Es ist eine durchaus nicht einfache Diskussion, die da ganz zum Anfang mit der Debatte über Ernst Pinkert und die Völkerschauen im Leipziger Zoo begann und dann im Frühjahr 2021 auch die Dschungelnächte im Leipziger Zoo zum Thema machte. Diese Debatte initiierte vor allem der Migrantenbeirat. Wird im exotischen Blick auf die auftretenden Künstler/-innen nicht wieder der alte Kolonialherren-Blick sichtbar?

Die Frage lässt sich nicht wirklich einfach beantworten. Denn natürlich wehrten sich auch die zu den afrikanischen Abenden im Zoo auftretenden Gruppen und Künstler/-innen. Denn in der Regel leben die Künstler/-innen schon lange in Deutschland, verleugnen aber ihre Herkunft nicht und sehen auch ihre Arbeit darin, den Besucher/-innen dieser Veranstaltungen die Kultur Afrikas oder Südamerikas nahezubringen.Sie fühlen sich vom Aufruf des Migrantenbeirats vereinnahmt. Ihre Auftritte sehen sie als „authentische Vermittlung von traditioneller Kultur und Lebensfreude“.

Der Offene Brief der Copacabana Sambashow aus Berlin.

Und die wenigsten Leipziger/-innen werden die Möglichkeit haben, die afrikanischen Kulturen bei einer Reise in eins oder mehrere afrikanische Länder direkt vor Ort kennenzulernen. Die Briefe mahnen auch innerhalb der migrantischen Kulturen zu mehr Respekt untereinander. Nicht alle schotten sich ab. Manche – so auch die Copacabana Sambashow aus Berlin – werben für den Respekt vor den aus der Kolonialzeit stammenden Traditionen als Kunstform. „Wir sind keine naiven Schaustücke in den Händen eines diskriminierenden Auftraggebers!“

Hier überlagern sich tatsächlich die Sichtweisen und Diskussionen, die auch in den unterschiedlichen migrantischen Gemeinschaften unterschiedlich diskutiert werden. Und oben drüber liegt dann tatsächlich die noch längst nicht ausdiskutierte Sicht der Deutschen auf die eigene Kolonialgeschichte und den eigenen Rassismus, der sich in der Vergangenheit – siehe Völkerschauen – gern als exotisch verkleidete, aber immer die Abwertung der als exotisch gezeigten Kulturen implizierte.

Sehen wir also mit Respekt den Künstler/-innen zu, wenn sie uns Tänze und Gesänge aus Afrika und Südamerika nahebringen? Lassen wir uns also von einer künstlerischen Darbietung in den Bann schlagen? Oder sitzen wir noch immer mit dem alten abwertenden Blick der Kolonialisten im Publikum?

Das ist so einfach nicht zu entscheiden. Schwerer jedenfalls, ob man sich von diesen Shows begeistern lassen kann.

Entsprechend zurückhaltend formuliert das Dezernat Kultur dann auch die Antworten auf ein Fragenpaket der Linksfraktion.

Die Fragen und Antworten

Wer organisiert und richtet die sogenannten „exotischen Abendveranstaltungen“ wie „Hakuna Matata Abend“ und das Afrika-Dinner aus?

Die Abendveranstaltungen im Zoo Leipzig sind Teil des Veranstaltungsprogramms des Zoo Leipzig und werden von diesem organisiert und durchgeführt.

Wie hoch ist der finanzielle Gewinn für den Zoo durch die Veranstaltungen im Verhältnis zum Jahresgesamtumsatz?

Die Veranstaltungen erwirtschaften einen Deckungsbeitrag von ca. 70.000 Euro pro Jahr, der wie alle eigenerwirtschafteten Beträge zur Kostendeckung des Zoobetriebs eingesetzt wird. Die Veranstaltungen laufen weitestgehend kostendeckend. Sie sind als Bestandteil des ganzheitlichen Erlebnis- und Bildungskonzeptes des Zoos zu sehen.

Wie und nach welchen Kriterien erfolgt das Booking der Künstler/-innen, haben die Künstler/-innen feste Arbeitsverträge bzw. werden Honorare gezahlt, wenn ja in welcher Höhe? Welche sozialen Sicherungen gibt es für die Auftragnehmer/-innen/Arbeitskräfte?

Künstler, die im Zoo auftreten, werden unabhängig ihrer Nationalität und Herkunft für die jeweiligen Veranstaltungen engagiert – meist über eine Künstleragentur oder -vertreter, mit denen (nicht zuletzt aus arbeitsrechtlichen und steuerrechtlichen Gründen) stets Verträge abgeschlossen werden. In das Binnenverhältnis der Agenturen und Künstler hat der Zoo keinen Einblick.

Welchen Mehrwert sieht der Zoo im Sinne seines Bildungsauftrages in der Durchführung der umstrittenen Abendveranstaltungen? Welche Aspekte dieser Veranstaltungen vermitteln ausgewogenes Wissen über den Kontinent Afrika, seine Länder, Bewohner/-innen, Geschichte und soziale Realität?

Kulturelle Veranstaltungen zeigen immer nur einen Ausschnitt eines komplexen Sachverhaltes – im Sinne der Zoo-Abendveranstaltungen wird der Bogen von der tagsüber erlebbaren Tierwelt über das Ambiente bis hin zur Vermittlung von spezifischen Kunstdarbietungen und Kulinarik geschlagen. Die Programme bzw. Aspekte, die die Künstler vorstellen, wählen sie eigenverantwortlich aus – der Zoo definiert lediglich den Rahmen von Ort und Zeit.

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Es gibt 2 Kommentare

Ist schon spannend, wenn man mündige Personen zu Rassismus-Opfern machen will, die sich selber gar nicht als Opfer von Rassismus sehen.

Und bei Rassismus kommt es ja gerade vor allem darauf an, ob er von den (vermeintlichen) Opfern überhaupt als solcher angesehen wird.

Sieht mir ganz so aus, als ob der Migrantenbeirat nicht mal mit den “fremden” Showgruppen selbst erstmal geredet hätte.

Der Einsatz gegen kulturelle Vereinnahmung in besten Ehren, aber in Berlin mit seinen diversen Opferdiskursen (ist ja nicht nur lesbischwul) ist man wesentlich weiter.

Dieses betreuende Denken für Opfergruppen sollte längst passé sein. Naja, Leipzig halt.

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