Es ist ja nicht so, dass die demografische Entwicklung etwas so völlig Überraschendes ist. Für den vor-vorletzten Ministerpräsidenten von Sachsen, Georg Milbradt (CDU) war sie sogar ein Thema, das er ernst nahm – auch wenn daraus nie eine zukunftsfähige Politik geworden ist. Aber schon sein Nachfolger negierte es völlig. Und seitdem werden überall die Folgen des Nicht-Gestaltens sichtbar. Mittlerweile auch massiv im Gesundheitswesen. Ein Thema, das Susanne Schaper (Die Linke) geradezu verzweifeln lässt.

Denn die Folgen dieses Nicht-Gestaltens treffen ja nun einmal genau jene Menschen am härtesten, die den schlechtesten Zugang zu Gesundheitsangeboten haben.

Am Mittwoch, 8. August, hat Susanne Schaper, Sprecherin für Gesundheits- und Sozialpolitik der Linksfraktion im Sächsischen Landtag, ein Forderungspapier ihrer Fraktion zum Doppelhaushalt 2019/2020 vorgestellt. Darin fordert die Linksfraktion einerseits, den kaputtgesparten öffentlichen Gesundheitsdienst neu aufzubauen. Er soll Krankheiten verhindern, die Gesundheit der Gesellschaft fördern und die Lebenserwartung verlängern. Andererseits schlägt die Linksfraktion eine Reihe von Maßnahmen vor, um die Gesundheitsversorgung – etwa im Bereich Altenpflege – zu verbessern. Es gilt vor allem, die Grenzen zwischen dem ambulanten und stationären Sektor durch Kooperation zu überwinden.

„Die Landesregierung kommt ihrer Verantwortung, das Gesundheitswesen zu steuern und für dessen Finanzierung zu sorgen, nicht nach. Ministerin Klepsch ist vor allem damit beschäftigt, die Probleme zu ignorieren und gebetsmühlenartig zu wiederholen, wie großartig die Landesregierung arbeitet. So bleiben Aufgaben unerledigt – etwa eine bessere Investitionsfinanzierung der Krankenhäuser. Zudem regiert der Irrglaube, staatliche Gesundheitspolitik müsse erst handeln, wenn Menschen schon krank sind“, kritisiert Susanne Schaper die Politik der Sozialministerin.

„Dementsprechend wird der Öffentliche Gesundheitsdienst seit Jahren vernachlässigt. Er ist zu schlecht ausgestattet, um Präventionsmaßnahmen wie Untersuchungen im Kindesalter oder Impfungen durchzuführen oder ‚Landarztpraxen‘ zu unterstützen. Die Kontrolldichte in Heimen und Einrichtungen ist zu gering, Hilfe-, Beratungs- und Präventionsangebote etwa für Kinder und Jugendliche fehlen. Dabei könnte bessere Prävention hohe Folgekosten vermeiden.“

Krankenkassen bezahlen zwar viele Präventionsangebote. Wenn aber das Netz ärztlicher Ansprechpartner fehlt, die alle Versicherten – nicht nur die schon Kranken – zur richtigen Gesundheitsprävention beraten und ihnen die richtigen Angebote nahelegen, nutzt das alles wenig. Dann nehmen doch wieder nur diejenigen die Präventionsangebote wahr, die schon bestens informiert sind und kurze Wege haben. Und die anderen landen dann – oft erst nach einer gesundheitlichen Leidensgeschichte – in Behandlungsmaßnahmen, die deutlich teurer und langwieriger sind.

„Wir wollen deshalb ein Landesinstitut für den öffentlichen Gesundheitsdienst errichten“, sagt Schaper. „Es soll die Gesundheitsämter fachlich anleiten und die Staatsregierung beraten, insbesondere zu Gesundheitsberichterstattung und Planung, Gesundheitsförderung und Prävention, Hygiene, Epidemiologie, Bekämpfung von Krankheiten, Arzneimittelsicherheit und Verbraucherschutz.“

Aber dann schaut sie sich den Entwurf für den neuen Doppelhaushalt 2019/2020 des Landes an und sieht: Auch hier gibt es wieder keine nachhaltigen Ansätze, auch nicht in der Gesundheitsversorgung, die ja auch in ausgedünnten ländlichen Regionen gesichert werden muss. Gerade dort spielt die Überalterung auch für das Gesundheitswesen eine immer wichtigere Rolle.

„Schon der erste Blick in den Haushaltsentwurf lässt mich daran zweifeln, dass die Landesregierung die nötigen großen Projekte anpacken will. Stattdessen will sie zum Beispiel weniger Geld für Ausbildungszuschüsse in der Altenpflege ausgeben“, kritisiert Schaper. „Das ist falsch – wir müssen doch Fachkräfte gewinnen und halten! Dazu muss der Freistaat genug staatliche Ausbildungsplätze schaffen, das Schulgeld für private Ausbildungsstätten unbürokratisch erstatten sowie für entlastende Arbeitsbedingungen und höhere Einkommen sorgen.“

Da diskutieren Kassen, Pflegeverbände und Kommunen nun seit Jahren über das Thema, sehen den Personalmangel absehbar auf die Pflegebranche zukommen. Doch die Landespolitik in Sachsen duckt sich weg.

Ein Unding, findet Susanne Schaper: „Wir wollen eine verbindliche Personalmindestausstattung und einen flächendeckenden Tarifvertrag für die Pflege. Wie das Statistische Landesamt berechnet hat, muss Sachsen bis 2030 in der Pflege 16.000 Vollzeitstellen besetzen. Auch sollen die Kommunen im Bedarfsfall eigene Pflegeheime betreiben können.“

Denn natürlich wird das Thema Pflege in einer Gesellschaft, in der immer mehr alte Menschen leben, immer wichtiger. Aber nicht einmal das scheint Sachsens Regierung auf dem Schirm zu haben und die immer so gern zitierte Überalterung zu einem Schwerpunkt in der eigenen Politik machen zu wollen.

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