Beim diesjährigen Festival zum 5. Deutschen Amateurtheaterpreis amarena, vom 27. bis 29.9.2018 in Leipzig, stand nicht nur die darstellende Kunst im Mittelpunkt. Die Preisträger-Inszenierungen, der Fachtag und Podiumsgespräche boten reichlich Stoff, sowohl künstlerische Aspekte als auch gesellschaftliche Entwicklungen zu reflektieren und zu diskutieren.
Bei der Abschlussgala am Samstag begrüßte der Präsident des Bundes Deutscher Amateurtheater (BDAT) Simon Isser mehr als 200 Gäste und brachte seine große Wertschätzung für die Arbeit der Preisträgerensembles zum Ausdruck. Sophie Renz, Vorsitzende des Landesverbandes Amateurtheater Sachsen, hob hervor, dass gerade in politisch und gesellschaftlich bewegten Zeiten ein vielfältiges, vor allem bürgerschaftliches Engagement sowie die kulturelle und ästhetische Bildung durch Theater unterstützt werden müsse.
Der Staatssekretär im Sächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst Uwe Gaul überbrachte die Grüße der Staatsministerin und Schirmherrin Dr. Eva-Maria Stange. Es sei bedrückend, was in Sachsen in der letzten Zeit passiert sei, betonte Gaul. „Unsere Kultur zeichnet sich durch Weltoffenheit und Toleranz aus“, hob er hervor und stellte heraus, dass das Amateurtheater hier neue Dialoge auf den Weg bringen könne.
Auch die Kulturbürgermeisterin der Stadt Leipzig Dr. Skadi Jennicke setzte auf die Stärken des Amateurtheaters. „Amateure brennen von innen, sie tun Gutes für unser aller Zusammenleben und machen die Welt damit bunter und heiterer.“ Zudem wurde die Zusammenarbeit des BDAT mit dem Centre of Competence for Theatre (CCT) in Leipzig von der Kulturbürgermeisterin begrüßt. Die amarena-Gewinner nahmen im Rahmen der festlichen Gala mit großer Freude ihre Auszeichnungen und das Preisgeld von je 2.000 Euro entgegen.
In der Kategorie Schauspiel gewann „die bühne – das Theater der TU Dresden“. Ihre Produktion „Burning Walls and Urgent Calls“ ¬¬machte den nahende Weltuntergang zu einem vergnüglichen und satirisch-absurden Spiel zwischen Macht, Intrigen und Moral.
Wie kann „der Sommer meines Lebens“ aussehen? Mit großer Spielfreude, starken Charakteren und sprachlicher Präzision präsentierte die Schotte aus Erfurt die Roadstory „Tschick“. Das Ensemble erhielt die Auszeichnung in der Kategorie „Kinder- und/oder Jugendtheater“.
Auf die künstlerisch anspruchsvolle Lebensreise von Peer Gynt begab sich das Publikum mit dem Seniorentheater in der Altstadt (SeTA) aus Düsseldorf. Sechs männliche Darsteller interpretierten die Hauptfigur. Das Gesamtensemble mit rund 20 Darstellenden agierte lustvoll auf der Bühne, unterstützt von einer effektvollen Bühnenbild- und Lichtkomposition.
In das „Fremdsein“ hineinversetzen, sich auf andere Perspektiven einlassen, das vermittelte die „Odyssee des Lebens“. Wie fühlt es sich an, Repressalien ausgesetzt zu sein oder nicht die Wahl zu haben, vor oder hinter dem Zaun zu stehen? Aus der homerschen Textvorlage und den Lebensgeschichten der Beteiligten zeigte das Ensemble des Deutschordensmuseums Bad Mergentheim ein künstlerisch vielschichtig umgesetztes Stationendrama. Die Gruppe gewann den Preis in der Kategorie „Offene Theaterformen“.
Ausgezeichnet in der Kategorie „Gesamtwirken eines Amateurtheaters“ wurde der Theater-Club Kattendorf, Schleswig-Holstein. Mit rund 850 Einwohnern ist es wohl der kleinste Ort Deutschlands mit einem eigenen Theater. Hier geht es seit mehr als 30 Jahren um weit mehr als um das gemeinsame Spiel auf der Bühne, es geht um den Zusammenhalt eines ganzen Dorfes. Acht Theatergruppen spielen aktuell generationenübergreifend unter einem Dach.
Dagmar Schmidt, freie Dramaturgin und Vorsitzende der Preisjury konstatierte in ihrer Rede, dass das Einfühlungsvermögen in fremde Welten, unvertraute Lebensvorstellungen auch außerhalb des Theaters eine Schlüsselqualifikation und sehr wertvoll sei.
Der mit 2.000 Euro dotierte Sonderpreis für Demokratietheater „Nah dran!“, der ebenfalls im Rahmen der Gala vergeben wurde, ging an zwei Gruppen: das Piccolo Theater Cottbus mit der Inszenierung „KRG.“ und stellwerk weimar mit „Wilhelm Tell – Versuche“. Ute Seckendorf vom Institut für Beratung, Bildung und Begleitung lobte den Mut der jungen Ensembles, öffentlich mit ihren Produktionen Flagge zu zeigen und auch gegen Widerstände für ihre Positionen einzustehen im Bekenntnis zur Demokratie und zu Toleranz.
Zufrieden mit dem guten und inspirierenden Festivalverlauf, den Besucherzahlen und den vielen neuen Impulsen, die vom Amateurtheater für die künstlerische Arbeit aber auch für gesellschaftlichen Dialog ausgehen, zeigte sich der künstlerische Leiter des amarena-Theaterfestivals Frank Grünert.
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