Spätestens, allerspätestens seit dem ersten medialen Zusammentreffen des derzeitigen Präsidenten der Vereinigten Staaten Donald Trump und seinem Herausforderer Joe Biden am vergangenen Dienstag (29.09.2020) ist klar: Was Donald Trump in seiner Inaugurationsrede am 20. Januar 2017 in schmerzender Unmissverständlichkeit zum Ausdruck brachte, hat sich leider bewahrheitet. Nicht das Amt des Präsidenten hat ihn in seinem Zerstörungsfeldzug gegen die freiheitliche Demokratie eingefangen. Trump hat das Amt dazu missbraucht, die Demokratie in den Vereinigten Staaten zu unterhöhlen, rassistischen Hass zu schüren und Gewalt zu säen.

Von Beginn an ist er rücksichtslos aufgetreten, hat die Lüge zur entscheidenden Waffe seiner Politik gemacht und dabei alle Vorurteile seiner politischen Gegner/innen und alle Wünsche und Sehnsüchte seiner Anhänger/innen bestätigt. Doch damit ist auch überdeutlich geworden: Trump für sich genommen ist ein machtbesessener, dennoch lächerlicher „Clown“. Was ihn gefährlich und erfolgreich macht, sind seine Unterstützer/innen in der Republikanischen Partei und seine Wähler/innen. Sie tragen die Verantwortung dafür, dass ein proletenhafter Rüpel wie Donald Trump in einem hohen Staatsamt ungehindert wüten kann.

Im Rückblick auf die Zeit des Nationalsozialismus 1933–1945 fragen wir immer noch: Wie konnte das geschehen, dass ein Mann wie Adolf Hitler die Macht „ergreifen“, Deutschland zerstören und Europa in Schutt und Asche legen konnte? Die Antwort ist relativ einfach zu finden: Hitler wurde mit der NSDAP zunächst von einer Mehrheit der Bevölkerung, aber vor allem von den Führungsschichten der Gesellschaft in die Machtposition gebracht, von der aus er sein Zerstörungswerk in Gang setzen konnte. Danach hat sich seine Terrorherrschaft verselbstständigt.

In der Struktur der politischen Abläufe ist es bei Donald Trump genauso. Geben wir uns deswegen keinen Illusionen hin: Sollte er zum Präsidenten der USA wiedergewählt werden oder sollte er sich das Amt durch einen Schiedsspruch des Supreme Court für die nächsten Jahre sichern, wird damit der Demokratie in den USA der Todesstoß versetzt mit unabsehbaren Folgen für die ganze Welt.

Warum das so klar ist? Auch diese Frage lässt sich sehr einfach beantworten: Ein Präsident, der öffentlich und wiederholt feststellt, dass er die Präsidentschaftswahlen gewinnen wird – und wenn nicht, dann ist das nur zu erklären durch Wahlfälschung bzw. -betrug – ein solcher Präsident denkt und handelt als Antidemokrat. Konsequenterweise ruft er seine Anhänger wie die rechtsextremistischen „Proud Boys“ dazu auf, „sich bereitzuhalten“. Wozu wohl? Eine Wahlniederlage nicht anzuerkennen.

Eigentlich müsste ein Politiker, der so etwas auch nur im Ansatz äußert, sofort seinen Hut nehmen. Eigentlich müssten ihm seine Partei und die führenden Politiker/innen seines eigenen politischen Lagers die Loyalität entziehen. Das aber geschieht derzeit nicht. Darum noch einmal: Die Katastrophe ist nicht, dass es Autokraten, Antidemokraten wie Trump gibt. Die Katastrophe ist, dass er weiter von seiner Partei, den Republikanern, und ihrem Führungspersonal unterstützt wird.

Was das für die amerikanische Gesellschaft und für Europa bedeutet? Die US-Amerikaner/innen haben die Möglichkeit, sich am 03.11.2020 auf friedlichem Weg von Trump zu befreien. Die demokratisch gewählten Regierungen dieser Welt müssen aber Trump, solange er (noch) Präsident der Vereinigten Staaten ist, als autokratischen Faschisten und Feind einer demokratischen Staatsordnung ansehen und so benennen. Trump kann und darf nicht länger als Teil oder gar Repräsentant der sog. westlichen Wertegemeinschaft angesehen werden.

Entsprechend ist auch seine Außenpolitik einzuordnen. Sie dient allein seinem Programm der Zerstörung der freiheitlichen Demokratie in den USA – und natürlich der Befriedigung seiner persönlichen, materiellen Gier. Darum versucht er alle Konflikte, in die die USA international einbezogen sind, zu neutralisieren (und sich selbst zu überlassen) und sich auf die Unterstützung autokratischer zu beschränken – bei gleichzeitiger schamlosen Bereicherungs- und rücksichtsloser Ausbeutungspolitik der natürlichen Ressourcen – insbesondere durch horrende Aufrüstungsprogramme für den Nahen Osten. Damit korrespondiert auch sein Kampf gegen internationale Organisationen bis hin zur UNO.

Die Gefahr, die von dieser Politik ausgeht: dass sich auch Europa bzw. europäische Länder davon infizieren lassen. Denn wenn Trump weiter Präsident der USA bleibt, ist damit zu rechnen, dass die Vereinigten Staaten von Amerika zerfallen. Das könnte die Autokraten in Europa beflügeln, einen ähnlichen Kurs einzuschlagen.

Deren Trump-Begeisterung ist offensichtlich – vor allem auch in der AfD. Darum müssen, solange Trump Präsident der USA ist, die EU wie Deutschland klar und unmissverständlich jede auf gemeinsamen Werten basierende, politische Kooperation mit Trump aufkündigen und durch eine Politik der friedlichen Koexistenz ersetzen – mit dem Ziel, dem Rad der Zerstörung der Demokratie in den Vereinigten Staaten in die Speichen zu greifen.

Das jedenfalls wäre die konsequente Fortsetzung der Friedlichen Revolution, des Aufbruchs zur Demokratie in Ostdeutschland und Osteuropa, deren Ergebnis wir am 3. und 9. Oktober feiern. Jedenfalls ist es unbedingt erforderlich, dass wir aufhören, das Trump’sche Zerstörungswerk als eine Möglichkeit der Demokratie anzusehen. Nein, sie ist keine Möglichkeit, sondern sie bedeutet ihren Untergang.

Gastkommentar von Christian Wolff: Gefährliches Geschwurbel

Gastkommentar von Christian Wolff: Gefährliches Geschwurbel

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Verrückte Zeiten sind das schon, wenn sich die Polizei nicht rüsten soll, bei der hohen Wahrscheinlichkeit von Gewaltausbrüchen linker Demos und bei einem friedlichen Happening von eher empörten Familien geht man mit überbordender Gewalt vor und die Freunde, die eben noch die eigene Freiheit verteidigten, sind nun bereit zuzuschauen, wie ältere Herrschaften abgeführt werden und das Familienhappening gekärchert wird. Plötzlich sind Omi und Opi Reichsbürger, Nazis und was weiß der Kuckuck was noch, Hauptsache schuldig. Brille putzen Leute, hinschauen und nachdenken. Nicht alles ist so, wie es zu seien scheint, deshalb soll uns ja der liebe Gott von den Christenmenschen, Pfarrer Wolff und OB Jung, den Verstand gegeben haben.

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