Sachsen soll ein neues Schulgesetz bekommen. Im Vorfeld wird รผber die Inklusion besonders hitzig diskutiert. Durch die UN-Behindertenrechtskonvention ist auch Sachsen zur Inklusion verdonnert. Behinderte Menschen dรผrfen nicht aufgrund einer Behinderung vom allgemeinen Bildungssystem ausgeschlossen werden. Der Zugang zu einem โeinbeziehenden (inklusivem), hochwertigen und unentgeltlichen Unterrichtโ soll allen Kindern ermรถglicht werden.
โSchรผler mit sonderpรคdagogischem Fรถrderbedarf mussten bislang vorrangig die Fรถrderschule besuchen. Diese Fรถrderschulpflicht wird mit der Gesetzesnovelle abgeschafft.โ Diese Verรคnderung ergibt sich aus dem Artikel 24 der UN-Behindertenrechtskonvention. Die Vertragsstaaten sichern dort zu, dass โMenschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen in der Gemeinschaft, in der sie leben, Zugang zu einem integrativen, hochwertigen und unentgeltlichen Unterricht an Grundschulen und weiterfรผhrenden Schulen habenโ. Als Ziel wird die vollstรคndige Integration benannt. Um diese zu erreichen, sollen โwirksame individuell angepasste Unterstรผtzungsmaรnahmenโ auf den Weg gebracht werden. In Artikel 3 wird von den grundlegenden Prinzipien der Konvention gesprochen. In der englischen Fassung fรคllt dabei der Begriff der Inklusion: โFull and effective participation and inclusion in societyโ โ in der deutschen Fassung allerdings mit โEinbeziehungโ wiedergegeben.
Auch der Zugang zur allgemeinen Hochschulbildung, Berufsausbildung, Erwachsenenbildung und zu lebenslangem Lernen soll gleichberechtigt fรผr alle Kinder entsprechend ihren Fรคhigkeiten mรถglich sein. โIn der Behindertenrechtskonvention geht es nicht mehr um die Integration von โAusgegrenztenโ, sondern darum, von vornherein allen Menschen die uneingeschrรคnkte Teilnahme an allen Aktivitรคten mรถglich zu machenโ, heiรt es in der Erlรคuterung zur Konvention.
Leitwort ist der Begriff der Inklusion. Vor allem Artikel 24 fรผhrte und fรผhrt zu vielen Diskussionen:
โDer Normalfall soll danach sein, dass Kinder โnicht aufgrund von Behinderung vom unentgeltlichen und obligatorischen Grundschulunterricht oder vom Besuch weiterfรผhrender Schulen ausgeschlossen werdenโ (Artikel 24 Abs.2 a). Das allgemeine Bildungssystem soll jedem zugรคnglich sein. Ziel ist also der gemeinsame Schulbesuch von behinderten und nicht behinderten Kindern in einer Regelschule als โNormalfallโ โ es soll keine Ausnahme sein. Gerade diese Zielsetzung ist sehr umstritten und geht einigen Kritikern zu weit.โ
Deutschland und derzeit 158 weitere Lรคnder haben die Konvention unterzeichnet. Durch behindertengerechte Rรคume, barrierefreie Internetseiten und die Etablierung von Gebรคrdensprache, Blindenschrift und Leichter Sprache sollen Mรถglichkeiten geschaffen werden, mรถglichst vielen Menschen die Teilhabe an der Gesellschaft zu ermรถglichen. Durch freie Wahl von Wohnart und -ort, Unterstรผtzungsangebote und Assistenzen fรผr ein selbstbestimmtes Leben sollen mรถglichst wenig Menschen in der Entfaltung ihrer Persรถnlichkeit behindert werden.
So kรถnnen Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstรผtzen:
Es gibt 3 Kommentare
Vielen Dank. Das neue Foto mit der Gebรคrdensprachdolmetscherin passt auch viel besser zum Thema. ๐
Gut, dass auch mal klar gesagt wird, dass โInklusionโ hier eigentlich nur Denglisch ist und โinclusionโ nichts mit Einsperren zu tun hat, wie erst neulich ein Politikwissenschaftler leicht hรคmisch glossierte. Dazu einen sauren Gruร an einen Leipziger CDU-Stadtrat, der hier besserwisserisch die integrativen Bemรผhungen diskreditieren wollte.
Schlieรlich noch eine historische Anmerkung, um zu sehen, wie โschnellโ sich das allgemeine Bewusstsein รคndern kann: Noch in den 1970ern war es gang und gรคbe, dass Kinder, die im Rollstuhl saรen, im Kopf aber gesund waren, grundsรคtzlich auf die Sonderschule geschickt wurden und denselben Fรถrderunterricht wie ihre geistig behinderten Klassenkameraden โgenieรenโ durften. Man kann sich das heute gar nicht vorstellen.
Und da halten Politiker auch heute noch barrierefreie Schulen fรผr Luxusโฆ Naja, Leipzig halt, wo Gehbehinderte immer noch mit rein hochflurig verkehrenden Straรenbahnen (also ohne โflachenโ Beiwagen) โรผberraschtโ werdenโฆ Und die merkwรผrdige Bordsteinfรผhrung an der Haltestelle auf der Mittelfahrbahn des Augustusplatzes ist ja auch noch ganz neuโฆ Rollifahrer kรถnnen von ihrem Leid an diesem Bordstein berichtenโฆ
Vielen Dank fรผr den Hinweis. Ich habe es ausgetauscht.
Das Foto ist unredlich!
Es ist ein altes Foto, denn auf dem Pflaster fehlen noch die bekannten Rollstuhlfahrersymbole.
Seit sie aufgemalt wurden, steht kein Fahrrad mehr auf der Pflasterung. Man kann an das Kirchenmodell ganz leicht โherankommenโ.
Die Radfahrer sind rรผcksichtsvoller als die Autofahrer, die direkt in der Nรคhe in oder aus der Tiefgarage donnern. Mรถchte nicht wissen, wieviele sehschwache Menschen dort โtouchiertโ wurden. Interessiert das Verkehrsamt eh nicht.
Der Herr Stadtrat Riedel hat sich auรerdem noch nicht pressewirksam bei den Radfahrern bedankt.
Ich laufe jeden Tag (mindestens) zweimal an dieser Stelle vorbei. Ist immer frei zugรคnglich!