Am Universitätsklinikum Leipzig befindet sich das sachsenweit erste Referenzzentrum für Adipositas- und metabolische Chirurgie. Nach erfolgreicher Rezertifizierung durch die Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DGAV) erfolgte die Aufwertung des bisherigen Kompetenz- zu einem Referenzzentrum. Prof. Arne Dietrich, Bereichsleiter Bariatrische Chirurgie an der Klinik und Poliklinik für Viszeral-, Transplantations-, Thorax- und Gefäßchirurgie, ist stolz auf die „Vorreiterrolle“. Gleichzeitig sieht er extremen Nachholbedarf in Sachsen für diese Art der Chirurgie.

Die erste Zertifizierung erfolgte 2014. Mit dem Antrag auf Rezertifizierung wurde nun gleichzeitig ein „Upgrade“ auf den Status als Referenzzentrum beantragt.

Um als solches ausgewiesen zu werden, mussten mindestens 100 Operationen pro Jahr nachgewiesen werden und drei Operateure zur Verfügung stehen. Am UKL operieren in diesem Bereich neben Prof. Dietrich auch PD Dr. Robert Sucher und Dr. Yusef Moulla. Neben dem Abgleich der geforderten Qualitätskriterien interessierten sich die Prüfer von der DGAV, wie die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit den Ernährungstherapeuten, den Psychologen und den Internisten am UKL aufgestellt ist.

„Viel Wert wird außerdem auf wissenschaftliche Publikationen und den Nachweis von Fortbildungen gelegt – für sich selbst oder als Anbieter für andere“, berichtet Prof. Dietrich. Im vergangenen Monat kam dann ein Prüfer, ein so genannter Auditor, ans UKL, wohnte Operationen bei und ging alle betroffenen Stationen – Normalstationen, Endoskopie, Intensivstationen – durch. „Der Auditor überprüfte nicht nur die Operationszahlen, ob diese mit den Eintragungen ins Register übereinstimmen, sondern auch, ob die geforderte technische Ausstattung vorhanden, also beispielsweise barrierefreie Bäder für unsere Patienten oder eine 300-Kilogramm-Waage“, erläutert der UKL-Experte.

Prof. Dietrich und sein Team konnten alle Anforderungen bestens erfüllen. Frei von Auflagen oder Nachbesserungsforderungen erteilte die DGAV nun die erhoffte Rezertifizierung plus Heraufstufung zum Referenzzentrum. Das Zertifikat ist bis Ende 2019 gültig.

Experte sieht extremen Nachholbedarf für Sachsen

Die erfolgreiche Rezertifizierung nutzt Prof. Dietrich zu einem Aufruf um mehr Akzeptanz für die Adipositaschirurgie: „Leider wird diese Art Chirurgie von einigen noch immer stigmatisiert. In den meisten Nachbarländern Deutschlands ist sie hingegen besser akzeptiert. Einige weisen vier bis zehn Mal höhere OP-Zahlen auf als Deutschland.“ Und Sachsen wiederum erreiche gerade einmal die Hälfte des deutschen Durchschnitts. Dietrich: „Hier sehe ich extremen Nachholbedarf.“

Die höheren Fallzahlen der vergangenen Jahre zeigten zwar „eine steigende Wertschätzung unserer Arbeit“, aber gerade in Sachsen sei man noch weit unter Durchschnitt: “Die guten Ergebnisse einer solchen Operation“, so der Adipositasschirurg, „werden noch zu wenig wahrgenommen.“ Auch einige Krankenkassen seien zu zurückhaltend, wenn es um die Übernahme der Kosten gehe.

Eine neue nationale Leitlinie sei gerade in Arbeit, sagt Prof. Dietrich: „Wir hoffen, dass mit ihr der Zugang für Adipöse und Typ II-Diabetiker zu einer Operation leichter wird.“ In der Leitlinie werde der metabolische, also den Stoffwechsel betreffende Aspekt besser abgebildet. Das bedeute, die Gewichtsreduktion sei nur ein Mittel zum Zweck, um eine bessere Lebensqualität zu erreichen und Begleiterkrankungen zu bessern.

Bereits jetzt sei in internationalen Leitlinien empfohlen, Typ II-Diabetiker mit einem BMI (Body-Mass-Index) von mehr als 40 auch ohne vorhergehende konservative Behandlung zu operieren. Prof. Dietrich: „Es ist nämlich erwiesen, dass diese Patienten neben der Gewichtsreduktion auch von der Diabetesremission, also dem zeitweisen oder dauerhaften Nachlassen der Diabetes, profitieren, was in einem hohen Prozentsatz erreicht wird.“

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