Erst kürzlich erhielt er den Zuschlag, ab Oktober geht es los: Dr. Robert Fledrich vom Institut für Anatomie der Medizinischen Fakultät erforscht in den kommenden fünf Jahren die Ursachen von genetisch bedingten neurologischen Erkrankungen.
Gemeinsam mit jungen Nachwuchsforschern aus der Biologie und der Medizin will er die Basis für neue Therapieansätze der bislang unheilbaren Krankheiten legen. Die Forschergruppe wird durch das Emmy Noether-Programm der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DGF) unterstützt.
Die Nervenfasern im peripheren Nervensystem sind von einem Mantel umgeben: Schwann-Zellen legen sich in der vollen Länge um sie und bieten eine Stütz- und Isolationsschicht. Sie helfen dabei, die elektrischen Impulse, die durch die Nervenzellen übertragen werden, besonders schnell weiterzuleiten. Bei Menschen mit genetisch bedingten neurologischen Erkrankungen ist die Interaktion zwischen Nerven- und Schwann-Zellen gestört – chronische Nervenschäden sind die Folge. „Wir beobachten etwa bei Patienten mit einer Charcot-Marie-Tooth-Erkrankung, der häufigsten erblichen Neuropathie, Gangschwierigkeiten und sensible Symptome.
Schreitet die Erkrankung weiter fort, sind im Alter viele auf einen Rollstuhl angewiesen. Bisher gibt es keine Therapie für diese Krankheiten“, sagt Dr. Robert Fledrich vom Institut für Anatomie, der genau das mit seiner neuen Forschergruppe ändern möchte. „Die Entstehungsmechanismen für die meisten dieser Erkrankungen sind bislang überhaupt nicht verstanden. Doch das ist eine wichtige Voraussetzung, um therapeutische Strategien entwickeln zu können. Es ist meine Motivation, da Licht ins Dunkel zu bringen.“
Forschungshypothese: Zellen dauerhaft im Reparaturmodus
Zusammen mit Doktoranden aus der Medizin und der Biologie verfolgt Fledrich in den kommenden fünf Jahren eine bestimmte These, die die Entstehung der Krankheit erklären könnte: Anders als das zentrale Nervensystem besitzt das periphere Nervensystem die Fähigkeit, sich zu regenerieren. Wer sich in den Finger schneidet, kann ihn nach einem kurzen Heilungsprozess wieder bewegen und fühlen. Denn die Nervenfasern wachsen nach und werden von Schwann-Zellen erneut ummantelt. Bei Menschen mit Neuropathien scheint dieser Reparatur-Prozess außer Kontrolle geraten zu sein. „Betrachtet man gesunde Nervenfasern und Nervenfasern dieser Patienten im Querschnitt, lässt sich ein gravierender Unterschied feststellen. Während die einen ein einheitliches Bild abgeben, sind die Schwann-Zellen von Erkrankten sehr heterogen“, erklärt Robert Fledrich. „Obwohl keine Nervenschädigung vorliegt, scheinen sie sich ständig im Reparatur-Modus und eben nicht im Funktionsmodus zu befinden.“ Damit der Erkrankungsverlauf besser verstanden werden kann, untersuchen die Forscher gesunde und kranke Schwann-Zell-Populationen in Mausmodellen für verschiedene Neuropathien. Dazu vergleichen sie die molekularen Profile zehntausender Schwann-Zellen um so auch therapeutische Angriffspunkte zu identifizieren.
Nach Leipzig als Hotspot für Stoffwechsel-Erkrankungen
Dr. Robert Fledrich studierte zunächst Bioinformatik an der Universität Leipzig, wechselte dann für ein Biologie-Studium nach Göttingen. Im dort beheimateten Max-Planck-Institut für Experimentelle Medizin schrieb er seine Diplom- und Doktorarbeit und erforschte die Entstehung genetisch bedingter neurologischer Erkrankungen. Mit seiner Emmy Noether-Forschergruppe ist er nun nach Leipzig gekommen, weil die Expertise vor Ort für das Projekt einen bedeutenden Mehrwert darstellt. „Neben dem Know-how, das wir aus Göttingen mitbringen, verschafft Leipzig als Hotspot für Stoffwechsel-Erkrankungen unserer Forschung weiteren Auftrieb. Hier gibt es eine gebündelte Expertise an Methoden, wie Stoffwechsel-Vorgänge in der Zelle analysiert werden können“, so der 35-Jährige.
Ziele des Emmy Noether-Programms der DFG
Unterstützt wird die Forschergruppe durch das Emmy Noether-Programm der DFG, benannt nach der deutschen Mathematikerin Emmy Noether. Es gilt als eines der renommiertesten Förderprogramme für Postdoktoranden in Deutschland. Ziel des Programms ist es, besonders qualifizierten Nachwuchswissenschaftlern die Möglichkeit zu geben, durch die eigenverantwortliche Leitung einer Nachwuchsgruppe verbunden mit qualifikationsspezifischen Lehraufgaben die Voraussetzungen für eine Berufung als Hochschullehrer zu erlangen.
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