2021 ist ein Krisenjahr, genauso wie 2020 ein Krisenjahr war und 2022 mit Sicherheit auch ein Krisenjahr sein wird. Und dabei sprechen wir von Menschheitskrisen, von einem Kollektiv-Burnout unserer globalisierten Gesellschaft, der langsam aber sicher Menschen von innen heraus auszubrennen scheint und uns alle an unsere physischen und mentalen Grenzen bringt.

Wir leben in einer Pandemie, der wir nicht gewachsen zu sein scheinen und nehmen gleichzeitig die Ausmaße der fortschreitenden Klimakrise wahr, ohne der bevorstehenden Katastrophe etwas entgegenzustellen. Vor unseren Augen geht eine Dystopie auf und immer wieder bestätigen uns Politik und Gesellschaft, dass wir noch nicht bereit sind, konsequent dagegen vorzugehen.

Dieses Jahr meinte mein Opa zu mir, er habe sich damit abfinden müssen, dass die Gesellschaft sich nicht ändern wird, dass Menschen zu egoistisch seien, um im großen Rahmen solidarisches Handeln einzufordern und diese Krisen aufzuhalten. Darüber habe ich lange nachgedacht. Bin ich also naiv, wenn ich von einer solidarischen und verantwortungsvolleren Gesellschaft träume? Ist das ein Symptom mangelnder Lebenserfahrung? Was wäre denn die Alternative?

Ich bin 17 Jahre alt und aufgeben hieße für mich schlichtweg zu akzeptieren, dass meine Generation keine lebenswerte Zukunft auf diesem Planeten haben kann. So wie Millionen Jugendliche im globalen Süden schon heute keine Perspektive mehr haben. Deshalb träume ich von Veränderung.

Zeitung
Die letzte LZ des Jahres 2021, Nr. 97 Titelblatt. Foto: Screen LZ

Ich wünsche mir für das Jahr 2022, dass die Gesamtgesellschaft endlich aufhört, die Augen zu verschließen und wieder hinzuschauen beginnt. Denn nur, wenn wir die verschiedenen Krisen in all ihren Facetten wahrnehmen, können wir auch effektiv dagegen vorgehen.

Ich sehe darin die Chance zum Bessermachen und glaube fest daran, dass wir gemeinsam die dafür nötige Kraft aufbringen können: Zusammen beim Protest auf der Straße, in kritischen Diskussionen und indem wir als Gesellschaft beginnen, die Verantwortung für unser Handeln selbst zu tragen. Wir können von der Straße den nötigen Druck ausüben, um Politik, Wirtschaft und Industrie zum klimagerechten Wandel zu zwingen.

Ich wünsche mir, dass unsere Entscheidungen und Handlungen endlich durch den Solidaritätsgedanken motiviert werden. Dass am Anfang unserer Debatten nicht mehr nur Wirtschaft und Fremdenfeindlichkeit stehen, sondern ernsthaft versucht wird, Menschen jeglicher Herkunft und Nationalität mit Respekt und Wertschätzung entgegenzutreten. Wir sind mehr als reine Konsumierende. Wir haben die Möglichkeit, unsere Stimmen zu nutzen, wenn wir Ungerechtigkeiten begegnen.

Träume ich von 2022, so sehe ich viele bunte und laute Proteste einer aufgeklärten und offenen Gesellschaft, die sich nicht mehr mit dem „Alles ist gut“-Narrativ begnügen will. Doch für Protest braucht es Hoffnung und für Hoffnung braucht es Träume. Ich bin jeden Tag dankbar, dass ich noch träumen kann und ich hoffe, Sie können das auch. Wir sehen uns nächstes Jahr auf der Straße!

Mehr aktuelle Träume auf L-IZ.de, in der Coronakrise 2021 und aus den letzten Jahren

„Wenn Leipziger/-innen träumen: Wir müssen mehr träumen! “ erschien erstmals am 17. Dezember 2021 in der aktuellen Printausgabe der Leipziger Zeitung (LZ). Unsere Nummer 97 der LZ finden Sie neben Großmärkten und Presseshops unter anderem bei diesen Szenehändlern.

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