Wie so oft werden die Dunkelziffern auch beim Thema Sucht deutlich höher ausfallen, als offizielle Statistiken wiedergeben können. Der Suchtbericht der Stadt Leipzig beispielsweise bezieht sich auf die Daten der Beratungsstellen in der Stadt. Hier werden also nur die Abhängigen verzeichnet, die den Schritt gegangen sind, sich ihre Sucht einzugestehen und sogar Hilfe zu suchen.
Dennoch ist der Suchtbericht ein erster Schritt, um einen Überblick über die Situation in Leipzig zu bekommen. 3.685 Menschen mit Drogenproblemen, Glücksspielsucht oder übermäßigem Medienkonsum wurden im Jahr 2021 in Leipzig betreut. Die weiterhin größte Abhängigkeit: Alkohol (43 % der Hauptdiagnosen).
Männlich, mittleres Alter, arbeitslos
Auch wenn immer wieder auf die hohe Zahl der nicht verzeichneten Konsument*innen hingewiesen werden muss: Geschlecht, Alter und Einkommen scheinen bei Sucht und Alkoholabhängigkeit eine große Rolle zu spielen. So ist rund zwei Drittel der Personen mit Alkoholproblemen männlich, ein Drittel weiblich. Andersherum sieht es bei den Angehörigen aus: In den Beratungsstellen wurden 2021 auch 452 Verwandte und Bekannte von Abhängigen betreut. Davon 330 weiblich.
Die Mehrzahl der Klient*innen in den Beratungsstellen ist zwischen 30 und 50 Jahre alt. Während in den unteren Altersklassen eher Drogenabhängigkeit eine Rolle spielt, überwiegt in den höheren Lebensaltern ab 50 Jahren aufwärts die Alkoholproblematik. Ein Trend, der sich seit vielen Jahren fortsetzt.
Genauso wie der große Anteil der als arbeitslos gemeldeten Klient*innen: ein altbekannter Teufelskreis. 1.360 der 3.685 Abhängigen in Leipzig bezieht Arbeitslosengeld. Diese Gruppe wird gefolgt von der Gruppe der Berufstätigen (rund 1.200). Danach reihen sich Schüler*innen und Studierende (400) ein. Beim Einkommen und der Berufssituation der Klient*innen unterscheidet der Suchtbericht nicht in die einzelnen Abhängigkeiten.
Isoliert mit der Sucht
„Die Auswirkungen der Coronapandemie und der damit einhergehenden Kontaktbeschränkungen stellten alle Anbieter suchtpräventiver Projekte auch 2021 vor erhebliche Herausforderungen. Die Projekte konnten im zweiten Jahr in Folge nicht die Zahlen der Vorjahre erreichen“, so das Fazit der Stadt Leipzig.
So können die rückläufigen Zahlen der Alkoholabhängigen (2021: 1.520, 2020: 1.579, 2019: 1.612) kaum als Erfolg gewertet werden. Vielmehr suchten sich während der Coronapandemie weniger Leute Hilfe, hatten weniger soziale Kontakte und isolierten sich stärker – gemeinsam mit ihrer Sucht.
Neben den Beratungsstellen und Nachsorgeprojekten liegt ein Fokus der Leipziger Sucht- und Drogenpolitik auf der Straßensozialarbeit und Präventionsprojekten. So wurden 2021 aufsuchende Angebote mit dem Hilfebus weiter ausgebaut. Die Streetwork-Teams für Erwachsene haben insgesamt 14.380 Kontakte gezählt, von denen der Großteil mit wohnungs- und obdachlosen Personen stattfand.
Die präventiven Jugendschutzprojekte haben vor zwei Jahren 3.630 Kinder und Jugendliche erreicht.
„Alkoholsucht in Leipzig: Allgemeine Lage und Hilfsangebote“ erschien erstmals zum thematischen Schwerpunkt „Sucht“ im am 30. April 2023 ersten ePaper LZ 112 der LEIPZIGER ZEITUNG. Der Schwerpunkt wird das Thema in allen denkbaren Facetten behandeln: Alkohol, Drogen, aber auch eher Unbekanntes wie Pornosucht. Und während die Debatte über die Legalisierung von Cannabis läuft, schauen wir zurück auf die Geschichte der Drogen quer durch die Zeitalter.
Sie wollen zukünftig einmal im Monat unser neues ePaper erhalten? Hier können Sie es buchen.
Keine Kommentare bisher