Von Josef Meyer: Sehr geehrter Herr Riedel, als ich in verschiedenen Artikeln von der fehlenden Barrierefreiheit der Verteilerebene gelesen habe, war ich im ersten Moment schlichtweg entsetzt. Man hatte fast den Eindruck, die Situation habe sich durch den Neubau verschlechtert oder so ähnlich. Ich habe nicht selten mit gehbehinderten Menschen zu tun und bin für solche Dinge durchaus sensibel.
Dann habe ich mir die Situation vor Ort mit allen notwendigen Wegeverbindungen noch einmal durch den Kopf gehen lassen und muss ehrlich sagen, dass ich diese Art Aufschrei nicht mehr richtig einordnen kann. Ich kann mich zwischen allen Verkehrsmitteln (Tram, S-Bahn, Regional- und Fernverkehrszüge) barrierefrei bewegen. Von der Straßenbahn zu den Zügen und zur S-Bahn. Von den Zügen gibt es einen Fahrstuhl direkt am Atrium neben Gleis 6 hinunter zur S-Bahn.
Es gibt nur einen ganz kleinen Bereich, der einen gewissen Umweg erforderlich machen würde und zwar von den S-Bahngleisen zu geschätzt sieben Läden des Einkaufszentrums, darunter 1 Tabakshop (existiert noch mind. 3x im Hbf), ein Ditsch (existiert ebenfalls nochmal), ein Lukasbäcker (gibts auch nochmal), ein Zeitschriftenladen (…). Es gibt m.E. nur einen Computerspieleladen, der so im ECE nicht noch mal existiert. Und wenn ich aber unbedingt von der S-Bahn dort hin will, steige ich unten in den Fahrstuhl, fahre bis auf Straßenniveau, dann (leider aber immerhin) über die Ampel in die Westhalle und steige dort wieder in den Fahrstuhl, um eine Etage nach unten zu fahren.
Damit sie mich nicht falsch verstehen, ich finde das nicht gut, das geht deutlich besser. Ich finde nur die Verhältnismäßigkeit fragwürdig, mit der auf die Situation reagiert wird. Sie vermittelt, wie anfangs bei mir ja auch, ein falsches und überzogenes Bild.
Und was ich auch nicht verstehe ist, warum fast immer die Bahn dafür zur Rechenschaft gezogen werden soll. Diese hat alle Wege zwischen Verkehrsmitteln barrierefrei eingerichtet. Die Ebene existiert in meinem Verständnis auch eher als Entlastung der anderen bereits vorhandenen Wege und wird diese nicht ersetzen.
Und: es ist nicht der Zugang zum Bahnhof der nicht barrierefrei ist (es gibt wie gesagt einen weiteren Fahrstuhl am anderen Ende der S-Bahnstation direkt zu den Zügen) sondern der Zugang zu einem Einkaufscenter! Die Verteilerebene (und das sagt schon der Name) ist ein Knoten für verschiedene Verkehrsmittel und nicht der Eingang zu einem Einkaufszentrum. Und barrierefreie Zugänge zu diesem gibt es überdies mehrere andere. Eigentlich müsste aus meinem Verständnis das Einkaufscenter die entsprechenden Änderungen in die Wege leiten.
Und was ich auch nicht ganz verstehe ist, warum hat man sich denn in der Stadt, insbesondere in den Bereichen, die sich mit Barrierefreiheit beschäftigen, nicht schon mal im Vorfeld die Unterlagen geben lassen und schon viel früher Alarm geschlagen? Gerade an solch einem verkehrstechnisch sensiblen Ort, hätte mich das bei den Planungen schon in einem sehr frühen Stadium interessiert.
Ich hoffe jedenfalls, dass es bald eine Lösung für das Problem geben wird, mit der alle Seiten besser leben können. Wie gesagt, an der grundsätzlichen Kritik habe ich nichts auszusetzen.
Mit feundlichen Grüßen
J. Meyer
Zum Gastbeitrag von Konrad Riedel vom 6. August auf L-IZ.de
Saftige Kritik für die “Verteilerebene”: Barrierefreiheit ist eine Pflicht
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