In alten Tagen, als Papiersparsamkeit noch mit der handschriftlichen Kopie von Vorlagen begründet war, machte ein kluger Mensch, wahrscheinlich in einer Amtsstube einer fürstlichen Verwaltung, einen genialen Neuerervorschlag. Er erfand einen Aktendeckel, in den er die Vorlage legte, darauf schrieb er in der richtigen Reihenfolge die Personen bzw. Abteilungen der fürstlichen Hofhaltung, in denen die Vorlage bearbeitet werden musste und nannte diesen Aktendeckel „Umlaufmappe“.
Das Prinzip war, in seiner Genialität, einfach und brachte den Berufsstand der Kopisten in Gefahr, diese wehrten sich vehement gegen diese Neuerung und unterlagen schließlich. Reste des ehemals ehrenwerten Berufsstandes finden sich heute meist in Fälscherwerkstätten für Banknoten, alten Handschriften und Gemälde.
Die Umlaufmappe trat, besonders in Amtsstuben, ihren Siegeszug an und führte dort zu einem Verfahren, welches den schönen bürokratischen Namen „Ämterumlauf“ trug.
Es gab allerdings anfangs einige Irritationen beim Fürsten.
Der Fürst wollte in den Krieg ziehen und befahl die Heerführer und Truppen zum Sammelplatz, selbstverständlich auch den Troß und die Marketenderinnen. Nach der alten, unwirtschaftlichen Verfahrensweise hätte der fürstliche Beamte nun viele Boten losgeschickt, um alle zu informieren, dazu wäre der Befehl vorher im anrainenden Kloster etwa 25 Mal kopiert worden.
Durch die Innovation war es für die Verwaltung einfacher, der Befehl zur Gestellung wurde in die Umlaufmappe gelegt und von Abteilung zu Abteilung, nach der Bearbeitung in Ersterer, weitergereicht. Zuerst innerhalb des Schlosses, dann von Dorf zu Dorf.
Als der Fürst am Sammelpunkt eintraf, fand er die versammelten Schreiber, seinen Biografen und den Hofnarren vor. Seine Rückfrage ergab „Der Ämterumlauf ist nicht abgeschlossen“, also musste der Gestellungstermin verschoben werden.
Das Ergebnis war: Der Krieg fiel aus – die Umlaufmappe erwies sich als Friedensprojekt. Das beflügelte die Akzeptanz bis heute.
Die Umlaufmappe und der daraus resultierende Ämterumlauf bewährten sich so gut, dass sie sogar die Digitalisierung der Ämter überlebten. Trotz des Vorhandenseins von digitalen Kopien in theoretisch unbegrenzter Anzahl setzt sich das erfolgreiche bewährte Verfahren des Ämterumlaufes fort. Heute mitunter mit einer digitalen Version der Umlaufmappe. Im Ernstfall kann die digitale Variante selbstverständlich ausgedruckt und in die physische Umlaufmappe gelegt werden.
Natürlich gibt es Kritik einiger ungeduldiger Menschen, die meinen, der Ämterdurchlauf ließe sich beschleunigen, wenn mehrere Abteilungen oder Menschen parallel am gleichen Vorgang arbeiteten. Diese werden natürlich gekonnt ignoriert.
Denn: Man sollte ein bewährtes Modell nicht einfach so ändern! Wo kämen wir da hin?
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