Am letzten Tag seiner Vietnam-Reise traf sich Wirtschaftsminister Martin Dulig heute in Ho-Chi-Minh-City (Saigon) zum Erfahrungsaustausch mit deutschen Unternehmern, die bereits in Vietnam ansässig sind. Ziel des Treffens war ein gegenseitiger Informations- und Erfahrungsaustausch über die aktuellen strategischen und operativen Herausforderungen auf dem vietnamesischen Markt, um sächsische Firmen bei der Markterschließung und beim Ausbau von Geschäftsbeziehungen in Vietnam besser unterstützen zu können.
„Obwohl den ausländischen Unternehmern in Vietnam meist viel Toleranz entgegengebracht wird, ist es immer besser, sich vorab über drohende Fettnäpfchen zu informieren, um diese zu vermeiden. Gerade in einem Land, welches sich offiziell als kommunistisch bezeichnet, aber nach marktwirtschaftlichen Spielregeln lebt, gibt es einiges zu beachten“, so Dulig. Frank Schellenberg, Gründer und CEO von DIGI-TEXX Vietnam und Vu Minh Anh, Geschäftsführer Terraverde Travel, teilten ihren Erfahrungsschatz mit der sächsischen Delegation. Beide Unternehmen agieren bereits seit mehreren Jahren erfolgreich in Vietnam.
Am Mittag übergab Wirtschaftsminister Dulig nahe Saigon im Technischen College die ersten 17 Abschlusszeugnisse an Absolventen des kooperativen Studiengangs zur Fachkraft für Abwassertechnik. In Vietnam fehlen Fachkräfte mit höheren Vorqualifikationen und Berufserfahrung. Gemeinsam mit der Stadtentwässerung Dresden und der IHK Dresden wurde daher dieser Ausbildungszweig aufgelegt.
Die Absolventen sind in ganz Südost-Asien gefragt. Generell spielt Ausbildung in Vietnam noch eine untergeordnete Rolle. Im Jahr 2017 konnten etwa 70 Prozent der Arbeiterinnen und Arbeiter keinerlei berufliche Qualifikationen vorweisen. Die vietnamesische Regierung unternimmt erhebliche Anstrengungen zur Reform des Berufsbildungssystems.
Abschließend traf sich Martin Dulig im Rathaus von Ho-Chi-Minh-City mit Huynh Cach Mang, dem stellvertretenden Vorsitzenden des Volkskomitees. Dieses Volkskomitee ist der ausführende Arm der Provinzregierung. Die beiden Politiker besprachen eine engere Zusammenarbeit in der Zukunft, insbesondere im Bereich der Ausbildung.
Auch der touristische Bereich nimmt in Vietnam rasant Fahrt auf: Besuchten vor zehn Jahren nur etwa 1,5 Millionen Touristen das Land in Südost-Asien, waren es im vergangenen Jahr bereits 15 Millionen – 2 Millionen davon kamen aus Europa. Über eine engere Zusammenarbeit sprach Martin Dulig in seiner Funktion als sächsischer Tourismusminister während seiner Reise mit Han Van Sieu, Vize-Tourismusminister aus Vietnam. Dulig: „Vietnam hat nicht nur spannende, quirlige Städte, sondern auch eindrucksvolle und einzigartige Landschaften.
Allerdings ist der Tourismus noch nicht auf dem Niveau, welches wir in Europa kennen und auf Reisen erwarten. Dies soll sich ändern, da Europäer eine lukrative Zielgruppe darstellen. Auch dies ist wieder eine große Chance für unsere heimische Wirtschaft, hier Fuß zu fassen. Aber auch umgekehrt gibt es ein großes Interesse an Sachsen, seinen Städten und der Natur. Sachsen ist bekannt in Vietnam und genießt seit Jahren einen sehr guten Ruf.“
Am Abend flog die politische Delegation zurück nach Sachsen. Die Unternehmerdelegation wird morgen noch zwei Unternehmen besuchen, bevor sie ebenfalls zurückkehren wird. Wirtschaftsminister Martin Dulig: „Wir kehren mit vielen neuen Eindrücken zurück nach Deutschland. Vietnam ist ein aufstrebendes Land, mit vielen Möglichkeiten und Chancen für unsere Unternehmer. Ob in den Bereichen Umwelttechnik, Verkehr, Fahrzeug- und Schienenbau, aber auch in der Lebensmitteltechnik, Trink- und Abwassertechnik oder im Wissenschaftsbereich – es gibt viele Anknüpfungspunkte für uns, denn benötigt wird in Vietnam fast alles an Know-how.“
Dulig bilanziert: „Gerade wir Sachsen werden hier mit offenen Armen als Freunde empfangen. Denn viele Vietnamesen, die heute in Entscheidungsebenen aktiv sind, haben einst in der DDR in Dresden, Leipzig, Chemnitz oder Freiberg studiert und fühlen sich bis heute sehr verbunden zu den Menschen im Freistaat. Auch und vor allem unser Berufsausbildungssystem ist in dem südostasiatischen Staat sehr gefragt.
Denn eine Ausbildung, mit Berufsschule und Praxis, gibt es in Vietnam nicht. Wir wurden oft auf unser Duales System angesprochen und um Unterstützung gebeten. Ich bin sicher, dass unsere Unternehmer, die hier erste Kontakte während der Reise aufbauen konnten, diese in den kommenden Monaten und Jahren ausbauen und erfolgreich den vietnamesischen Markt erschließen werden.“
Hintergrund: Wirtschaftsbeziehungen Sachsen – Vietnam
Um sächsischen Unternehmen den Weg nach Vietnam zu ebnen, besucht Wirtschaftsminister Martin Dulig vom 17. bis 24. November mit einer rund 20-köpfigen Delegation das südostasiatische Land. Die vom sächsischen Wirtschaftsministerium und der Wirtschaftsförderung Sachsen (WFS) organisierte Reise verfolgt das Ziel, die Kontakte zwischen Sachsen und Vietnam weiter auszubauen.
Dabei liegt der Schwerpunkt auf den Bereichen Maschinen- und Anlagenbau, Infrastruktur, Textil und Kfz-Zulieferung. Die Besichtigungen, Erfahrungsaustausche und politischen Gespräche konzentrieren sich auf die Wirtschaftszentren Hanoi, Ho-Chi-Minh-City und Haiphong.
Die langjährigen, guten Verbindungen zwischen Sachsen und Vietnam fußen auf einem geschichtlichen Fundament – zahlreiche vietnamesische Studierende und Fachkräfte wurden zu DDR-Zeiten in Sachsen ausgebildet. Bis heute prägt diese historische Beziehung die gegenseitigen Wirtschafts- und Hochschulkooperationen.
In den vergangenen Jahren haben sich die außenwirtschaftlichen Aktivitäten zwischen Sachsen und Vietnam intensiviert. Im Jahr 2017 wurden sächsische Waren im Wert von 79,72 Mio. Euro nach Vietnam exportiert. Dies entspricht einem Zuwachs von 51 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die wichtigsten Warengruppen bilden Erzeugnisse der Elektrotechnik, des Kraftfahrzeugbaus und des Maschinenbaus.
Mit dem Ziel der Markteröffnung und Kontaktpflege führt die WFS seit dem Jahr 2000 regelmäßig Unternehmerreisen nach Vietnam zu den Schwerpunktbranchen Textil, Umwelt und Maschinenbau durch und betreut im Rahmen von Weiterbildungsmaßnahmen vietnamesische Delegationen in Sachsen. Die Aktivitäten in Vietnam fokussieren sich vorzugsweise auf die Hauptstadt Hanoi mit dem angrenzenden Umland sowie auf das Wirtschaftszentrum in und um Ho-Chi-Minh-Stadt im Süden des Landes. Außerdem arbeitet die WFS bereits seit 1994 mit einem Kontaktpartner in Hanoi eng zusammen.
Viele sächsische Unternehmen pflegen langjährige Kooperationen mit Vietnam und realisieren gemeinsame Projekte. Sie sind in den Bereichen Städte- und Verkehrsinfrastruktur, Wasser-/Abwassermanagement, Maschinenbau, im Handel und in weiteren Branchen aktiv. Im Bereich der Berufsbildung entwickeln die sächsischen Bildungsträger in enger Kooperation mit vietnamesischen Partnern tragfähige und länderspezifische Bildungsmodelle.
Vietnam, das Land mit der drittgrößten Bevölkerung Südostasiens, hat in den vergangenen Jahren ein beeindruckendes Wirtschaftswachstum erreicht. Legt man das Bruttoinlandsprodukt (BIP) zugrunde, so ist dieses seit 1989 um mehr als das Dreißigfache gestiegen. Infolge seiner Freihandelspolitik könnte sich Vietnam für europäische Unternehmen zu einem internationalen Knotenpunkt für den Welthandel entwickeln. Dennoch gibt es noch einiges zu tun, bei dem ausländische Unterstützung nach wie vor gefragt ist. Der Aufbau einer eigenen mittelständischen Wirtschaft und einer modernen Industrie ist wichtig. Hier können entsprechende Partner, auch aus Sachsen, einen Beitrag zur Entwicklung leisten.
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