Der Klimawandel ist längst da. Wem sagt man das? Davon erzählen mittlerweile auch einwandernde Infektionen, die es so bislang nur in tropischen Ländern gab. Und entsprechend viel Aufmerksamkeit sollte man einer Meldung widmen, die am 11. September veröffentlicht wurde: „Zehn Fälle von West-Nil-Fieber in Deutschland diagnostiziert“, meldete z. B. der „Spiegel“.

Bei genaueren Lesen konnte man dann feststellen, dass diesmal – anders als bei Corona – nicht der Westen Deutschlands besonders betroffen ist, sondern der Osten. Und Leipzig liegt mittendrin in dem Gebiet, in dem sich das West-Nil-Fieber ausbreitet. „Das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM) hat vier in Deutschland erworbene Infektionen mit dem West-Nil-Fieber gemeldet, sechs weitere Fälle wurden in Leipzig bestätigt. Drei der Betroffenen in Leipzig seien schwer erkrankt und lägen mit einer Gehirnhautentzündung im Krankenhaus, sagte der Virologe Jonas Schmidt-Chanasit vom Bernhard-Nocht-Institut in Hamburg”, hieß es im „Spiegel“.

Und das ist nicht die erste und nicht die letzte Tropenkrankheit, die mit dem Klimawandel auch in Deutschland heimisch wird

Es kommt zu immer mehr Fällen von West-Nil-Fieber, bei denen die Ansteckung in Deutschland stattgefunden hat. Sieben bestätigte Fälle gab es dieses Jahr alleine in Leipzig, wendet sich nun auch die Leipziger Gruppe von „Health for Future“ an die Öffentlichkeit. Die Leipziger Ortsgruppe von Health For Future (H4F) macht logischerweise den Klimawandel für das vermehrte Auftreten von West-Nil-Fieber in Leipzig verantwortlich.

Die Medizinstudentin und H4F-Sprecherin Laura Jung meint dazu: „Klimawandel hat weitaus mehr Folgen als nur steigende Meeresspiegel. Milde Winter sowie übermäßig heiße und lange Sommer machen das Auftreten von hier bisher unbekannten Infektionserkrankungen wie West-Nil-Fieber wahrscheinlicher. Es ist aber nur Vorbote für weitere gesundheitliche Konsequenzen des Klimawandels. In den kommenden Jahren werden wir auch in Leipzig zunehmend unter neuartigen Infektionen und Extremwetterereignissen leiden.“

Die Medizinerin fordert daher: „Wenn wir den Erkrankungsfällen nicht nur hinterherlaufen wollen, muss der Klimawandel effektiver bekämpft werden.“

Übertragen wird das West-Nil-Virus „durch die in Deutschland weitverbreiteten Stechmücken der Gattung Culex (…) und verursacht bei etwa 20 Prozent der infizierten Menschen Symptome, hauptsächlich Fieber oder Hautausschlag“, so der „Spiegel“.

„Nachdem 2018 in Deutschland erstmals eine Zirkulation von WNV bei Vögeln und Pferden registriert wurde, wurden 2019 auch erstmals einige in Deutschland durch Mücken übertragene Erkrankungsfälle beim Menschen registriert“, berichtet das Robert-Koch-Institut.

Und es betont auch, dass die zunehmend wärmeren Temperaturen dem Virus das Überdauern in Deutschland erleichtern: „Sehr offensichtlich kann WNV auch in Deutschland überwintern. Es ist damit zu rechnen, dass sich WNV in Deutschland weiter etabliert und es in den kommenden Jahren – insbesondere in überdurchschnittlich warmen und längeren Sommern – zu weiteren mückenübertragenen WNV-Erkrankungsfällen auch bei Menschen hierzulande kommen wird.“

Im Januar beschäftigte sich in Leipzig der Tierärztekongress mit dem Thema, denn zuerst stecken sich meistens Tiere an.

„Die Klimaerwärmung könnte ein Grund für die zunehmende Verbreitung des sogenannten West-Nil-Virus in Mitteleuropa und neuerdings auch in Deutschland sein. Das aus Afrika stammende Virus befällt vor allem Vögel, die es durch ihre langen Flugstrecken auch in hiesige Gefilde einschleppen. Es wird durch Mücken übertragen und kann bei Menschen und Pferden die Tropenkrankheit West-Nil-Fieber auslösen“, hieß es in der Mitteilung zu einem Vortrag von Dr. Michael Sieg vom Institut für Virologie der Universität Leipzig.

Eine große Gefahr für Menschen sah man da noch nicht: „Während die Infektion beim Menschen meist harmlos verläuft und nur bei alten und immunschwachen Menschen Fieber, Kopfschmerzen und im schlimmsten Fall eine Gehirnhautentzündung auslösen kann, endet die Erkrankung bei Pferden und Vögeln oft tödlich. Im vergangenen Jahr wurden erstmals in Deutschland Vögel gefunden, die am West-Nil-Virus gestorben sind.“

Die Zahl der krank aufgefundenen Tiere hat sich deutlich vermehrt. Und auch Menschen in Mitteldeutschland erkranken nun deutlich öfter. Die Virologen befürchten nun, das sich das Virus weiter nach Süddeutschland ausbreitet.

Health for Future Leipzig wurde im September 2019 gegründet und ist ein Bündnis aus Mitarbeitern, Auszubildenden und Studierenden im Gesundheitswesen, das Fridays for Future bei seinem Kampf gegen den Klimawandel unterstützt. Der nächste globale Klimastreik findet am 25. September unter dem Motto #KeinGradWeiter auch mit Aktionen in Leipzig statt.

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Keine Kommentare bisher

“Klimakrankheit”?
Noch nie gehört.
Vielleicht sollte sich die LIZ diesen Begriff schützen lassen…

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