Frenkel wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Lemberg, heute Lwiw, Ukraine, geboren. In Folge von Pogromen und des Antisemitismus übersiedelt ihre jüdische Familie 1914 nach Wien, wo sie aufwuchs, nach der Matura ein Studium der Mathematik und Physik begann und ein Studium der Psychologie anschloss.
Nach dem Studium war sie am Institut für Psychologie im Forschungsbereich „Autobiographische Forschung“ beschäftigt. Nach dem Einmarsch Nazi-Deutschlands in Österreich floh Else Frenkel 1938 in die USA und begann an der University of California in Berkeley ihre Tätigkeit als Senior Lecturer. In den USA heiratete sie den ebenfalls aus Wien emigrierten Egon Brunswik.
Else Frenkel-Brunswiks Forschungsschwerpunkt wurde der Antisemitismus, und sie war maßgeblich an den ab 1944 in Berkley durchgeführten »Studies in Prejudice« beteiligt. Sie leitete neben dem ebenfalls in die USA ausgewanderten Sozialphilosophen Theodor W. Adorno, dem Sozialpsychologen Nevitt Sanford und dem Psychiater Daniel J. Levinson die Studien „The Authoritarian Personality“. Mit der Benennung des Instituts schließen die Leipziger Wissenschaftler an die von ihr mitbegründete Tradition der Vorurteilsforschung an.
Donnerstag, der 17. September 2020: Abgespecktes Lichtfest und eine Entscheidung des EU-Parlaments
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