Die Nachricht kam und die Kinnladen fielen, Schock und schüttelnde Schädel alle Nase lang – quasi unisono ein lauthalses „Wieso denn mit DENEN?!“ Was passiert ist? Ganz einfach, Die PARTEI hat einen weiteren Schritt zur Machtübernahme unternommen. Doch lassen Sie mich sortieren, denn ich schimpfe mich Service-Kolumnist und möchte wirklich sehr, dass alle mitkommen.

Am 18. September wurde der neue Stadtrat vereidigt, auch die beiden PARTEI-Stadträte Käthe und Kuno. Im Vorfeld haben alle fleißig geklüngelt und umworben, sich dieser oder jener Fraktion anzuschließen, denn Fraktionen heißen erstmal Recht auf: Anträge stellen im Stadtrat, Geld für Angestellte, eigene Sitze in den Ausschüssen.

Am Ende kam eine neue Fraktion zustande, die den funktional-banalen Namen „Freie Fraktion“ trägt. Mit dabei: 2x PARTEI, 1x Piraten uuund 1x FDP. Sie lesen richtig, das landläufig als „Fahr-doch-Porsche“ oder „Fils-des-pute“ verhöhnte Neoliberalen-Sammelbecken FDP ist nun in der PARTEI-Fraktion. Das mag sie durchaus verwirren, liebe Leserinnen. Doch eigentlich ist es ganz einfach.

ePaper 129. September 2024. Foto: LZ
ePaper 129. September 2024. Foto: LZ

Eine Partei mit einem absoluten Alleinvertretungsanspruch wie die PARTEI ist natürlich gewillt, auch und gerade! mit einem eFDePeler eine Fraktion zu bilden. Früher hieß es „Hey, SPD, wir treffen uns an der 5-Prozent-Hürde“, doch jetzt stellt sich heraus, dass wir uns zuerst mit der FDP bei EINEM Prozent getroffen haben. Soviel nämlich hat die FDP im Durchschnitt bei den Landtagswahlen im Osten erreicht.

Jedes Mal durfte Christof Lindner vor der Presse bedröppelt dreinschauen und Niederlage buchstabieren. Steht die FDP womöglich vor einem neuen 2013, als sie sogar den Bundestag verlassen mussten? Hat Wolfgang Kubicki bereits den Generalschlüssel rausgeholt und steht kurz davor, das Hans-Dietrich-Genscher-Haus für immer abzuschließen und den Schlüssel wegzuwerfen?

Doch wer übernimmt dann diese Premiumimmobilie in bester Lage in Berlin, und vor allem die bundesweit 4 % der FDP? Richtig, natürlich Die PARTEI! Wir haben nie einen Hehl daraus gemacht, dass wir auch eine Klientelpartei sind und wir alles tun, um an Wählerinnenstimmen zu kommen. Unser Auftrag muss sein, jenen Vertriebenen der Parteienlandschaft neue Lebensperspektiven anzubieten.

Kommt alle her zu uns, Versprengte und Enttäuschte, Wahlvieh der Linken und der Liberalen, wir nehmen euch gerne auf – aber nur als stille Teilhabende am politischen Erfolg der Kaderpartei Die PARTEI, selbstverständlich.

Landauf, landab sind derlei Übernahmen durch Die PARTEI zu beobachten. In Werdau, der BSW-Festung von Sabine Zimmermann, hat ein Genosse auf Listenplatz 1 der Linken kandidiert und ist Stadtrat geworden. In Bautzen hat ein Genosse mit SPD, Grünen und Linken (sie sind insgesamt nur zu fünft) die Fraktion „Der Demokratische Rest“ aufgemacht, und wie sein Bautzner PARTEI-Kollege dafür von Nazis auf die Fresse bekommen (beide Vorfälle keine 3 Monate her).

Man sieht aktuell an allen Orten das demokratische Gemeinwesen zusammenkrachen. Und wenn der FDP-Stadtrat Sven Morlok Sachen sagt wie „Verkehrswende“ und „Fahrradinfrastruktur“, dann muss man festhalten, dass a) Auto-Linder wahrscheinlich die Zunge abfaulen würde und b) im Leipziger Stadtrat der Fossilfaschismus offenbar rechts der FDP sitzt.

Ich gebe mich ja gerne Bürgerinnen-nah und biete Ihnen ein offenes Ohr für Meinungsbekundungen zu diesem Thema unter der Adresse tom.rodig@die-freie-fraktion.de – denn dort arbeite ich nun und freue mich über ihre Ansichten oder ihre politischen Übergabeangebote.

Muss schließlich irgendwie die Zeit zwischen Mittagsschlaf und Feierabend voll bekommen,
Ihr MP in spe a.D.
Tom Rodig

„Rodig reflektiert: F.D.P – Die Fraktion Der PARTEI“ erschien erstmals im am 27.09.2024 fertiggestellten ePaper LZ 129 der LEIPZIGER ZEITUNG.

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