Während der Aktionstage von Ende Gelände im Lausitzer und Leipziger Revier kam es aus Sicht des Aktionsbündnisses zu mehreren Rechtsverstößen von Seiten der Polizei. Der Rechtsbeistand von Ende Gelände weist auf folgende gravierende Rechtsverstöße hin.

Einschränkung der Versammlungsfreiheit

Die Polizei Brandenburg und Sachsen und die zuständigen Versammlungsbehörden versuchten im Vorfeld das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit erheblich einzuschränken. So vertrat die Brandenburger Polizei eine grundrechtsfeindliche Rechtsauffassung im Hinblick auf das Tragen von weißen Anzügen und Staubmasken. Das Eilverfahren dagegen wurde zweitinstanzlich gewonnen.

Das OVG Berlin-Brandenburg hat die Polizei Brandenburg darauf hingewiesen, dass ihre Rechtsauffassung nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist, womit den Teilnehmer*innen erhebliche Schikanen erspart blieben. In Sachsen wurden sogar per Allgemeinverfügung Versammlungsverbot-Zonen in drei Landkreisen ausgewiesen. Auch in Sachsen wurde in Eilverfahren gegen diese Versammlungsverbote vorgegangen. Die Gerichte urteilten in diesen Verfahren gegen die Versammlungsfreiheit und ließen das Versammlungsverbot bestehen.

Rechtsanwalt Michael Plöse zu den Eilverfahren: “Ich bin davon überzeugt, dass die Eilentscheidung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg sehr zur Deeskalation der Lage beigetragen hat. Das war ein wichtiges Judikat auch für die Anerkennung der Vielgestaltigkeit und Offenheit der von der Versammlungsfreiheit geschützten Aktionsformen. Dem gegenüber ist es wirklich ärgerlich, wie unkritisch die sächsische Verwaltungsgerichtsbarkeit die Versammlungsverbotszonen gerechtfertigt hat. Ausgehend von Szenarien zwischen Terroralarm und Zombieapokalypse redete sie einen polizeilichen Notstand herbei, der umfassende Freiheitseinschränkungen ermöglichte. Das ist Angst-Rechtsprechung, nicht demokratische Streitkultur.“

Trotzdem ließen sich die Aktivist*innen durch die Verbote nicht von ihrem Protest abhalten. Dazu Nike Mahlhaus, Pressesprecherin von Ende Gelände: „Durch die Einschränkung des Versammlungsrechts wurde versucht, unseren legitimen Protest zu unterdrücken. Dieser muss aber dort sichtbar werden, wo die Klimakrise geschaffen wird: an den Orten der Zerstörung. Ziviler Ungehorsam ist heutzutage wie auch historisch notwendig, um soziale Veränderungen herbeizuführen. Wir brauchen einen sofortigen Kohleausstieg und einen schnellen und gerechten Strukturwandel. Das haben wir gestern einmal mehr deutlich gemacht.“

Polizeigewalt

Im Verlauf der Aktion kam es zu massiver Polizeigewalt und verletzten Aktivist*innen durch den Einsatz von Schlagstöcken, Pfefferspray, Schlägen und Tritten sowie Schmerzgriffen durch die Polizei. Im Tagebau Vereinigtes Schleenhain wurden sitzende Aktivist*innen überfallartig und wiederholt von Polizeieinheiten mit Schmerzgriffen und Faustschlägen angegriffen, wodurch Panik entstand. Dort gab es zudem einen riskanten Einsatz der Polizei mit Polizeipferden.

Auch andernorts wurde beobachtet, wie die Polizei Aktivist*innen anlasslos mit Schlägen und Schmerzgriffen sowie Pfefferspray attackierte. Mehrere Menschen mussten sich von Demosanitäter*innen an den verschiedenen Aktionsorten behandeln lassen. Dabei wurden Demosanitäter*innen von einzelnen Polizeigruppen an ihrer Arbeit gehindert.

Gewahrsamnahmen

Während der Gewahrsamnahmen im Gelände der Mibrag wurden Aktivist*innen permanent gefilmt, ohne dass dazu irgendein weiterer Anlass gegeben war. Einige der Aktivist*innen wurden zudem bei eisigen Temperaturen für mehrere Stunden im Außenbereich der mobilen Gefangenensammelstelle festgehalten.

Einschränkung der Pressefreiheit

Presservertreter*innen wurden an mehreren Stellen massiv von der Polizei an ihrer Berichterstattung gehindert. Es kam auch zu Durchsuchungen von Journalist*innen. Eine Autokolonne von Medienvertreter*innen wurde gezielt gestoppt und für längere Zeit ohne Angabe von Gründen festgehalten. Sicherheitskräfte der LEAG versuchten außerdem, Pressevertreter*innen durch Androhung von Strafanträgen einzuschüchtern und hinderten sie am Zugang zu den Tagebauarealen zur Berichterstattung.

Nike Mahlhaus kommentierte: „Die Reaktionen auf unsere Proteste offenbaren ein Demokratiedefizit: Nicht nur, dass die Regierung seit Jahren nicht handelt und die sächsischen Behörden im Vorhinein versucht haben, unseren legitimen Protest mit Versammlungsverboten zu kriminalisieren. Auch während unserer Aktion wurde die Pressefreiheit eingeschränkt und so die Berichterstattung verhindert. Die Antwort auf die Klimakrise muss mehr Demokratie sein, nicht weniger.“

Ein Spaziergang im Kohlerevier: Fridays for Future zu Besuch bei Ende Gelände + Bildergalerien & Videos

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