Am 9. Oktober 1989 hätte dieses gewaltige Planspiel der SED-Diktatur Wirklichkeit werden können: DDR-weit wären vermeintliche und wirkliche Gegner des SED-Staates schlagartig verhaftet und in Isolierungslager verschleppt worden, um einen Volksaufstand wie am 17. Juni 1953 im Keim zu ersticken. Der Film geht auch der entscheidenden Frage nach, warum der Plan in den heißen Tagen des Wendeherbstes 1989 nicht zur Anwendung kam.
Es ist ein unheimlicher Plan für den „Tag X“: Mit einem speziellen Codewort an alle 211 Stasi-Kreisdienststellen wird eine ungeheure Maschinerie in Gang gesetzt. DDR-weit werden innerhalb von 24 Stunden über 2.900 Personen festgenommen und über 10.000 in vorbereitete Isolierungslager verschleppt. Weitere 72.000 Bürger werden verstärkt überwacht.
So sieht es die streng geheime „Direktive 1/67“ von Erich Mielke, Minister für Staatssicherheit, vor. Der Plan soll im Falle militärischer Auseinandersetzungen, aber auch von inneren Krisen potenzielle Gegner der SED-Diktatur sofort durch Verhaftung und Isolierung ausschalten. Dafür erfasst die Staatssicherheit mehr als 86.000 DDR-Bürger im so genannten „Vorbeugekomplex“. Hier sammelt das MfS alle jene, die es als gefährlich betrachtet: Friedens- und Umweltaktivisten, Oppositionelle aus Kirchenkreisen, Künstler, Andersdenkende, Ausreiseantragsteller.
Vom Plan zur Realität: Beispiel Polen 1981
Dass diese Planspiele aber auch zur Anwendung kamen, zeigt das polnische Beispiel. In Polen rief der „Militärrat der Nationalen Errettung“ (WRON) in der Nacht vom 12. zum 13. Dezember 1981 in Absprache mit der Sowjetunion den Kriegszustand aus, woraufhin die polnische Miliz und der Sicherheitsdienst in jenen Tagen etwa 6.500 Oppositionelle und Aktivisten der verbotenen Solidarnocsz-Gewerkschaft festnahmen und in kurzfristig errichtete Lager verschleppt hatten.
Auch auf dem Gebiet des heutigen Freistaates Sachsen waren Isolierungslager geplant. Sie sollten u.a. in der Augustusburg und in der bereits von den Nationalsozialisten als Konzentrationslager genutzten Burg Hohenstein in der Sächsischen Schweiz eingerichtet werden.
Gespräch mit Regisseuren und Protagonist am Montag in Leipzig
Der Film „Honeckers unheimlicher Plan“ rekonstruiert anhand von neu aufgefundenen Stasi-Dokumenten sowie von Zeitzeugenberichten dieses gewaltige Planspiel von unfassbarem Ausmaß und erschreckender Präzision. Und er geht der entscheidenden Frage nach, warum dieser Plan in den heißen Tagen des Wendeherbstes 1989 nicht zur Anwendung kam.
Drehorte waren zum Beispiel der Keller von Schloss Beichlingen, welcher als Isolierungslager des Bezirks Erfurt geplant war, oder das Büro der Staatssicherheit in Berlin, der Zellentrakt der Untersuchungshaftanstalt des MfS in Erfurt und auch die Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“. Über die Stasi-Planungen sprechen unter anderen Rudolf Keßner, Angelika Schön und Tobias Hollitzer.
Bei der Uraufführung am Montag, den 24. September 2018, um 19.00 Uhr im ehemaligen Stasi-Kinosaal der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ sind die Regisseure Katharina und Konrad Herrmann sowie Protagonist und Gedenkstättenleiter Tobias Hollitzer zum anschließenden Gespräch anwesend. Der Eintritt ist frei.
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