Zwei Wochen Urlaub sind schon wieder vorbei, kaum dass sie begonnen hatten. Sommerferien in Paris. Mit der ganzen Familie. Und so begannen bereits im April die ersten Planungen für einen gemeinsamen Urlaub - zusammen mit meinem Bruder und seiner Familie, unseren Eltern und meinen zwei „Großen“. Aus diesem Urlaub stammen diese persönlichen Eindrücke im Tagebuchstil, die ich in den nächsten Tagen gern mit Ihnen teile.
Ich selbst war schon zweimal in Paris, das erste Mal ist nun schon über zwanzig Jahre her, der letzte Besuch – zusammen mit den Kindern – mittlerweile auch schon acht Jahre. Höchste Zeit also, mal wieder ein wenig Zeit an der Seine zu verbringen und die französische „Art de vivre“ zu genießen. Die Kinder sind nun schon groß (die Jahre rasen nur so dahin), aber wenn der Jahresurlaub vor der Tür steht, da sind sie alle wieder da. Natürlich finden sich der Eiffelturm, der Louvre, Notre-Dame und Sacré-Coeur, Montmartre und die Champs-Elysées auf unserem Plan. Da kommt man als Besucher der Stadt wohl nicht drumherum. Aber beim dritten Aufenthalt sollte auch irgendetwas Neues dabei sein, um die Stadt auch mal abseits der üblichen Touristenziele zu erkunden.
Und so nehme ich Sie gern mit auf (m)eine Erkundungsreise durch das „andere“ Paris. In den kommenden Tagen wird es immer mal wieder kleine Tagebuchnotizen geben, die Kamera ist auch dabei und soll das eine andere Foto oder Video beisteuern.
Paris ist eine alte Dame
Paris hat – im Vergleich zu Leipzig – schon das Doppelte an Jahren auf dem Buckel. 2000 Jahre stehen in der Chronik, der frühere, antike Name „Lutetia“ entstand als Ableitung aus dem keltischen Namen Lutetia des Stammes der Parisii, die auf einer Seine-Insel (heute Ile de la Cité) lebten. Die Römer eroberten das Gebiet und gaben der Stadt den Namen Parisia. Eine lange und bewegte Stadtgeschichte folgte, vor allem geprägt von den Einflüssen des königlichen Hofes und den Ereignissen und Folgen der Französischen Revolution.
Zur Geschichte der Stadt soll heute noch nicht soviel gesagt werden, das wird sonst wohl etwas zu langatmig. In den nächsten Tagen wird sich das während unserer Streifzüge ergeben, dass ich die eine oder andere Information mit einstreuen kann.
Wie groß ist Paris eigentlich?
Eine kleine Quizfrage zu Beginn: Wie groß ist die Stadtfläche von Paris im Vergleich zu Leipzig?
Antwort 1: Sie ist doppelt so groß.
Antwort 2: Sie ist fünfmal so groß.
Antwort 3: Sie ist zehnmal so groß.
Antwort 4: Sie ist zwanzigmal so groß.
Und, wie haben Sie geraten? Oder haben Sie es sogar gewusst? Ich gebe zu, dass ich Sie mit den vorgegebenen Antwortmöglichkeiten ein wenig aufs Glatteis führen wollte.
Paris ist zwar eine alte Stadt, aber sie ist sehr, sehr klein. Ein Blick in den Atlas – oder etwas zoombarer bei Google-Maps – zeigt einen Autobahnring rund um Paris, den „Peripherique“, und damit grob die Stadtfläche. Die Stadtfläche beträgt nur ein wenig mehr als 100 Quadratkilometer. Und jetzt, liebe Leser, bitte erschrecken Sie nicht. Leipzig hat im Vergleich dazu eine Fläche von knapp 300 Quadratkilometern und ist damit flächenmäßig fast dreimal größer als Paris. Hätten Sie nicht gewusst, oder? Jeder glaubt doch, dass Paris eine riesengroße Stadt ist. Stimmt aber nicht. Das von Goethe im „Faust I“ sogenannte Klein-Paris ist größer als die Metropole an der Seine.
Aber jetzt kommt das eigentlich Erstaunliche: In diesem recht überschaubaren Stadtgebiet von 100 km² leben aktuell knapp 2,5 Millionen Menschen. Knapp 22.000 Einwohner pro Quadratkilometer. Die aktuell knapp 560.000 Einwohner unserer Stadt auf die Leipziger Stadtfläche verteilt ergibt eine Bevölkerungsdichte von etwa 1.800 Menschen pro Quadratkilometer. In Paris leben also durchschnittlich etwa 12 Mal mehr Menschen auf einem Quadrat(kilo)meter als in Leipzig. Wenn Sie es gern etwas kuscheliger mögen, fahren Sie also mal in die französische Hauptstadt.
Als der am dichtesten besiedelte Pariser Stadtbezirk gilt nach einer Volkszählung Ende des letzten Jahrhunderts das 11. Arrondissement im Nordosten der Stadt. Hier waren 1999 knapp 150.000 Einwohner gemeldet. Das ergibt eine Einwohnerdichte von über 40.000 Einwohnern pro Quadratkilometer. Damit ist es auch eines der am dichtesten besiedelten Gebiete der Welt.
Bei diesem Speckgürtel würde jeder Arzt Alarm schlagen
Die Stadt Paris ist also nicht wegen seiner eigenen Fläche oder seiner Einwohnerzahl so „groß“, sondern wegen der sie umgebenden Metropolregion. Obwohl auch das immer eine Frage der Definition und Herangehensweise ist. Ähnlich auch am Beispiel London mit dem umgebenden Gebiet Greater London zu erleben. Wo hört die Stadt auf, wo fängt die Metropolregion an? Die „Ile-de-France“ ist 12.000 Quadratkilometer groß (40 Mal Leipzig) und derzeit Heimat für 13 Millionen Menschen und – um einen Vergleich zu haben – etwas größer als die größte deutsche Metropolregion, das in Nordrhein-Westfalen gelegene Ruhrgebiet um Köln, Düsseldorf, Duisburg, Essen, … mit etwa 7.000 Quadratkilometern und 11 Millionen Einwohnern.
Zurück nach Frankreich. Das gesamte Land hat übrigens nur 67 Millionen Einwohner, es lebt also etwa ein Fünftel aller Franzosen in der Hauptstadt des Landes.
Mit mehr als 184 Millionen Übernachtungen pro Jahr (Stand Dezember 2014) ist die Region Paris das meistbereiste touristische Ziel weltweit. Wenn man die angegebenen 35 Millionen Paris-Besucher jährlich zu den Einwohnern hinzurechnet … Wo bleiben die Menschen alle? Wir werden Sie in den kommenden Tagen wiedertreffen.
Wohnraum für 13 Millionen Menschen
Die Beschaffung und Zurverfügungstellung von Wohnraum ist ein großes Thema – und Problem – in der gesamten Pariser Region. Die „guten“ Lagen in der Innenstadt kann sich kein Monsieur Martin (auf Deutsch: Herr Mustermann) mehr leisten. Die Mieten steigen und steigen, Wohnraum ist knapp. Befreundete Pariser haben ein halbes Jahr auf ein Wohnungsangebot ihres Maklers gewartet, welches ihren Vorstellungen entsprach. Sie wollten wegen des bevorstehenden Familienwachstums von einer 45 Quadratmeter großen Einraumwohnung in eine vielleicht 60 Quadratmeter große Zwei- oder Dreiraumwohnung umziehen.
Wohnungsangebote, auf die wir während unserer Spaziergänge stießen, sind für uns Leipziger unvorstellbar hoch. Für Pariser ist das eher die Normalität.
Das hier angebotene 16,65 m² große, möblierte Zimmer im Osten der Stadt in der zweiten Etage eines Wohnhauses mit einer kleinen Kochnische und einem kleinen Bad mit WC ist für monatlich 750 Euro Miete plus 50 Euro Nebenkosten zu haben. Strom, Heizung und Warmwasser kommen hinzu: sie sind „électrique individuels“.
Beim zweiten Mietangebot darunter ist nicht nur das Zimmer größer. Für die komplett neu sanierten, hellen 32,3 m² in der siebten Etage (diesmal mit Fahrstuhl) eines Hauses im Bastille-Viertel erwartet man 990 Euro monatliche Miete plus 110 Euro Nebenkosten. Zentralheizung und Warmwasser sind bereits enthalten.
Aber mieten will hier eigentlich keiner mehr. Die Angst, die steigenden Mieten in der Zukunft nicht mehr bezahlen zu können, ist zu groß. Die Kaufofferten übersteigen bei Weitem die Mietangebote. Quadratmeterpreise zwischen 10.000 und 15.000 Euro sind an der Tagesordnung. Und so stehen dann auf den Wohnungsangeboten eben Beträge zwischen 350.000 Euro und 1,5 Millionen Euro, je nach Größe, Lage und Ausstattung. Obwohl die fast schon zweitrangig zu sein scheint.
Viele Pariser ohne das notwendige monatliche Einkommen verlieren ihre Wohnungen und ziehen entweder in günstigere Wohnlagen oder gleich ganz raus aus der Innenstadt – was einen täglichen Arbeitsweg von bis zu 2-3 Stunden zur Folge hat. Aber was bleibt einem anderes übrig?
Im nächsten Teil beginnt unsere Reise: „Morgens noch in Leipzig, nachmittags in Paris …“. Ich lade Sie herzlich ein, mich in den kommenden Tagen auf den Streifzügen durch die Stadt an der Seine zu begleiten. Neben den touristischen Highlights wollen wir natürlich auch bemerkenswerte und vielleicht unbekannte Dinge abseits der Reiseführer und Trampfelpfade entdecken. Bis morgen also. Au revoir!
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