Leipziger, die sich fragen, was das für komische Leute sind, diese Katholiken, bekommen im Mai Gelegenheit, Antworten zu finden: beim Katholikentag. So sieht das jedenfalls Thomas Sternberg, Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken. Zugegeben, das klingt nach einem Ufo, das nach ein paar Tagen wieder spurlos verschwindet. Tatsächlich aber sind die Katholiken fester Bestandteil der Stadt. Am Mittwoch wurde das Programm der Presse vorgestellt.
Propst Gregor Giele wundert sich eigentlich immer noch, dass gerade Leipzig den 100. Katholikentag beherbergt. Gleichzeitig freut er sich natürlich darüber. Gut katholisch hat er schon eine Dankkerze angezündet. Denn die ostdeutschen Katholiken sind zwar eine Minderheit, aber sie haben Erfahrungen gemacht, von denen die Weltkirche profitieren kann. Und so laden sie ihre Glaubensgeschwister aus den katholischen Hochburgen in Bayern oder im Rheinland mit einigem Selbstbewusstsein in die Diaspora ein. Gleichzeitig geht der Blick über den kirchlichen Tellerrand hinaus. “Wir werden einen spannenden Katholikentag erleben, mit vielen Innovationen und offenen Angeboten für alle Neugierigen.”, unterstreicht Sternberg: “Nicht Kircheninteressen oder unsere Interessen als Christen stehen im Vordergrund, sondern unsere gemeinsame Verantwortung für die politisch-gesellschaftlichen Entwicklungen und deren Auswirkungen auf Menschen in aller Welt”.
“Wir möchten ganz bewusst etwas anbieten, was für die Leipzigerinnen und Leipziger interessant und relevant ist”, so der Propst. Im Zentrum stehen daher aktuelle gesellschaftliche Themen. Die derzeit alles überragende politische Diskussion des Umgangs mit der Flüchtlingsfrage und die damit verbundenen Fragen nach Integration und dem Umgang mit Fremdenfeindlichkeit stellen einen Schwerpunkt des Programms dar. “Aufstehen gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit” lautet etwa der Titel einer Veranstaltung mit Wolfgang Thierse und Gesprächspartnern aus Sachsen und Berlin. “Zufluchtsort Deutschland – Gerechtigkeit im Asylverfahren” lautet ein weiteres Thema.
“Wie wollen wir in Zukunft leben und wirtschaften?”, lautet eine Frage im Programm. Hierzu werden sich Bundesentwicklungsminister Gerd Müller, der Chef des Bundeskanzleramtes Peter Altmaier und Kardinal Reinhard Marx äußern. Die Zukunft der deutschen Außenpolitik, die Herausforderungen des Klimawandels, der Krieg in der Ukraine, der Zusammenhalt Europas, die Zukunft der Biomedizin und Reproduktionstechnik, die Herausforderungen der Pflege, der Umgang mit Sterben und Tod und auch die Probleme der neuen Medienwelt sind weitere Themen.
Und natürlich wird es darum gehen, ins Gespräch mit Menschen zu kommen, die ganz gut ohne Glauben zurechtkommen – mit Lerneffekt für beide Seiten:
“Ein Novum auf einem Katholikentag stellt die Themenreihe “Leben mit und ohne Gott” dar – ein Angebot, das Gespräche und Begegnungen zwischen religiös nicht Gebundenen und an Gott Glaubenden ermöglichen soll. Hiermit wird der Situation Rechnung getragen, dass der Osten Deutschlands eine der am meisten säkularisierten Regionen Europas ist. Unter der Überschrift “Ich glaub’ nichts, mir fehlt nichts” hat sich unter anderem Ministerpräsident Bodo Ramelow als Gesprächspartner angekündigt. Ein Experiment wird das neue Format eines Kneipengesprächs “Über Gott und die Welt” sein, zu dem sich die Bischöfe Ipolt und Oster an einer Theke dem Gespräch mit Interessierten stellen.”
“Leben mit und ohne Gott” ist eine Einladung an alle, die neugierig sind auf einen Katholikentag, insbesondere Leipzigerinnen und Leipziger sollen sich hier angesprochen fühlen. Alle Angebote dieses Themenbereichs sind kostenfrei zugänglich.
Und dann geht es natürlich auch um den ökumenischen und interreligiösen Dialog und den möglichen Beitrag der Religionen zum Frieden: “Künstlerinnen und Künstler werden von ihren Erfahrungen mit “Freude und Hoffnung – Trauer und Angst” der Menschen berichten, unter anderem der Maler Michael Triegel und der Schriftsteller Michael Lentz. Unter dem Titel “Gott – das Antlitz der Barmherzigkeit” befasst sich ein Podium mit der Barmherzigkeit in Christentum, Judentum und Islam. Die Friedenskonzepte der Religionen und die Frage “europäischer Islam oder die Islamisierung Europas” werden ebenso zum Thema gemacht wie die nach der Gewalt in Bibel und Koran.”
Das Programm wird ab März abrufbar sein.
Es gibt 3 Kommentare
Danke für die Antwort.
Ein verrückter Bezug, denn auch die Kirche hat sich ja spürbar geändert. Aber dies ist nicht mein Thema.
Ich habe deshalb nachgefragt, weil ich das so verstanden habe, dass die Erkenntnisse aus diesen Gesprächen zu den sehr interessanten Themen nicht zum Nachdenken anregen werden und am nächsten Tag wieder vergessen sein werden.
Da habe ich mich tatsächlich getäuscht und meine Verbindung zu den Demos in Leipzig war nicht angebracht.
Das Ufo-Bild im Blick auf die Kirche stammt von Ralf Julke: “Sie schwebt wie ein blinkendes UFO über den Dingen und versucht die Lebensmodelle vergangener Jahrhunderte als einzig gültige Münze anzubieten.”
Darauf wollte ich Bezug nehmen. Weitergehende Verbindungslinien zwischen dem Katholikentag und Demos in Leipzig sehe ich gerade nicht – außer dass die Kirchen in Leipzig Mitveranstalter von Demos – besonders der Lichterkette im Januar – waren und sind. Näheres gerne im direkten Gespräch.
Auch wenn ich kein Katholik bin, habe ich nichts gegen den Katholikentag. Gegen die Themen, die Gegenstand von Diskussionen sein werden gleich gar nicht. Für folgende Aussage im Artikel wäre ich deshalb an einer kurzen Erläuterung dankbar:
“Zugegeben, das klingt nach einem Ufo, das nach ein paar Tagen wieder spurlos verschwindet.”
Wie vereinbart sich diese Aussage mit dem Schwachsinn, der in Leipzig (nun in längeren Abständen) auf den Straßen stattfindet?