Unternehmerreisen, Messebeteiligungen, Delegationsbesuche, Konferenzen, Workshops … Viele Instrumente, die die Wirtschaftsförderung Sachsen (WFS) seit 1991 für sächsische Unternehmen anbietet, sind seit gut zwei Monaten krisenbedingt nicht durchführbar. Die Corona-Pandemie hat auch bei der landeseigenen Wirtschaftsfördergesellschaft zu umfangreichen Veränderungen geführt.
WFS-Geschäftsführer Thomas Horn: „Die meisten Kollegen agieren zwar derzeit noch vom Homeoffice aus – aber wir arbeiten mit voller Kraft. Etliche bis dato erfolgreiche Instrumente können wir jedoch aktuell nicht einsetzen. Wir setzen daher nun verstärkt auf Alternativen. Unser Ziel ist es, zum einen den sächsischen Unternehmen weiter eng zur Seite zu stehen und gerade in der momentan schwierigen Situation eine verlässliche Stütze zu sein. Andererseits arbeiten wir auch daran, für den Weg aus der Krise, für das Durchstarten, gut gerüstet zu sein. Sachsens Wirtschaft soll zurück in die Erfolgsspur.“
Die WFS ist seit ihrer Gründung Ansprechpartner für sächsische Unternehmen, die nationale und internationale Märkte erschließen sowie entwickeln wollen und auf der Suche nach Kooperationspartnern sind. Allein im vergangenen Jahr wurden u. a. insgesamt 13 technologie- und branchenbezogene Unternehmerreisen durchgeführt sowie 21 Firmengemeinschaftsstände auf Messen organisiert. Außerdem wurden 19 ausländische Wirtschaftsdelegationen – u. a. aus China, Vietnam, Mexiko, Russland und der Türkei – durch die WFS in Sachsen betreut.
„Die WFS hat langjährige Erfahrung bei der Unterstützung sächsischer Unternehmen im In- und Ausland“, betont Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig. „Dieses Netzwerkpotenzial können wir für die Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise nutzen. Dabei ist es mir wichtig, alle Akteure einzubinden, die die Unternehmen in dieser Situation beraten und mit konkreten Hilfsangeboten unterstützen.“ Dulig weiter: „Eine offene Wirtschaft in Europa und der Welt war und ist Garant für den Erfolg sächsischer Unternehmen. Ich bin mir sicher, dass nach der Krise dem europäischen Wirtschaftsraum und insbesondere der Zusammenarbeit mit unseren Nachbarländern eine noch größere Bedeutung zukommen wird.“
Neue Wege für klassische Aufgaben
Um die Absage und Verschiebung von Veranstaltungen sowie die Beschränkungen im Reiseverkehr zu kompensieren, setzt die WFS jetzt auf virtuelle Instrumente. Die sächsischen Unternehmen sollen gestärkt werden für die Zeit nach der Krise.
Dafür werden derzeit gemeinsam mit den Partnern der Außenwirtschaftsinitiative Sachsen (AWIS) intensiv und fortlaufend die Entwicklungen auf den wichtigsten ausländischen Märkten analysiert und die länderspezifischen Corona-Regelungen mit Blick auf den grenzüberschreitenden und internationalen Warenverkehr sowie die Beschäftigung ausländischer Mitarbeiter beobachtet.
In Webinaren werden diese Informationen den Unternehmen zugänglich gemacht. Seit Beginn der Corona-Krise hat die WFS sieben Online-Veranstaltungen durchgeführt.
Sachsens Unternehmen schauen gerade jetzt mit großem Interesse auf die wichtigen Märkte in den Nachbarländern. Dementsprechend hat die WFS gemeinsam mit AWIS-Partnern bereits drei Webinare speziell zu den Situationen in Tschechien und Polen durchgeführt – mit insgesamt 150 Teilnehmern. Die beiden Länder sind Sachsens wichtigste Importpartner und rangieren auf Platz 5 und 6 der sächsischen Exportmärkte.
Thomas Horn: „Momentan geht es vor allem darum, informiert zu bleiben, Einschätzungen abzugeben und die Kontakte nicht abreißen zu lassen. Nach der Krise können wir helfen, die Kooperationen im In- und Ausland wiederzubeleben oder neu aufzubauen. Wir erwarten, dass die sächsischen Unternehmen mittelfristig noch stärker als zuvor Partner in den unmittelbaren Nachbarländern und in anderen EU-Staaten suchen werden. Umso mehr, wenn weltweit in vielen Regionen Reisebeschränkungen und Sicherheitsvorschriften weiterhin Bestand haben werden.“
Um in der gegenwärtigen Situation zielgerichtet zu unterstützen, hat die WFS zudem die „Kontaktstelle Lieferketten« eingerichtet. An diese können sich sächsische Unternehmen wenden, die aktuell von Störungen oder Unterbrechungen ihrer internationalen Lieferketten betroffen sind. Thomas Horn: »Für unsere stark international ausgerichteten Industriebranchen ist die Funktionsfähigkeit ihrer Lieferketten essentiell. Wir müssen Probleme unbedingt rechtzeitig erkennen und gegensteuern bzw. helfen. Es geht darum, Wertschöpfung und Arbeitsplätze zu erhalten.“
Firmeninvestments in Sachsen: Rekordjahr 2019
Grund zum Optimismus in der aktuellen Zeit bietet der Blick zurück auf das Bilanzjahr 2019. Insgesamt 27 Ansiedlungs- sowie Firmenerweiterungsprojekte hatte die WFS vergangenes Jahr zum Erfolg geführt – das beste Bilanzergebnis seit dem Jahr 2000. Damit verbunden sind geplante Investitionen in Höhe von 805 Millionen Euro sowie die Schaffung von 1.828 neuen und die Sicherung von 473 Arbeitsplätzen.
Die gegenwärtige Situation beeinträchtigt dieses Rekordergebnis bislang nicht. Auf den Baustellen drehen sich die Kräne weiter, die Unternehmer treiben ihre Vorhaben voran. In Leipzig entsteht derzeit für den Automobilzulieferer DRÄXLMAIER eine 25.000 Quadratmeter große Produktionsstätte. Die Fertigstellung des Neubaus ist bis Ende 2020 vorgesehen.
Die Firma wird dort ein leistungsstarkes 800-Volt-Gesamtbatteriesystem für einen rein elektrisch betriebenen Sportwagen aus dem Premiumsegment fertigen. Die Suche nach Mitarbeitern für die modernsten Fertigungsverfahren und komplexen Automatisierungstechniken ist bereits angelaufen – mindestens 150 sollen es am neuen Standort in Leipzig-Stahmeln werden.
Die YELLOW TEC PLASTIC GmbH hatte vor einem Jahr ihre Standortentscheidung für Sachsen verkündet. In Görlitz will das Medizintechnik-Unternehmen Kunststoffprodukte für den medizinischen Bereich und die Biotechnologie herstellen. Diese kommen in Laboren, Kliniken und der Pharmabranche zum Einsatz.
YELLOW TEC konnte bereits mit dem Tiefbau und den Erdarbeiten für die Produktionsgebäude beginnen. Die Errichtung der Gebäudehüllen ist bis September 2020 vorgesehen. Das Unternehmen schafft im Görlitzer Werk 60 Arbeitsplätze. Die WFS hatte die Standortsuche des Investors über mehrere Jahre begleitet.
Beim Schweizer HLK-Unternehmen BELIMO Automation Deutschland GmbH geht der Auf- und Ausbau des neuen Service- und Logistik-Centers in Großröhrsdorf ebenfalls planmäßig voran. Im Herbst 2020 soll der Betrieb anlaufen. BELIMO ist Weltmarktführer in der Entwicklung, Herstellung und Vertrieb von Antrieben, Ventilen und Sensoren zur Regelung und Steuerung von Heizungs-, Lüftungs- und Klimaanlagen. Mit dem Investment rückt der Spezialist noch näher an seine Kunden in Deutschland, Nord- und Osteuropa heran. Bis 2028 werden in Sachsen 100 neue Arbeitsplätze entstehen.
Wirtschaftsminister Martin Dulig: „Unternehmen, die sich hier neu ansiedeln wollen, können nach wie vor auf ein gut organisiertes und eng vernetztes Umfeld in Sachsen bauen. Dazu gehören Forschungseinrichtungen als Kooperationspartner, Ausbilder für Fachkräfte und Zulieferer für Komponenten ebenso wie eine starke politische Unterstützung durch den Freistaat Sachsen.“
Thomas Horn ergänzt: „Das Ansiedlungsgeschäft geht weiter. Zwar wird das eine oder andere Vorhaben derzeit von den Unternehmen angehalten oder zurückgestellt. Der anfangs befürchtete Strömungsabriss ist aber nicht eingetreten. In den vergangenen Monaten konnten wir trotz der überall schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen neue Anfragen akquirieren und sind sehr froh über dieses positive Signal für den sächsischen Wirtschaftsstandort.“
Denn auch im Geschäftsbereich „Akquisition/Ansiedlungen“ geht die WFS in der aktuellen Situation neue Wege. Es wird erwartet, dass zukünftig in der internationalen Investorenansprache digitale Formate eine weitaus größere Rolle spielen werden als bisher. In der ersten Testphase plant die WFS, ab Frühsommer mittels virtueller Veranstaltungen im Ausland zu akquirieren. Konkret sollen zunächst in Großbritannien mehrere Webinare für potentielle Investoren durchgeführt werden. Dabei baut die WFS auf Maßnahmen zur Standortvermarktung in den Jahren 2018 und 2019 und wird bereits identifizierte Unternehmen ansprechen.
Für Sachsens Unternehmen am Ball bleiben
Auch die Nutzung digitaler Messe- und Konferenzformate wird derzeit bei der WFS vorbereitet – nicht nur zur Investorenansprache, sondern auch um für sächsische Unternehmen einen möglichen Ausgleich für die vielen Veranstaltungsabsagen in diesem Jahr zu finden. Thomas Horn: „Das ist für die Firmen wichtig, um neue Aufträge zu akquirieren und bestehende Kundenkontakte zu pflegen. Wir stehen hier noch am Anfang.
Wichtig ist uns aber, neue Entwicklungen genau zu beobachten, objektiv zu bewerten und sich bietende Chancen zu ergreifen. Uns ist bewusst, dass die derzeitige Krise die sächsischen Unternehmen hart trifft und die Bewältigung der Auswirkungen derzeit das Tagesgeschäft bestimmt. U
m nach dieser Zeit Sachsens Wirtschaft möglichst schnell wieder zurück in die Erfolgsspur zu führen und unseren Unternehmen dabei unterstützend zur Seite stehen zu können, bleiben wir für sie bei der Beobachtung internationaler Märkte, der Konzipierung sinnvoller Beratungs- und Veranstaltungsangebote sowie der Umsetzung neuer Ideen am Ball.“
Über die Wirtschaftsförderung Sachsen GmbH
Die landeseigene Wirtschaftsförderung Sachsen GmbH (WFS) baut Brücken: Für sächsische Unternehmen auf ihrem Weg in die Welt und für Investoren auf ihrem Weg nach Sachsen. Seit 1991 hilft die WFS mit ihren knapp 60 Mitarbeitern bei der Suche nach Kooperationspartnern und neuen Absatzmärkten, nach geeigneten Unternehmensstandorten und qualifizierten Zulieferern.
Dabei stehen Experten mit umfangreichen Kontakten und Kenntnissen für verschiedene Branchen und Märkte zur Verfügung. Weitere Informationen: www.wfs.sachsen.de.
Hintergrund „Kontaktstelle Lieferketten“
Bund und Länder haben vereinbart, Unternehmen dabei zu unterstützen, gestörte internationale Lieferketten wiederherzustellen. Dazu wurden Kontaktstellen für betroffene Unternehmen in den Bundesländern eingerichtet. Diese sollen, wenn nötig auch mit Unterstützung auf politischer Ebene, dazu beitragen, dass die Lieferung benötigter Zulieferprodukte wieder reibungslos erfolgt. Die zentrale Kontaktstelle ist beim Bundeswirtschaftsministerium eingerichtet worden.
In Sachsen hat die WFS diese Aufgabe übernommen. Anfragen sind unter kontaktstelle-lieferketten@wfs.saxony.de sowie 0351 – 2138 123 möglich.
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