Seit vielen Jahren gibt es in Leipzig die Gesamtstrategie „Leipzig. Ort der Vielfalt“ als Grundlage für die Arbeit für eine demokratische Kultur, zivilgesellschaftliches Engagement und gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit. Diese ist durch einen Fördertopf untersetzt, der sich aus Mitteln von Bund, Land und Kommune speist. Die Gesamtstrategie wird von einem Begleitausschuss gesteuert, der sich aus Vertreter*innen von Stadtverwaltung, Zivilgesellschaft und Politik zusammensetzt.
Regelmäßig zum Jahresanfang gibt es eine Projekt-Ausschreibung nach den inhaltlichen Prämissen der Gesamtstrategie. Vereine und Verbände können sich darauf mit ihren demokratiefördernden, für Vielfalt und gegen Diskriminierung orientierten Projekten bewerben. Außerdem gibt es einen so genannten Initiativ- und einen Jugendfonds, aus denen unterjährig kleine, spontane Projekte gefördert werden können. In den vergangenen Jahren konnten jährlich um die 20 große (maximal 7.500 Euro) und unzählige kleine (maximal 700 bzw. 500 Euro) Projekte gefördert werden.
Doch das wichtige demokratiepolitische Instrument liegt in diesem Jahr auf Eis.
Der Begleitausschuss segnete die Vorlage zur Fortschreibung der Gesamtstrategie (Vorlage: https://ratsinfo.leipzig.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=1014289) zwar bereits Anfang Oktober 2019 ab, den Stadtrat erreichte sie jedoch erst im März 2020. Doch auch nach der Beschlussfassung und intensiven Debatte im Stadtrat am 29. April 2020 gibt es noch immer keine Ausschreibung für das laufende Jahr.
Juliane Nagel, Sprecherin für Kinder, Jugend und Migration der Fraktion Die Linke im Leipziger Stadtrat, ist seit mehr als zehn Jahren für die Linksfraktion im Begleitausschuss vertreten. Sie kritisiert:
„Die inhaltliche Zielsetzung steht, das Geld steht bereit und die Träger sind in den Startlöchern. Doch die Verwaltung sitzt die Ausschreibung aus. Das hat am wenigsten mit Corona zu tun. Schon vorher hatte die Gesamtstrategie scheinbar eine so geringe Priorität, dass sie mehrere Monate verzögert wurde. Aber Demokratie und Weltoffenheit gibt es nicht auf Dauer zum Nulltarif, wir müssen kontinuierlich daran arbeiten.
Und gerade in diesen Zeiten, in denen Verschwörungsideologien Blüten tragen und viele Menschen unter den Einschränkungen leiden und weniger Austausch mit anderen haben, ist demokratiefördernde Arbeit essentiell.
Ich habe keinerlei Verständnis für die Verzögerungstaktik der Verwaltung. Es drängt sich der Verdacht auf, dass die Stadt, die sich so gern weltoffen und demokratisch nennt, gerade bei diesen wichtigen Themen Geld einsparen will. Ich fordere die Verwaltung auf, die Ausschreibung so schnell wie möglich zu starten!“
Hintergrund:
In der Ratsversammlung am 29. April wurde der Antrag der Linksfraktion beschlossen, die Ausschreibung „Leipzig. Ort der Vielfalt“ für das Jahr 2020 auf die aktuellen Einschränkungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie auszurichten und Projektträger werden ermutigt, ihre demokratiefördernde Arbeit trotz dieser Einschränkungen durchzuführen.
Leipzig soll ein viertes Frauenschutzhaus mit einer Clearingstelle bekommen
Leipzig soll ein viertes Frauenschutzhaus mit einer Clearingstelle bekommen
Keine Kommentare bisher