Eigentlich hat Dr. Dietmar Pellmann, Landtagsabgeordneter der Linken, gar keine Antwort bekommen, als er am 10. Juni von Sozialministerin Christine Clauß (CDU) eine Antwort auf seine kleine Anfrage vom 15. Mai bekam. Er hatte sich nach den geschlossenen Arztpraxen in Sachsen seit 2005 erkundigt. Zahlen bekam er. Aber nur die Hälfte.

Die hat es auch schon in sich, stellt Dr. Dietmar Pellmann fest. “Seit Jahren haben wir immer wieder auf den sich verschärfenden Ärztemangel in Sachsen hingewiesen und die Staatsregierung zu dringendem Handeln aufgefordert. Viel zu spät wurden unsere Warnsignale erhört, ohne dass es bis zum heutigen Tag zu tragfähigen Lösungen gekommen wäre. Wie anders wären die nunmehr veröffentlichten Angaben, insbesondere zu den Hausarztpraxen, zu interpretieren”, fragt er nun erschrocken. Denn besonders auffällig ist das Bild bei den Hausärzten, den Ärzten, die für jeden Patienten in der Regel der erste Anlaufpunkt und der eigentliche Begleiter im Leben mit Krankheit und Gesundheit sind.

“Fanden 2008 immerhin noch 58,3 Prozent der in den Ruhestand gegangenen Hausärzte einen Nachfolger für ihre Praxis, so waren es 2012 nur noch 35,8 Prozent. Allein im vergangenen Jahr wurden somit in Sachsen 34 Hausarztpraxen geschlossen”, stellt Pellmann fest. 2011 waren es 33, 2010 schon mal 45. Man kann regelrecht zuschauen, wie das Netz der Hausarztpraxen in Sachsen immer mehr ausdünnt.

“Angesichts der Zahlen müssten bei der Staatsregierung endlich die Alarmglocken laut schrillen, denn in den nächsten Jahren dürfte sich das Praxissterben, besonders im ländlichen Raum, fortsetzen. Schon heute liegt der Altersdurchschnitt sächsischer Hausärzte bei 51 Jahren”, mahnt Pellmann. Aber wird das Gehör finden in einer Regierung, die gerade alle Bereiche ihrer Zuständigkeit herunterfährt auf Schmalkost? Polizei, Justiz, Klinikpersonal, Hochschulpersonal, Schulpersonal …Dietmar Pellmann ist ein Idealist. “Die Staatsregierung muss endlich begreifen, dass sie selbst in der Mitverantwortung für die gesundheitliche Daseinsvorsorge steht und kann sich nicht allein auf den Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsens (KVS) berufen”, sagt er. “Deshalb müssen mehr Hausärzte an den Medizinischen Fakultäten der Universitäten in Leipzig und Dresden ausgebildet werden, was freilich die entsprechende Aufstockung bei der Zuweisung von Landesmitteln erfordert. Zudem sind generell die Rahmenbedingungen für die hausärztliche Tätigkeit wesentlich zu verbessern und neue Wege zu beschreiten. So brauchen wir zur Entlastung der Hausärzte ein flächendeckendes System von Gemeindeschwestern – nicht nur Modelle.”

Die Zahlen des Sozialministeriums zeigen aber auch, dass selbst Fachärzte oft Probleme haben, einen Nachfolger für ihre Praxis zu finden. In den letzten Jahren schwankte der Anteil der Facharztpraxen, für die eine Nachfolgerin oder ein Nachfolger gefunden wurde, zwischen 60 und 80 Prozent.

“Auch die Möglichkeiten, Ärzte im Angestelltenverhältnis zu beschäftigen, müssen ausgebaut werden, weil viele junge Absolventen das Risiko einer privaten Niederlassung scheuen”, meint Pellmann. Erwähnt aber auch in seinem kritischen Statement nicht, dass ihm das Sozialministerium nur die Hälfte der Zahlen geliefert hat. Die wichtigsten fehlen nämlich.

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“Angaben zu den Jahren 2005 sowie 2006 und den Landkreisen und Kreisfreien Städten liegen der Sächsischen Staatsregierung nicht vor”, heißt es in Antwort 2. Das heißt: Man weiß nicht einmal, wo die Praxen geschlossen werden. Nach diversen Meldungen der letzten Jahre kann man also nur vermuten, dass es vor allem Landarztpraxen und Praxen in kleineren Städten sind, die eines Tages, wenn Ärztin oder Arzt in Ruhestand gehen, einfach geschlossen bleiben. Aber genau das müsste eine Staatsregierung selbst zu erfahren bestrebt sein, wenn sie gegensteuern will. Aber das ist von der aktuellen Staatsregierung wohl ein bisschen zu viel verlangt.

Das Ergebnis ist eigentlich folgerichtig: Wer nach der verrammelten Schule, der versiegelten Polizeistation, der eingestellten Buslinie dann auch noch erfährt, dass nun auch “der Doktor” seine Praxis schließt, der fühlt sich noch viel mehr geneigt, seine sieben Sachen zu packen und in die noch funktionierenden Infrastrukturen in der Großstadt zu ziehen. Auch dadurch wird das Bevölkerungswachstum in Dresden und Leipzig befeuert.

Die Auskunft des Sozialministeriums an Dr. Dietmar Pellmann:
http://edas.landtag.sachsen.de/viewer.aspx?dok_nr=11974&dok_art=Drs&leg_per=5&pos_dok=-1

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