Die Motorrad-Saison ist zu Ende. Viele „heiße Öfen“ stehen eingemottet in den deutschen Garagen. Aber was ist mit denjenigen, die auch im Winter mit ihrem Zweirad „auf die Piste“ wollen oder müssen. Was müssen Motorrad-, Roller-, Vespa- oder Fahrradfahrer in der kalten Jahreszeit beachten, um sicher ans Ziel zu kommen?
Die sonnigen Tage sind vorbei. Die meisten Motorrad-Liebhaber haben ihr „Schätzchen“ schweren Herzens für die Wintermonate abgemeldet und es optimalerweise vorher winterfest gemacht. Doch einige Zweirad-Fans wollen oder müssen aufgrund fehlender Alternativen auch im Winter das Motorrad, den Roller oder die Vespa nutzen.
Dabei ist größte Vorsicht geboten. Denn selbst bei gutem Wetter sind Zweiradfahrer besonders gefährdete Verkehrsteilnehmer. Das Statistische Bundesamt gab bekannt, dass im Jahr 2019 exakt 28.426 Motorradfahrers auf deutschen Straßen verunglückten. Bei den Kleinkrafträdern gab es insgesamt 14.213 Unfälle. 542 Motorradfahrer kamen dabei ums Leben, 63 tödlich Verunglückte waren es mit einem Kleinkraftrad.
Diese Zahlen waren im Vergleich zum Vorjahr zwar deutlich rückläufig, eine andere Statistik belegt aber die besondere Gefährdung der Zweiradfahrer im Verkehr: Pro 100.000 zugelassener Motorräder verstarben im Schnitt zwölf Fahrer bei Unfällen. Bei den Personenkraftwagen ist es nur ein Viertel davon. Hier kommen drei getötete PKW-Insassen pro 100.000 Einwohner.
Grund genug, nicht nur im Winter mit dem Zweirad etwas weniger aufs Gas und vielleicht etwas öfter Mal auf die Bremse zu drücken. Auch im ersten Halbjahr 2020 vermeldete das Statistische Bundesamt einen Rückgang der Gesamtzahl der Verkehrstoten auf den niedrigsten Stand seit der Wiedervereinigung 1990, aber gleichzeitig einen – wenn auch geringen Zuwachs – bei den tödlich verunglückten Kraftradfahrern.
Aber was genau kann man tun um auch mit dem Zweirad sicher durch die kalte Jahreszeit zu kommen? Die meisten Tipps sind banal – dafür aber nicht minder wichtig.
Sichtverhältnisse beachten
Wegen der tief stehenden Sonne ändern sich im Herbst die Licht- und Sichtverhältnisse. Die Blendgefahr wird größer. Das betrifft nicht nur den Zweiradfahrer sondern auch andere Verkehrsteilnehmer: Sie übersehen Motorräder schon aufgrund ihrer schmalen Silhouette leicht. Gleiches gilt für das Fahren in der Dämmerung und Dunkelheit. Hier ist die schmale Silhouette von Zweirädern für Autofahrer ebenfalls schwer zu erkennen – vor allem wenn es noch neblig ist oder Regen fällt.
Fahren in der Dämmerung oder Dunkelheit ist zudem besonders anstrengend. Oft nimmt die Konzentrationsfähigkeit ab und das Auge nimmt viele Gegenstände nur noch schemenhaft wahr. Die Gründe liegen in unserer modernen Lebensweise: Das menschliche Auge ist nicht mehr so gut an die Dunkelheit gewöhnt, da es dieser durch künstliche Beleuchtung außen und innen kaum noch ausgesetzt ist.
Bei schlechter Beleuchtung konstruiert das Gehirn die vom Auge nur schlecht erkennbaren Gegenstände anhand von erlernten Situationen. So wird ein stehender Mensch am Straßenrand im Kopf schnell zu einem Baum. Besonders bei wechselnden Lichtverhältnissen braucht das Sehorgan Zeit, sich an die neue Gegebenheit zu gewöhnen. Bis zu zwanzig Minuten kann diese sogenannte Dunkeladaption dauern. Der Blick in die Finsternis geht auf Kosten der Sehschärfe.
Auf Straßenverhältnisse einstellen
Im Winter muss besonders in den Morgenstunden mit glatter Fahrbahn durch Nässe und Raureif gerechnet werden. Ebenso gefährlich für Menschen die auf zwei Rädern unterwegs sind: Auf nassem Laub kann es extrem rutschig werden. In ländlichen Gebieten kommt im Spätherbst der Ernteverkehr dazu, der zu Verschmutzungen der Straßen führen kann. Die Folge ist logisch: Für Motorrad- und andere Zweiradfahrer besteht eine erhöhte Sturzgefahr!
Neben vorsichtigem Fahren ist gefühlvolles Bremsen nun unerlässlich. Zudem sollten extreme Schräglagen absolut vermieden werden. Ein weiterer wichtiger Punkt: Die niedrigere Fahrbahntemperatur wirkt sich negativ auf den Grip von Reifen aus.
Dieses Phänomen ist aber auch im Früh- und Spätsommer durchaus zu beachten. Dann nehmen nämlich die Risiken für Motorradfahrer aufgrund dessen noch einmal zu, vor allem da in diesen Jahreszeiten noch nicht jeder die Möglichkeit von rutschigen Fahrbahnen aufgrund von Morgentau oder Laub einkalkuliert.
Geeignete Schutzkleidung ist ein Muss
Im Herbst, Winter und Frühjahr gehört neben dem Motorradanzug wärmende Funktionswäsche zum Pflichtprogramm. Wer friert riskiert nämlich nicht nur eine Erkältung, sondern ist auch unkonzentrierter. Mit kalten Fingern lassen sich zudem Hebel, Schalter und Lenker nicht mehr einwandfrei bedienen, die Reaktionsfähigkeit nimmt ab. Hier schaffen dünne Unterziehhandschuhe oder Heizgriffe Abhilfe.
Der Motorradanzug sollte gerade in der kalten Jahreszeit kontrastreich und in bunten Farben sein, damit andere Verkehrsteilnehmer einen besser wahrnehmen. Optional kann über die Anschaffung von Reflektoren an der Kleidung nachgedacht werden. Eine Warnweste hilft anderen Straßenteilnehmern, Zweiradfahrer besser zu sehen.
Extrem wichtig ist auch ein kratzerfreies und sauberes Helmvisier, da es bei tief stehender Sonne sonst zu Streulicht und so zu einem gefährlichen Blindflug kommen kann.
Auch richtige Bereifung ist unerlässlich
In der dunklen Jahreszeit ist es besonders wichtig, dass alle elektrischen Signale wie Licht, Hupe und Blinker einwandfrei funktionieren. Besondere Beachtung sollte den Reifen geschenkt werden: Der ADAC empfiehlt als Reifenprofil mehr als die gesetzlich vorgeschriebene Mindestprofiltiefe von 1,6 Millimetern. Auch wenn die Winterreifenpflicht für Motorräder abgeschafft wurde, empfiehlt es sich die bestmöglichen Reifen mit viel Profil aufzuziehen. Für einige Roller gibt es spezielle Winterreifen, die speziell für winterliche Bedingungen entwickelt wurden. Das ist besonders wichtig. Denn durch die kleineren und schmaleren Reifen beim Roller verlieren Fahrer schneller den stabilen Halt auf der Straße als mit einem Motorrad.
Technik-Check und Pflege vonnöten
Wer im Winter mit dem Zweirad „auf die Piste“ geht, sollte sein Gefährt einem gründlichen Technik-Check unterziehen. Unerlässlich ist der Licht-Test: Funktionieren alle Scheinwerfer ordnungsgemäß und sind sie richtig eingestellt? Ferner sollten Bremsen und Antriebskette unter die Lupe genommen werden. Gehen die Bremsen gut, ist genügend Bremsflüssigkeit vorhanden und wurde die Antriebskette gewartet?
Zwar nicht der Vermeidung von Unfällen, aber der Werterhaltung der „Maschine“ dient die regelmäßige Pflege im Winter. Das Befreien von Salz und Dreck während der kalten Zeit schützt das Zweirad. Am besten waschen Besitzer ihr Gefährt mit der Hand und einem Wasserschlauch statt mit einem Hochdruckreiniger. Ein Hochdruckreiniger kann nämlich Wassertropfen oder auch die chemischen Reiniger in Rad- und Lenkkopflager, in Armaturen, Schalter und Sicherungskästen treiben. Das verursacht anschließend Korrosion.,
Metallteile sollten mit einem entsprechenden Korrosionsschutz geschützt werden. Lackteile mit Hartwachs versiegelt werden. Die Kontaktstellen der Schalter brauchen Kontaktspray. Radlager und Kette gehören im Winter besonders gut gefettet.
Schon ans Frühjahr denken
Unabhängig davon ob Zweiradfahrer ihr Gefährt im Winter „eingemottet“ haben oder ob sie es weiter benutzen, sollten sie jetzt schon an das Frühjahr denken. Der März ist nämlich der Monat, in dem Mofa und Rollerkennzeichen für das neue Jahr gekauft werden müssen. Dabei gibt es 2021 eine interessante Neuigkeit. Erstmals wird es Kennzeichen zum Aufkleben geben. Diese haben laut Bundesministerium für Verkehr und Infrastruktur mehrere Vorteile: Das Erstellen von zirka zwei Millionen Versicherungskennzeichen aus Blech, die nach nur einem Jahr wieder ungültig werden entfällt. Durch die Produktion eines Folienkennzeichens entstehen weniger Treibhausgasemissionen als bei der Produktion eines herkömmlichen Versicherungskennzeichens. Bei der Folie kann zudem ein Hologramm als zusätzliches Sicherheitsmerkmal aufgebracht werden.
Was Fahrradfahrer beachten sollten
Für Radfahrer gelten nahezu alle bereits genannten Tipps in ähnlicher Form ebenso. Während Trekking- und Citybikes in der Regel serienmäßig über Schutzbleche verfügen, ist dies bei Mountainbikes, oder Crossrädern oft nicht der Fall. Doch auch für sie gibt es passende Schutzbleche zum schnellen Anklicken bei Bedarf oder zur festen Montage für die ganze Schlechtwettersaison.
Radfahrer sollten in der kalten Jahreszeit zudem öfter als sonst ihre Bremsbeläge kontrollieren, da diese bei feuchtem und dreckigem Wetter schneller verschleißen. Im Winter ist die Scheibenbremse gegenüber Felgenbrems-Systemen überlegen. Der Grund: Scheibenbremsen arbeiten unabhängig von Nässe auf gleich hoher Qualität und sind weniger Dreck ausgesetzt. Was viele nicht wissen: Auch für Fahrrader gibt es spezielle Winterreifen, entweder mit einer speziellen Gummimischung oder mit besonders ausgeprägtem Profil. Für ganz hartgesottene werden sogar Spike-Reifen hergestellt, mit denen auch bei Eis und Schnee gefahren werden kann.
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