Gute bis sehr gute Erfolge wurden im Kampf gegen das Humane Immundefizienz-Virus (HIV) und dessen Folge, das Abwehrschwäche-Syndrom AIDS, erreicht, sagt Prof. Dr. Uwe Gerd Liebert, Direktor des Instituts für Virologie am Universitätsklinikum Leipzig (UKL). Dennoch infizieren sich in Deutschland jedes Jahr Tausende neu, auf der Welt insgesamt waren es im vergangenen Jahr 1,8 Millionen. „HIV und AIDS haben in Deutschland ihren Schrecken verloren, weil es inzwischen sehr gute Medikamente gibt“, so der Leipziger Virologe im Interview. Dabei wäre heute durch Kondome und eine neuartige Prophylaxe-Tablette ein nahezu hundertprozentiger Schutz möglich.
Im vergangenen Jahr haben sich rund 3100 Menschen in Deutschland neu an HIV angesteckt, 460 Infizierte sind hierzulande an den Folgen gestorben. Was haben Wissenschaft und Medizin im Kampf gegen das Virus erreicht?
Prof. Dr. Uwe Gerd Liebert: Weltweit haben Virologen in den rund 35 Jahren seit der Entdeckung des Humanen Immundefizienz-Virus als Auslöser des Abwehrschwäche-Syndroms AIDS entscheidende Erkenntnisse gewonnen: Die Übertragungswege sind verstanden. Wir wissen, wie das Virus in die Körperzellen eindringt, kennen seine Struktur und wie es sich vermehrt. Es wurden zahlreiche hochwirksame Medikamente entwickelt, die zur Behandlung eingesetzt werden können. Auch gibt es vielversprechende Ansätze für prophylaktische und therapeutische Impfungen. Das sind gute bis sehr gute Erfolge, die durch internationale Forschungsanstrengungen erreicht wurden. Sie ändern aber leider nichts daran, dass sich noch heute Millionen von Menschen mit HIV anstecken und dass das Virus durch seine extreme Mutationsrate sehr schwer zu bekämpfen ist.
Wenn die Übertragungswege erkannt sind, müsste doch die Verbreitung aufzuhalten sein?
Prof. Dr. Uwe Gerd Liebert: Theoretisch stimmt das, in der Praxis erweist es sich aber schwerer als gedacht. Der beste Schutz vor dem Virus ist ein Kondom. Aber nicht einmal im aufgeklärten Deutschland wird dieser simple Schutz akzeptiert. Noch schwieriger ist es in Afrika, die Bevölkerung zu erreichen. Ein Hoffnungszeichen gibt es beispielsweise in Uganda, wo in Zusammenarbeit mit den einheimischen Medizinmännern Grundzüge von Prävention vermittelt werden und die Neuinfektionsrate massiv gesenkt wurde.
Woran liegt es, dass in Deutschland immer neue Infektionen festgestellt werden?
Prof. Dr. Uwe Gerd Liebert: Das Virus HIV und das Abwehrschwäche-Syndroms AIDS haben in Deutschland ihren Schrecken verloren, weil es inzwischen sehr gute Medikamente gibt. Früher musste der Betroffene täglich ein Dutzend Tabletten einnehmen und hatte mit vielen Nebenwirkungen zu kämpfen. Heute reichen eine oder zwei Tabletten am Tag, und man kann damit 70 und mehr Jahre alt werden. Das macht leichtsinnig. Dabei könnten sich Risikopersonen durch den Gebrauch von Kondomen und durch eine neuartige Prophylaxe-Tablette nahezu hundertprozentig schützen.
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