Entscheiden die über 65-Jährigen über Deutschlands Zukunft? Werden unsere Kinder durch die Wahlen von der Zukunft „abgehängt“? Mit diesen Fragen beschäftigten sich gestern Abend im gut gefüllten „Theaterhaus Schille“ die ehemalige Bundesfamilienministerin Renate Schmidt, Moderator Sven Heitkamp und viele Leipziger. Eltern, Lehrer und Schüler diskutierten sehr lebhaft über die Frage, ob und wie das „Wahlrecht ab Geburt“ umgesetzt werden könnte. Moderiert von Journalist Sven Heitkamp wurde schnell klar, dass erstaunlich viele, sehr gute Argumente für ein solches Wahlrecht sprechen, nur die Umsetzung selbst noch manche Fragen offenlässt.
„Säuglinge können ja schlecht wählen“, brachte es ein Besucher auf den Punkt. Für diesen Fall plädierte Renate Schmidt die Stellvertretung durch die Eltern: Bis zu einem gewissen Alter könnten die Eltern pro Kind je eine halbe Stimme erhalten. So können Vater und Mutter die Wahl treffen, die sie für ihr Kind und dessen Zukunft richtig finden. Später könnte das Kind dann das Wahlrecht „an sich ziehen“. Das könnte z. B. im Alter von 14, 12 oder sogar schon im Grundschulalter passieren. Positiver Effekt: Politik müsste sich auf neue Zielgruppen einstellen, die derzeit wenig Lobby haben. So hätten laut Renate Schmidt Tiere in Deutschland erheblich mehr Fürsprecher als Kinder – zumindest wenn man die Mitgliedschaften in Vereinen betrachte. Dürften Kinder wählen, müsste auch die Sprache von Politikern sich deutlich ändern – und könnte so im besten Falle sogar der Politikverdrossenheit entgegenwirken.
Mit dem Thema Kinderwahlrecht beschäftigt sich auch eine Kampagne des Deutschen Familienverbandes unter dem Motto „Nur wer wählt, zählt – Wahlrecht ab Geburt“. Schirmherrin der Kampagne ist Renate Schmidt. Sie hat zu diesem Thema ein Buch geschrieben („Lasst unsere Kinder wählen!“), aus dem sie gestern Abend las. Anhand zahlreicher Zahlen und Fakten zeigte sie eindrucksvoll auf, wie wenig begründet und auch verhängnisvoll es sein könne, Kinder und damit ihre Interessen von der Wahl auszuschließen.
Veranstaltungsreihe „HA(L)B ACHT“
HA(L)B ACHT ist eine Diskussionsreihe rund um die Themen „Demokratie & Schule“. Veranstalter ist die AG Demokratie, eine Initiative von Eltern des Evangelischen Schulzentrums. „Unser Ziel ist es, Lehrer, Schüler, Eltern und Freunde der Demokratie zu mobilisieren gegen schleichende Abbauprozesse am Herzen der Demokratie“, erklärt Annette Baumeister, Mitglied der AG.
„Demokratie ist kein Zuschauersport. Wir möchten ins Gespräch kommen, zum Nachdenken anregen, Impulse geben.“
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