Das Abitur ist geschafft - und jetzt wird studiert? Nicht für zwei junge Leipziger: Lukas Rotter und Amani Al-Addous (beide 18 Jahre) entschieden sich nach ihren Prüfungen für einen Europäischen Freiwilligendienst (EFD). Mit dem soziokulturellen Zentrum "Die VILLA" als Entsendeorganisation ging es im September 2015 ins weit entfernte Jordanien.
Dort leben und arbeiten die beiden für 6 Monate in Amman, der Hauptstadt Jordaniens. Ihre Aufgabe ist es, Kindern vorwiegend palästinensischer Flüchtlinge Englisch, aber auch Wissen über Geografie und Recycling zu vermitteln. Die Einsatzorte sind die Flüchtlingscamps Suf und Gaza nahe Jerash, einer Stadt ungefähr 50km nördlich von Amman, und Sahab, eine von Industrie, Armut, Drogen- und Waffenhandel geprägte Vorstadt von Amman, in der die Hälfte der Einwohner Palästinenser sind. Seit über 50 Jahren gibt es diese Camps für Palästinenser, die aus ihrem Land fliehen mussten.
Dort herrschen schwierige Bedingungen, daher gibt es Hilfsorganisationen und Kulturzentren, die die lokale Bevölkerung mit Bildungs- und Sportangeboten unterstützen. Jordanien muss eine riesige Flut an Menschen bewältigen, bislang über 600.000 Flüchtlinge, die aus Syrien und dem Irak kommen. Dabei ist das Land selbst sehr arm. Darauf angesprochen, sagte einer der Jordanier zu Lukas Rotter: “Aber wir sind Menschen, bevor wir Jordanier, Syrer oder irgendetwas anderes sind.”
Die letzten zwei Monate waren für die beiden voller neuer, spannender Erfahrungen. Lukas Rotter beschreibt den Alltag als chaotischer, schmutziger und lauter als in Deutschland: “Meine Empfindungen wechseln von Sehnsucht nach gewohnten Zuständen zu Bewunderung und Begeisterung.”
Im Rahmen ihres Freiwilligendienstes bekommen die beiden Arabisch-Unterricht. Außerdem leben sie in Wohngemeinschaften mit anderen Freiwilligen. Das Unterrichten ist für beide eine besondere Herausforderung. Amani Al-Addous erzählt über ihre Arbeit als Lehrkraft, dass der Unterricht nicht mit dem an europäischen Schulen verglichen werden kann. Für sie ist diese Art des Lehrens komplett neu: “Wir sind ziemlich flexibel, improvisieren und arbeiten nach einem Lehrplan, den wir selbst erstellen.” Das Engagement der Freiwilligen wird von der Bevölkerung sehr hoch geschätzt. Amani Al-Addous berichtet von Shop-Verkäufern, die sich weigern, Geld für Lebensmittel von ihr anzunehmen, wenn sie im Gespräch von ihrer Freiwilligentätigkeit erfahren.
Auch in die Kultur des Landes tauchen die beiden ein, sie erkunden die Stadt und die Märkte, die jordanische Küche, lernen Einheimische kennen und bereisen weitere Teile des Landes – sie unternahmen bisher Abenteuerausflüge ins Wadi Aya, Wadi Rum oder zum Toten Meer.
Vieles von dem, was die beiden in Jordanien erfahren, wird ihr Leben in Deutschland nach Ende des Freiwilligendienstes prägen. Lukas Rotter beschreibt es mit folgenden Worten: “Ganz besonders, wie sehr wir das Leben in ziemlichem Wohlstand schätzen können, gibt es doch Menschen, die trotz fehlender finanzieller Mittel und Armut glücklich sein können und Tee und Kuchen mit uns teilen.”
Der EFD ist ein Teil des EU-Programms Erasmus plus und bietet jungen Menschen zwischen 17 und 30 Jahren die Möglichkeit, sich in einem gemeinnützigen Projekt im Ausland zu engagieren. Freiwillige helfen dabei in den unterschiedlichsten sozialen und kulturellen Bereichen für ein halbes oder ganzes Jahr mit und erhalten in dieser Zeit freie Unterkunft, Taschen- sowie Essensgeld. Der EFD ist kostenlos.
Die VILLA entsendet seit Jahren Freiwillige ins Ausland und nimmt Freiwillige aus anderen Ländern auf. Informationen unter http://www.jahr-fuer-europa.de // kontakt@jahr-fuer-europa.de // 0341-35520421 oder bei einem nächsten Interessierten-Treffen am Mo, 07.12.2015 um 17:15 Uhr in der VILLA (Lessingstrasse 7).
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