Gebühren-Wahnsinn oder Ende der Umsonstkultur? Immer mehr Sparkassen, Genossenschafts- und private Banken drehen an der Gebührenschraube und kassieren auch für das Geldabheben am Automaten ab. Dies betrifft nun nicht mehr nur Fremdkunden, die im Schnitt drei bis fünf Euro zahlen müssen. Verbreitet ist zudem beispielsweise bereits ein geringes Entgelt, wenn man Überweisungen nicht via Online-Banking tätigte, sondern per Papierbeleg in der Filiale einreichte. Selbst viele Basiskonten enthalten Zusatzentgelte. Manche Konten wurden gar mit Negativzinsen belegt.
Begründet wird der Griff in die Tasche der Kundinnen und Kunden in erster Linie mit der Zinsflaute, dem schon länger andauernden Niedrigzinsumfeld. Die Geldhäuser suchen nach neuen Einnahmequellen in Niedrigzinszeiten und wollen zugleich Kosten minimieren, die angeblich die umfassende Regulierung des Bankensektors mit sich bringt. Als es mit den Zinsen noch „rosiger“ aussah, konnten Banken und Sparkassen mit den Kundenguthaben Geld verdienen – möglich war dies durch die Unterschiede zwischen kurz- und langfristigen Anlagen und dementsprechenden Zinsen. Doch zurzeit sind sämtliche Zinsen auf einem ziemlich niedrigen Niveau. Die Erträge im klassischen Bankgeschäft schwinden. Ein weiterer Grund ist der, dass Bargeld vergleichsweise „teuer“ ist, und Banken es lieber sehen, wenn online, mit Karte oder Handy gezahlt wird. Dennoch muss niemand vor einer Abschaffung des Bargelds Angst haben; eine solche Debatte schüren nur solche, die bewusst polarisieren und aufwiegeln wollen.
Dabei ist es für Verbraucherinnen und Verbraucher durchaus verständlich, dass auch Geldhäuser ihre Dienstleistungen nicht immer und für alle Zeit kostenlos anbieten. Gerade Sparkassen unterhalten ein Filialnetz, auch auf dem Lande; da ist es widersprüchlich, wenn man sich beschwert, dass manche Filiale schließen muss, man aber dennoch selbst geringe Gebühren für eine Dienstleistung ablehnt. Aber das ist gerade der Punkt: „geringe“ Gebühren.
Es gibt bereits bei den Banken und Sparkassen eine Vielzahl von Kontenmodellen. Bei manchen ist eine bestimmte Anzahl von Abhebungen an Automaten kostenfrei. Das Problem besteht jedoch darin, dass sich Verbraucherinnen und Verbraucher in dem Wust an Kostenmodellen mit fein ziselierten Geschäftsbedingungen kaum mehr zurechtfinden. Hier täte deutlich mehr Transparenz und Verständlichkeit im Gebühren-Dschungel Not. Die Kundinnen und Kunden müssen über die Bedingungen des Kontomodells sowie die Vor- und Nachteile informiert werden. Nur auf diese Weise ist ein Vergleich verschiedener Konten überhaupt möglich. Zudem müssen die Geldhäuser an der Qualität und Attraktivität ihrer Produkte arbeiten und dabei die Möglichkeiten des Internets bzw. neuer Technologien besser nutzen.
Ferner steht es Kundinnen und Kunden auch frei, die Bank zu wechseln – eine Abstimmung mit den Füßen. Dies ist seit dem Zahlungskontengesetz vom September 2016 leichter und schneller möglich. Nach wie vor gibt es ja einige kostenfreie Konten ohne Fußangeln und Schlingen. Solange dies noch so ist, wird die Willkür der Geldhäuser beim Hochschrauben der Gebühren begrenzt.
Dennoch sollten meiner Meinung nach Verbraucherinnen und Verbraucher vor Gebühren-Exzessen besser geschützt werden. Gerade ältere Menschen, die nicht Internet-affin sind, können schwerer den höheren Gebühren ausweichen. Sie müssen daher besonders geschützt werden. So wie Die Linke eine Deckelung für Dispo- und Überziehungskredite fordert, kann eine Deckelung von Bankgebühren hier ebenso sinnvoll sein. Hierbei ist auch nachzudenken, unsinnige und klar verbraucherfeindliche Gebühren von Vornherein zu untersagen. Denn es kann doch zum Beispiel nicht sein, dass Kundinnen und Kunden bei einem Geldeingang mit einer Gebühr auf die Gutschrift belastet werden. Umso weniger in einer Zeit, in der viele Kundinnen und Kunden das Gefühl haben, als Steuerzahlende Milliarden an Banken in Schieflage gegeben zu haben und jetzt durch das stumme Akzeptieren der Gebührenrallye den Geldhäusern wieder einmal ihr Überleben zu sichern.
An Vertrauen und Glaubwürdigkeit würden Sparkassen, Genossenschafts- und private Banken dann gewinnen, wenn sie zukünftig in besseren Zinszeiten die Gebühren wieder senken oder ganz abschaffen würden. Aber daran ist nur schwer zu glauben. Deshalb ist es umso wichtiger, bei dem aktuellen Gebührenkarussell wachsam zu bleiben, sodass Verbraucherinnen und Verbraucher vor einem Gebühren-Wahnsinn geschützt bleiben und Geldinstitute keinen Freibrief auf Kundenkosten erhalten.
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