Ab dem 1. November tritt in Deutschland das neue Selbstbestimmungsgesetz in Kraft und ersetzt das seit 1980 geltende, stark kritisierte Transsexuellengesetz. In Leipzig sorgt diese Entwicklung für große Resonanz – sowohl in der LGBTQ-Community als auch in der Politik.
Das neue Gesetz macht es Menschen einfacher, ihren Geschlechtseintrag selbstbestimmt zu ändern. Bislang war dieser Prozess oft entwürdigend und kostspielig. Die Betroffenen mussten sich psychiatrischen Gutachten unterziehen und Fragen über intime Details ihres Lebens beantworten, wie etwa nach ihrer Unterwäsche oder ihrem Sexualverhalten. Diese Praxis führte häufig zu Protesten von Betroffenen und Menschenrechtsorganisationen, die darin eine Verletzung der Menschenwürde sahen.
Nicht nur die Entbürokratisierung, sondern auch die erheblich niedrigeren Kosten stoßen jetzt auf breite Zustimmung. Konnte der Prozess früher bis zu 1.650 Euro kosten, liegen die Gebühren für die neue Anmeldung bei gerade einmal etwa 38 Euro.
Sprunghafter Anstieg der Anmeldungen in Leipzig
Dass das neue Gesetz dringend nötig war, zeigt sich auch an den aktuellen Anmeldezahlen. In Leipzig meldeten sich bis Ende August rund 450 Menschen zur Änderung ihres Geschlechtseintrags an – eine beeindruckende Zahl im Vergleich zu früheren Jahren. Bis Mitte September waren es laut der LVZ bereits 528, und Ende des Monats berichtete der MDR von über 600 Anmeldungen.
Im bundesweiten Vergleich hat Leipzig die mit Abstand höchsten Anmeldezahlen. Während größere Städte wie München und Köln rund 300 Anmeldungen verzeichneten, führt Leipzig mit einer Quote von 73 Anmeldungen pro 100.000 Einwohner*innen die Statistik an.
Aber woran liegt das? Eventuell an finanziellen Gründen, sagte Psychologe Alexander Röbisch-Naß gegenüber dem MDR. Leipzig sei eine recht junge und auch recht studentisch geprägte Stadt. „Auch in meinen sonstigen Behandlungen im medizinischen Kontext sind viele der Personen Anfang bis Mitte 20. Gerade da ist das Thema Geld eine sehr relevante Sache.“ Die meisten konnten sich den alten Weg schlichtweg nicht leisten.
Auch Gabriel_Nox Koenig vom Bundesverband „Trans*“ hat eine Vermutung: „Viele queere Personen, die das Gefühl haben, in der Region, in der sie aufwachsen, ist wenig Raum für queeres Leben, ziehen nach Leipzig.“ Gleichzeitig gebe es in Leipzig zum Beispiel mit dem Verein „Rosalinde“ auch Anlaufstellen.
Ein längst überfälliger Wandel
Während Leipzig in Sachen Anmeldungen weit vorne liegt, sind die Zahlen in anderen mitteldeutschen Städten wie Magdeburg und Erfurt deutlich niedriger. Magdeburg zählte Ende September etwa 50 Anmeldungen, Erfurt rund 62. In Dresden waren es 255.
Mit dem neuen Selbstbestimmungsgesetz wird in Deutschland ein lang überfälliger Wandel eingeleitet. Der vereinfachte und weniger belastende Prozess zur Änderung des Geschlechtseintrags wird in Leipzig besonders stark angenommen. Die hohe Zahl der Anmeldungen zeigt, wie groß der Bedarf nach einer unbürokratischen Lösung war.
Es gibt 2 Kommentare
Korrektur: “nicht bestehenbleibt” sollte das heißen
Aber nicht vergessen, dass die Sache mit der Änderung im Spannungs- und Verteidigungsfall bestenbleibt, also bei Männern, die keine mehr sein wollen. Die sind’s dann doch wieder.