Bevor das Bundesverwaltungsgericht am Donnerstag, den 13. Juni, sein Urteil zur Tötung männlicher Küken verkündete, protestierten etwa 30 Tierschutzaktivisten gegen diese Praxis in der industriellen Produktion. Mit dem Urteil dürften sie überwiegend zufrieden sein: Anders als die Vorinstanzen entschied das Gericht, dass das Kükentöten gegen den Tierschutz verstoße und auf absehbare Zeit nicht mehr durchgeführt werden darf.
Etwa 30 Aktivistinnen und Aktivisten von PETA, der „Albert-Schweitzer-Stiftung für unsere Mitwelt“ und anderen Tierrechtsorganisationen haben am Donnerstag, den 13. Juni, vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) demonstriert. Anlass war die Urteilsverkündung zur Tötung männlicher Küken. Das BVerwG erlaubt diese Praxis nur noch übergangsweise.
Die Hälfte der Tierschützer/-innen stand auf den Treppen vor dem Gericht und zeigte Fotos von Küken in der industriellen Produktion. Andere posierten – als Küken verkleidet – mit einem Banner „Kükenmord stoppen!“ auf dem Simsonplatz. Die auffälligste Aktion war das Schreddern hunderter Plüschküken, die als Stofffetzen aus der Maschine herauskamen.
PETA beklagt, dass männliche Küken in der Eierindustrie wie „Wegwerfware“ behandelt würden. Die Albert-Schweitzer-Stiftung sagte im Vorfeld, dass es um die „Zukunft des gesetzlichen Tierschutzes in Deutschland“ gehe.
Im ersten Paragraphen des deutschen Tierschutzgesetzes heißt es, dass niemand „einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen“ dürfe. Fraglich blieb bislang, ob wirtschaftliche Interessen aus juristischer Sicht ein solcher Grund sind. Männliche Küken sind für die Brutbetriebe „nutzlos“ und werden daher kurz nach der Geburt getötet.
Das BVerwG hat nun entschieden: „Das wirtschaftliche Interesse an speziell auf eine hohe Legeleistung gezüchteten Hennen ist für sich genommen kein vernünftiger Grund im Sinne des Tierschutzgesetzes für das Töten der männlichen Küken aus diesen Zuchtlinien.“ Dennoch darf die bisherige Praxis vorübergehend fortgesetzt werden.
Das Gericht argumentiert, dass „voraussichtlich in Kürze Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Ei zur Verfügung stehen“ würden. Die Tötung männlicher Küken könnte damit im Vornherein vermieden werden. Eine sofortige Umstellung sei den Betrieben wegen der jahrzehntelang akzeptierten Praxis nicht zuzumuten.
Dazu schreibt das BVerwG: „Ohne eine Übergangszeit wären die Brutbetriebe gezwungen, zunächst mit hohem Aufwand eine Aufzucht der männlichen Küken zu ermöglichen, um dann voraussichtlich wenig später ein Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Ei einzurichten oder ihren Betrieb auf das Ausbrüten von Eiern aus verbesserten Zweinutzungslinien umzustellen.“
Zur bisherigen Praxis hat das Gericht klare Worte gefunden: „Dem Leben eines männlichen Kükens wird damit jeder Eigenwert abgesprochen. Das ist nicht vereinbar mit dem Grundgedanken des Tierschutzgesetzes, für einen Ausgleich zwischen dem Tierschutz und menschlichen Nutzungsinteressen zu sorgen.“
Jährlich sterben in Deutschland etwa 45 Millionen männliche Küken. Eine Brüterei hatte gegen einen Erlass eines Landesministeriums geklagt, wonach die Tötung verboten sei. Das Verwaltungsgericht Minden und das Oberverwaltungsgericht Münster hatten im Sinne der Brüterei entschieden. Erst das Bundesverwaltungsgericht setzte nun ein Zeichen für den Tierschutz.
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