Müdigkeit ist meist eine Folge von zu wenig Schlaf oder von körperlicher Überanstrengung. In der Regel geht der Erschöpfungszustand daher spätestens dann wieder vorbei, wenn sich Übernächtigte und Überanstrengte mal ordentlich ausschlafen. Doch Müdigkeit kann auch ein belastender Dauerzustand sein: Mediziner kennen sie in dieser Form als ein Symptom des Chronischen Erschöpfungssyndroms, auch Chronic Fatigue Syndrome (CFS) genannt. Neben der „lähmenden Erschöpfung“ macht sich das CFS durch Kopf-, Hals-, Muskel und Gelenkschmerzen sowie Konzentrations- und Gedächtnisstörungen und andere Symptome bemerkbar. Im Fachkrankenhaus Hubertusburg wird die Erkrankung ganzheitlich therapiert.
„Die Krankheit ist sehr komplex und muss als solche auch ganzheitlich therapiert werden“, führt Dr. Peter Grampp, Chefarzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie aus. Das sei eine komplexe Erkrankung, die sich vor allem in einer extremen Erschöpfung äußert.
Neben der „lähmenden Erschöpfung“ mache sich das CFS durch Kopf-, Hals-, Muskel und Gelenkschmerzen sowie Konzentrations- und Gedächtnisstörungen, Nervenzuckungen, Allergien, Depressionen, Schwindel, Fieber und andere Symptome bemerkbar. Man fühlt sich müde – unabhängig vom biologischen Rhythmus.
„Die Betroffenen stehen morgens auf, sind gerädert, kommen nicht richtig in die Gänge und sind schlecht gelaunt“, erläutert Dr. Grampp weiter. Dann komme wieder die „grauenvolle Nacht“, in der sie schlecht schlafen. Oftmals kommt das Gefühl hinzu, eine Dauererkältung zu haben, was dazu führt, dass sich die Betroffenen sich vom Hausarzt durchchecken lassen, dieser jedoch nichts findet und sie krankschreibt, damit sie sich erholen.
Danach seien die Beschwerden aber wieder wie vorher. Und oftmals steht der latente Vorwurf im Raum, zu simulieren. „Das sind aber keine Simulanten, denn sie haben ja die Beschwerden.“
Was genau sich hinter dem Syndrom verbirgt, ist nicht endgültig geklärt. Als Auslöser werden zum Beispiel Immunfehlfunktionen, Viren, hormonelle Störungen, Pilze, psychische Faktoren, Stress oder Umwelteinflüsse diskutiert. Kern der Erkrankung könne auch eine Schwächung oder chronische Aktivierung des Immunsystems sein.
Das Syndrom eine systemische Entzündungserkrankung, bei der Stoffwechsel und Energieversorgung der Zellen aus dem Gleichgewicht geraten sind. Oft gehe der Erkrankung ein Infekt mit körperlichem Zusammenbruch voraus. Schädliche Umwelteinflüsse könnten ihren Teil beitragen. Die Diagnose von CFS ist jedoch kompliziert, weil es ein so breites Spektrum unspezifischer Symptome gibt, die oft mit denen anderer Erkrankungen identisch seien, müssten zunächst organische oder psychosomatische Erkrankungen ausgeschlossen werden.
„Es ist so, als würde man die Nadel im Heuhaufen suchen. Unter Umständen kann es Monate dauern, bis man die Ursache findet“, erklärt Dr. Ingolf Schiefke, Chefarzt der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie, Diabetologie und Endokrinologie. Da müsse zunächst geprüft werden, ob der Patient nicht aufgrund starker körperlicher Anstrengung oder einer kräftezehrenden Operation erschöpft ist, führt er weiter aus.
Dann kläre der Arzt ab, ob andere Erkrankungen dahinter stecken. So könnten auch eine Über- oder Unterfunktion der Schilddrüse, Diabetes, Stoffwechselerkrankungen, Infektionen oder Tumore solche Beschwerden hervorrufen. Auch Stress oder Depressionen kämen als Auslöser in Betracht. „Erschöpfung ist auch ein Kardinalsymptom der Depression“, sagt er.
Aber auch die Psyche kann bei CFS eine Ursache für Beschwerden sein. Wenn Menschen Angehörige verloren haben, eine schwere Erkrankung der Kinder miterleben mussten oder am Arbeitsplatz ständig Ärger auszuhalten haben, kann dies körperliche Beschwerden hervorrufen.
„Die Seele hat kein eigenes Organ“, betont Dr. Grampp. Wenn sie zu sehr leidet, suche sie sich körperliche Symptome. Hintergrund sei, dass die menschliche Belastbarkeit Grenzen hat. „Schlecht ist eine Dauerbelastung, der wir nicht entkommen können.“ Die chronische Belastung führt zu chronischer Überlastung, die sich dann in chronischer Erschöpfung äußern kann.
Laut Schiefke ist auch die Therapie CFS-Patienten ist schwierig. Für den behandelnden Arzt bestehe das größte Problem darin, dass es bei dem Syndrom keine klare Diagnose gibt. Der Arzt könne die Ursache der Beschwerden nicht richtig ausmachen. Wo soll er also dann bei der Therapie ansetzen? Somit gibt es keine Verallgemeinerungen bei der Behandlung. Es können nur individuelle Herangehensweisen greifen.
Für die Betroffenen ist dieser Zustand oft sehr belastend. Sie leiden nicht nur unter der Krankheit, sondern auch unter den sozialen und psychischen Folgen. „Wenn man mindestens 14 Tage lang das beschriebene Krankheitsgefühl hat und der Hausarzt keine Ursache dafür finden kann, empfiehlt sich der Besuch bei einem Psychologen, um die Leidensgeschichte zu beenden“, verdeutlicht Grampp.
Manchmal reicht eine psychotherapeutische Begleitung, manchmal können doch Psychopharmaka nötig sein. Denn wenn sich nichts ändert, drohe bei manchen Patienten sogar Suizid-Gefahr.
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