In den Städten und Gemeinden rund um Leipzig putzen Initiativen und engagierte Bürger/-innen am 9. November Stolpersteine. Die Messingtafeln auf Gehwegen und Plätzen erinnern an Menschen, die von den Nationalsozialisten verfolgt, deportiert, gefoltert und ermordet wurden. Mit dem Putzen soll auch in Geithain, Bad Lausick, Colditz, Wurzen und Borna der Opfer des Nationalsozialismus und der Reichspogromnacht 1938 gedacht werden.
Geithain: Neues Bewusstsein für Gedenken
Schüler/-innen der Paul-Guenther-Schule in Geithain putzen ab 13:30 Uhr die Stolpersteine in der Stadt. Es ist dem Engagement einer Gruppe von Neuntklässler/-innen zu verdanken, dass Mitte April der Stolperstein für Paul Weise und damit der fünfte Stein in Geithain verlegt worden ist.
Während die Schüler/-innen dafür als „Beste Neunte“ eine Auszeichnung der Industrie- und Handelskammer Leipzig erhalten haben, stößt das Gedenken in der Stadt auf Anfeindungen. Der Stolperstein ist allein im ersten Monat nach seiner Verlegung dreimal beschädigt worden.
Marcus Stöver vom Flexiblen Jugendmanagement Landkreis Leipzig hat das Stolpersteinprojekt begleitet. „Natürlich war das ein großer Schock, dass der Stein so kurzfristig und mit so einer Vehemenz beschädigt wurde“, berichtet er, „bei den Schüler/-innen hat sich dadurch noch mal ein ganz anderes Problembewusstsein entwickelt, sowohl für solche Projekte als auch für Gedenken im Allgemeinen.“
Filmgespräche in Bad Lausick und Colditz
Das Flexible Jugendmanagement Landkreis Leipzig ist außerdem am gemeinsamen Stolpersteine-Putzen ab 14:30 Uhr in Bad Lausick und ab 17 Uhr Colditz beteiligt. In Bad Lausick wird anschließend im Jugendhaus der Film „Eine Reise gegen das Vergessen“ gezeigt, der an den jüdischen Sportverein „SK Bar Kochba“ erinnert. „Danach gibt es noch ein Filmgespräch“, erklärt Marcus Stöver, „so wird der Bogen gespannt zu Antisemitismus, historischem und heutigem.“
In Colditz wird im Anschluss an das Stolpersteine-Putzen der Film „Masel Tov Cocktail“ gezeigt. Beide Veranstaltungen finden Stöver zufolge mit 2G-Regelung statt.
Friedensgebet in Wurzen
In Wurzen ist es laut Melanie Haller vom Netzwerk für Demokratische Kultur seit Jahren Tradition, die insgesamt 19 Stolpersteine zu putzen. Bürger/-innen, Kirchgemeinden, Vertreter/-innen aus Parteien und Stadtrat und der Oberbürgermeister unterstützen das Gedenken. Allerdings komme es auch jedes Jahr vor, dass die Steine geschändet werden, berichtet Haller.
Das Gedenken soll in diesem Jahr um 18 Uhr auf dem Marktplatz beginnen. Aufgrund der neuen Corona-Schutzverordnung müssen Blumen und Kerzen wahrscheinlich ähnlich wie im letzten Jahr individuell an den Stolpersteinen niedergelegt werden, erklärt Melanie Haller.
Damit rechnet auch Alexander Wieckowski, Pfarrer der evangelischen Gemeinde. Ein gemeinsames Gedenken sei jedoch ab 19 Uhr im Dom St. Marien möglich, sagt Wiechowski: „Das Friedensgebet findet auf alle Fälle statt. Das ist ein Gottesdienst, der für alle offen ist.“ Dabei gelte das Hygienekonzept der Kirchgemeinde.
Borna: Stolpersteine putzen im kleinen Kreis
Auch Inya-Tinko Rabold, Jugendreferent der Stadt Borna, nennt das Putzen der Stolpersteine in der Stadt, die 2009 vor dem ehemaligen Kaufhaus Britania für die jüdische Familie Rose verlegt worden sind, eine Tradition. Ab 18 Uhr lesen Mitglieder des Kinder- und Jugendparlaments Texte von Zeitzeugen vor, es gebe Musik, Reden und Gebete. Damit wolle man auch in diesem Jahr nicht brechen.
„Das ist ein Termin an der frischen Luft. Wir werden darauf achten, dass die Abstände eingehalten werden und die Gäste, wenn es notwendig ist, Masken tragen“, erklärt Rabold, „Positiv betrachtet sind es immer dieselben zwanzig bis vierzig Gesichter, die teilnehmen. Wir kriegen das hin, ohne dass wir ein Hotspot sind.“
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