Welche Rolle kann das Theater für ein kritisches Geschichtsbewusstsein und eine lebendige Erinnerungskultur an das nationalsozialistische Unrecht spielen? Unter dem Titel „Theater macht Geschichte. Künstlerische Interventionen für die Zukunft“ fand am Theater der Jungen Welt Leipzig in Kooperation mit der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft« (EVZ) am vergangen Wochenende eine Theaterwerkstatt statt und bot eine Plattform für regen Austausch und Diskussionen.
Dreizehn von der Stiftung EVZ geförderten Projekte der Ausschreibung „Theaterprojekte mit Zeugnissen von Opfern des Nationalsozialismus“ wie u. a. die Uraufführungen „Juller“ des TdJW oder „Cohn, Bucky, Levy – der Verlust“ der Theater und Philharmonie Thüringen traten in einen intensiven Diskurs. 85 Teilnehmende aus ganz Deutschland, Israel, Tschechien, Polen, Österreich und der Schweiz diskutierten ein Wochenende in vier verschiedenen Workshops (Workshopleiter*innen: Annegrit Berhoff von der KZ Gedenkstätte Moringen, Ronny Sommer vom Peng!Kollektiv, Bettina Frank von der HeldenFarbrikBerlin sowie der Autor und Regisseur Jens Raschke), welche Rolle Theater und Kultur für die Erinnerung spielen müssen, wenn der empathische Zugang zur Vergangenheit nicht mehr mit Hilfe von Zeitzeug*innen möglich ist. Als ein Beispiel stellte das Theater der Jungen Welt am 16. Februar um 19:30 Uhr seine von der Stiftung EVZ geförderte Produktion „Juller“ vor, mit anschließendem Publikumsgespräch.
Was darf und kann das Theater? Gibt es Grenzen in der Darstellung des Holocaust, die nicht überschritten werden dürfen? Bei der öffentlichen Podiumsdiskussion „Darf man das? Holocaust-Darstellungen und der gute Geschmack“ wurden diese Fragen und Haltungen zur political und memorial correctness am 17. Februar um 19:30 Uhr im Theater der Jungen Welt Leipzig von Dr. Kirstin Frieden, Literatur- und Kulturwissenschaftlerin, Max Czollek, Lyriker und Kurator der „Radikalen Jüdischen Kulturtage“, Regina Gabriel, Theaterpädagogin bei der Gedenkstätte Hadamar und Jörn Kalbitz, Geschäftsführender Dramaturg am TdJW, diskutiert. Durch das Gespräch führte Bastian Wierzioch, MDR.
Empathie erzeugen statt Geschichten der Trivialität preisgeben, Verantwortung übernehmen statt Betroffenheit erzwingen, Provokationen aushalten statt auf Bestätigung zu setzen. Die Brisanz der immer wieder neuen Auslotung der Grenzen in der Darstellung des Holocaust in der Kunst, darüber waren sich am Samstag das Podium und die Teilnehmer*innen der Theaterwerkstatt einig.
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