Da hatten sich schon einige Leipziger/-innen gefreut, als der Stadtrat im Juni 2021 beschloss, dass sich der Oberbürgermeister in der Trägerversammlung des Jobcenters dafür einzusetzen sollte, dass die Mehraufwandsentschädigung für die Arbeitsgelegenheiten von 1,75 auf 2,50 Euro erhöht werden sollte. Immerhin war schon in der Corona-Pandemie so einiges teurer geworden.
Und rückwirkend zum Jahresbeginn sollte es auch noch eine Nachzahlung geben. Aber das ist bis heute nicht passiert. Aber nicht, weil die zuständigen Dezernate Soziales, Gesundheit und Vielfalt sowie Wirtschaft, Arbeit und Digitales nicht tätig geworden wären.
Es blieb erst einmal bei 1,75 Euro
Sie haben den Auftrag des Stadtrates durchaus ernst genommen, teilt uns die Stadtverwaltung auf Nachfrage mit.
„Die Stadt Leipzig hat sich in der Trägerversammlung des Jobcenters mehrfach dafür eingesetzt und die Geschäftsführung damit beauftragt, eine Anhebung der AGH-MAE-Pauschale zu prüfen und gegebenenfalls umzusetzen. Insbesondere sollte eine Prüfung unter Berücksichtigung der damals vorliegenden Inflationsrate, dem Lohnabstandsgebot, der angekündigten Mindestlohnanpassung und möglicher coronabedingter Mehraufwendungen erfolgen. Nach Prüfung entschied die Geschäftsführung des Jobcenters, die gegenwärtige Höhe der Mehraufwandsentschädigung in Höhe von 1,75 Euro/Stunde zunächst beizubehalten. Eine Überprüfung der Pauschale erfolgt durch das Jobcenter erneut zum 01.07.2022“, teilte uns die Stadt mit.
Die entscheidende Instanz, das festzulegen, so die Stadt, ist die Geschäftsführung des Jobcenters: „Die Entscheidung zur Höhe der Mehraufwandsentschädigung obliegt der Geschäftsführung des Jobcenters, da Sachverhalte im Zusammenhang mit der Bewirtschaftung von Eingliederungs- oder Verwaltungsmitteln nicht in die Zuständigkeit der Trägerversammlung fallen (vgl. § 44c SGB II).“
Da hatten wir dann auch ein paar Fragen an die Leitung des Jobcenters Leipzig. Und weil sie recht ausführlich beantwortet wurden, geben wir die Antworten hier vollständig wieder.
Die Antworten des Jobcenters Leipzig
Womit begründet die Geschäftsführung die Ablehnung? Sind es finanzielle Gründe? Steht nicht genug Geld bereit, um diese Erhöhung zu finanzieren?
Seit 2019 beträgt die Mehraufwandsentschädigungspauschale (MAE) im Jobcenter Leipzig 1,75 Euro pro geleisteter Teilnahmestunde. Die MAE soll die im Zusammenhang mit der Maßnahmeteilnahme entstehenden Mehraufwände ausgleichen. Die Beibehaltung der bezifferten MAE im Stadtgebiet Leipzig begründet die Geschäftsführung des Jobcenters Leipzig mit einer Reihe von Argumenten:
Die Fahrtkosten im öffentlichen Personennahverkehr sind im Zeitraum von 2019 bis 2022 bei Nutzung der Leipzig-Pass-Mobilcard (Sozialticket) nicht gestiegen. Sie liegen konstant bei 35,00 Euro/Monat. Zum 01.08.2021 gab es bei der LVB zwar eine Tarifanpassung (teilweise Preiserhöhungen für verschieden Einzeltickets), nachdem es 2020 keine Tarifanpassungen gab.
Aber die Leipzig-Pass-Mobilcard, für die viele SGB II-Kundinnen und -Kunden berechtigt sind, war davon nicht betroffen. Verändert hat sich der Preis für das Abo der Leipzig-Pass-Mobilcard, welche im Abo für mindestens ein Jahr von den berechtigten Personen bezogen werden muss und zwingend vom Konto abgebucht wird. Kosten hierfür fallen seit dem 01.08.2021 monatlich iHv 32,02 € (vorher 32,80 €) an.
Es fand insoweit sogar eine geringfügige Preissenkung statt. Dieses Abo nutzen befristet Beschäftigte allerdings auch eher selten. Die Fahrtkosten im öffentlichen Personennahverkehr blieben daher seit der letzten MAE-Anpassung unverändert und stellen keine Mehrbelastung dar.
Zudem ist bei der Bemessung der Mehraufwandsentschädigung das Lohnabstandsgebot zu berücksichtigen (siehe hierzu die Beantwortung zu Frage 4).
Zum Ausgleich der mit der COVID-19-Pandemie im Zusammenhang stehenden Mehraufwendungen erfolgte 2021 eine Einmalzahlung iHv 150,00 Euro für Leistungsberechtigte nach dem SGB II. Auch für 2022 ist eine Einmalzahlung iHv 100,00 € vorgesehen.
Diese Leistung kann beispielsweise für den Kauf von Masken verwendet werden oder soll hierfür bereits getätigte Aufwendungen ausgleichen. Bei der Teilnahme an einer Arbeitsgelegenheit wurden zudem erforderliche Hygiene-Mehrbedarfe aufgrund entsprechender Konzepte von den Trägern bereitgestellt und vom Jobcenter Leipzig über die Maßnahme-Kostenpauschale finanziert. Maßnahmeträger können zudem einen Mehraufwand für die Ausgabe von medizinischen bzw. FFP2-Masken beim Jobcenter Leipzig geltend machen.
Von dieser Möglichkeit machten die Maßnahmeträger bis zum jetzigen Zeitpunkt in keinem Fall Gebrauch. Schnelltests stehen jeder Bürgerin und jedem Bürger wöchentlich kostenlos in den Testzentren im Stadtgebiet zur Verfügung. Zu beachten ist insoweit, dass Teilnehmende an einer Arbeitsgelegenheit keine anderen pandemiebedingten Mehrbelastungen haben als die übrigen Kundinnen und Kunden der Grundsicherung.
Zusätzlich ist die allgemeine Teuerungsrate, welche sich auch auf Hygieneartikel und Ernährungskosten auswirkt, zu berücksichtigen. Durch eine jährliche Anpassung des Regelsatzes wird dem für alle Leistungsberechtigten nach dem SGB II Rechnung getragen. Der Regelsatz wurde zuletzt zum 01.01.2022 entsprechend angepasst bzw. angehoben.
Finanzielle Entlastungen sind überdies im SGB II-Leistungsbezug allgemein durch die Befreiung von GEZ-Gebühren, durch den Anspruch auf Leistungen zur Bildung und Teilhabe sowie den Anspruch auf den Leipzig-Pass für Leistungsberechtigte gegeben.
Finanzielle Mittel zur Finanzierung der Maßnahmeeintritte stehen im Jobcenter Leipzig im notwendigen Umfang zur Verfügung und sind kein ausschlaggebender Grund für eine Nichterhöhung der MAE. Die ausschlaggebenden und damit zu beachtenden Gründe sind obig aufgeführt.
Sind die vorgebrachten Argumente für die Erhöhung nicht plausibel genug? Sind erhöhte Kosten, etwa durch Corona-Schutzmaßnahmen oder steigende Lebenshaltungskosten, nicht ausschlaggebend für die Erhöhung? Und wenn ja: Was kann eine Erhöhung der Pauschale überhaupt begründen?
Die Geschäftsführung des Jobcenters Leipzig hält aufgrund der obig benannten Gründe weiterhin an der getroffenen Entscheidung zur Beibehaltung der Höhe der Mehraufwandsentschädigung von 1,75 €/Stunde fest und nimmt die nächste turnusmäßige Überprüfung für das Jahr 2023 im Juli 2022 vor.
Wie viele Personen bekommen überhaupt im Schnitt so eine Aufwandsentschädigung? Wie haben sich die Zahlen in den vergangenen fünf Jahren entwickelt?
Würden sich nicht mehr Menschen für diese 1-Euro-Jobs bereitfinden, wenn die Entschädigung höher ausfiele? Oder würde der Effekt aus Sicht des Jobcenters der falsche sein und eher eine Eingliederung in den 1. Arbeitsmarkt verhindern?
Eine MAE soll keinen finanziellen Anreiz für Betroffene darstellen, in eine AGH-Maßnahme zu gehen. Mit der MAE sollen Teilnehmende ausschließlich ihre zusätzlichen Kosten decken können, die durch die Teilnahme entstehen. Aus diesem Grund wird die MAE auch nicht auf das Arbeitslosengeld II angerechnet.
Darüber hinaus sollte beachtet werden, dass mit einer weiteren Erhöhung der MAE bei Arbeitsgelegenheiten im Sinne eines Anreizes eine Unverhältnismäßigkeit in Bezug auf eine Beschäftigung auf dem regulären Arbeitsmarkt entsteht. Es würde zu einer erheblichen Verzerrung kommen, wenn die MAE rechnerisch dazu beiträgt, hier Anreize falsch zu setzen. Im regulären Arbeitsmarkt werden keine Aufwandsentschädigungen gezahlt.
Insbesondere von Kundinnen und Kunden, die ergänzend zu ihrer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung aufstockend Grundsicherungsleistungen beziehen (müssen), könnte eine höhere MAE in den AGHs als eine Ungleichbehandlung im Vergleich zur eigenen, sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung wahrgenommen werden.
Wie bereits obig aufgezählt, ist insoweit bei der Bemessung der MAE das Lohnabstandsgebot zu berücksichtigen. Eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung soll hiernach (auch unter Mindestlohnbezug) rechnerisch nicht hinter einer Maßnahmeteilnahme mit MAE im laufenden SGB II-Leistungsbezug (Regelsatz + übernahmefähige Kosten für Unterkunft und Heizung + monatliche MAE) zurückstehen.
Mit der Beibehaltung der Höhe der Mehraufwandsentschädigung bei Arbeitsgelegenheiten von 1,75 Euro/Stunde zielt das Jobcenter Leipzig darauf ab, weiterhin Anreize für die Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zu schaffen.
Wie wollen Sie künftig mit dem Ansinnen der Stadt und der Ratsversammlung umgehen? Werden Sie das Gespräch suchen, um eine gemeinsame Lösung zu finden oder kommen Erhöhungen der Aufwandsentschädigung aus Ihrer Sicht prinzipiell nicht infrage?
Die nächste turnusmäßige Überprüfung der Höhe der MAE für Arbeitsgelegenheiten erfolgt im Juli 2022 für das Jahr 2023.
Keine Kommentare bisher
Hallo, ich bin Teilnehmer in einer AGh. Ich könnte das Geld gut gebrauchen. Denn ich gehe meinen Möglichkeiten zugrundeliegende arbeiten. Immer das selbe die Frau die das beim Jobcenter entscheiden soll kriegt ein bombengehalt hat alle Vergünstigungen usw. Die weiss gar nicht wie der kleine Mann wirklich lebt. Die Frechheit die Regelsatzerhöhung im Januar um drei Euro ist ausreichend. Die lebt in ihrer eignen Welt. Sowas müsste sofort entlassen werden weil sie ist für die ärmsten zuständig und ist da fehl am Platz. Das schlimme ist die fallen nie nach unten sondern steigen immer weiter auf. Die sollte sich schämen!!!!!! Das macht mich so wütend. Hoffentlich macht die Linke politisch weiter Druck und auch das Rathaus. Zur Not muss mann dann ein paar Wochen vor ihren Büro demonstrieren mit Schildern und Presse. Da wäre ich ja mal gespannt. Da geht es dann wahrscheinlich. Zu sagen alles ist abgedeckt ist rotzfrech. Wir haben 9% Inflation. Schämen Sie sich!!!!!!!