Am heutigen Samstag, 26.09.15, haben wieder sehr viele Leipzigerinnen und Leipziger gezeigt, dass sie die Aufmärsche des rechtsextremistischen Lagers satt haben. Sie haben gezeigt, dass sie für eine Stadt der Vielfalt, für Pluralität, für die freiheitliche Demokratie und einen menschenwürdigen Umgang mit Flüchtlingen eintreten. So haben an der Demonstration der beiden Initiativen „Willkommen in Leipzig … und „Für Religionsfreiheit und Toleranz“ bis zu 700-800 Menschen teilgenommen. Und dennoch kam es zu Gewalt.
Nach Ende der Kundgebung an der Neuen Universitätskirche St. Pauli bin ich gegen 15.30 Uhr durch die Hugo-Licht-Straße zum Neuen Rathaus gegangen und stand am Martin-Luther-Ring gegenüber der neuen Propsteikirche. Es war relativ wenig zu sehen von den rechtsradikalen Marschierern. Plötzlich hörte ich einen dumpfen Schlag. Ein Polizeiauto fuhr allein auf dem Marin-Luther-Ring an der Propsteikirche vorbei. Ein Stein war in die hintere Scheibe geflogen.
Kaum hatte ich das realisiert, wurde von einem vermummten jungen Mann ein weiterer, sehr großer Pflasterstein gegen die Windschutzscheibe des Polizeiautos (ein VW Passat Combi) geworfen. Der Mann lief Richtung Neues Rathaus zu vier weiteren vermummten jungen Männern. Diese riefen „Scheiß Bullen“ und gingen dann relativ ruhigen Schrittes Richtung Hugo-Licht-Straße. Ein Streifenpolizist sah keine Möglichkeit, den Männern zu folgen.
Ich ging zu der Gruppe der Vermummten und schrie sie an: „Was ihr macht, ist nur Scheiße und eine Straftat. Das hat nichts mehr mit Politik zu tun.“ Sie blafften zurück: „Reg dich nicht auf, Alter. Die Bullen schützen die Nazis.“ Ich erwiderte: „Nein, das tun sie nicht. Sie regeln hier das Leben.“
Dann liefen sie weg – von keiner Polizei verfolgt.
Um es in aller Deutlichkeit zu sagen: Ich bin Zeuge einer schweren Straftat geworden und habe mich der Polizei als Zeuge zur Verfügung gestellt. Einen Stein in die Windschutzscheibe eines PKW‘s zu werfen, ist ein mutwilliger, vorsätzlicher Angriff auch auf Menschen, die im Auto sitzen. Das ist mit nichts, aber auch gar nichts zu rechtfertigen – auch nicht mit einem etwaigen Fehlverhalten der Polizei! Diejenigen, die dafür verantwortlich sind, gehören gefasst und in einem ordentlichen Verfahren bestraft.
Leider aber hat die Polizei überhaupt nicht reagiert, was ich absolut nicht nachvollziehen kann. Aber das ist angesichts der Schwere der Straftat nebensächlich. Diejenigen, die die Pflasterstein geworfen haben, sollen wissen: Das hat mit Politik, auch mit dem Kampf gegen den Rechtsradikalismus und mit „Links“ nichts, aber auch gar nichts zu tun. Das ist nur feige, dreist und – eine widerliche Straftat.
Das ist nur Wasser auf den Mühlen derjenigen, die – wie die Neonazis – die Demokratie und den Rechtsstaat aushebeln wollen. Darum der klare Appell an die Vermummten: Solange ihr euch hinter Masken versteckt, solange ihr mutwillig Gewalt auch gegen Menschen anwendet, solange ihr kein Gesicht zeigt, nehmt für eure Straftaten nichts in Anspruch, was Gott sei Dank in Leipzig viele Menschen immer wieder vereint: „Keine Gewalt“, „Courage zeigen“ und Vielfalt, Freiheit und Demokratie.
Es gibt 5 Kommentare
“Ein Gastkommentar von Christian Wolff: Keine Gewalt” ist nur ein weiterer Kropf im Tenor: “Sonne für jeden.”
Selbstdarstellerisch, banal, belanglos.
Warum hat die Polizei die Steinewerfer nicht festgenommen? Man kann es nicht mehr nachvollziehen!
Ich habe viele friedliche junge Menschen gesehen, die nur gegen die Rechten protestiert haben. Mich hat aber auch gewundert, das manche sich offenbar vermummen wollten, meistens junge Männer. Ich denke es gibt ein Vermummungsverbot? Jedenfalls sind solche Steinewerfer kriminell und keine Linken.
Ich gehe auf solche Demos auch nicht, man gerät dann vielleicht zwischen die Fronten. Ich bin konsequent gegen Rechts, aber mit diesen Steinewerfern möchte ich nichts gemein haben.
Eines vorneweg: Gewalt gegen die Polizei – vor allem in diesem Umfang – ist schlichtweg beschissen und vor allem kontraproduktiv für das eigentliche Anliegen der meisten GegendemonstrantInnnen.
Nichtsdestotrotz muss man die Geschehnisse von gestern auch in den Zusammenhang einordnen. Bereits im Vorfeld der Eskalation am Leuschner-Platz ist die Polizei massiv und sehr überzogen gegen GegendemonstrantInnen vorgegangen. So z.B. am Gewandhaus. Dort stürmten mehrmals Polizei-Trupps ohne erkennbaren Grund in die ankommende Gegendemo und zogen Einzelpersonen heraus. Gerechtfertigt wurden diese Aktionen mit der Antwort “unter anderem wegen vergangenem Mittwoch” (die Worte eines Polizisten gegenüber Jürgen Kasek).
Mir scheint es so, dass der interne Druck auf die Polizei so groß war, dass mal wieder “durchgegriffen” werden musste. Aus dieser Sicht ergibt sich für die o.g. Rechtfertigung auch ein Sinn. Am Mittwoch hatte die Polizei die Situation nicht unter Kontrolle, sondern konnte den Gegendemonstranten nur hinterherrennen. Trotz massiver Blockaden und einzelner Berührungspunkte zwischen NoLegida und Legida kam es am Mittwoch zu keinen nennenswerten Zwischenfällen. Eines allerdings war klar: Die Polizei hat das Geschehen nicht steuern können und meist waren die Gegendemonstranten bestimmend. Das konnte man offensichtlich nicht auf sich sitzen lassen und musste gestern wieder klare Verhältnisse schaffen. Anders lässt sich nicht erklären, warum schon im Vorfeld der Eskalation am Leuschner-Platz mehrmals Polizei-Stoßtrupps massiv gegen Gegendemonstranten vorgingen und etliche Einzelpersonen aus der Menge zogen.
Kurzum entspricht das Verhalten der Polizei am gestrigen Tage nicht meinem Verständnis von Weitsicht und Deeskalation. Normalerweise muss nun auch die Polizei sich fragen, was sie selbst zu den Ausschreitungen am Leuschner-Platz beigetragen hat.
Ich möchte nochmal betonen, dass ich damit keinesfalls die Gewalttaten rechtfertigen möchte. Ich plädiere lediglich dafür solche Geschehnisse nicht immer eindimensional zu sehen und einer Konfliktpartei zuzuschreiben.
Bei Fußballspielen bindet man die Zuschauer mit ein, um beispielsweise Werfer von Gegenständen zu ermitteln. Die Strafen können dann schon recht heftig ausfallen. Überwiegend klappt das auch ganz gut. Oftmals reichen anonyme Hinweise.
Hier waren sicher hunderte Personen aus den Reihen der Gegendemonstranten Zeugen dieser kriminellen Handlungen. Weshalb haben diese nicht eingegriffen und diese Kriminellen der Polizei übergeben? Ist bzw. war man auch mit den heutigen Straftaten einverstanden, da es ja nicht das erste Mal war?. Bisher wurde das jedoch mehr oder weniger schon nach kurzer Zeit als Bagatellen abgetan und von den Leipziger Medien sowie den meisten Parteien unter den Tisch gekehrt.
So lange wie die Gegendemonstranten nicht in der Lage oder nicht gewillt sind, derartige Straftaten zu unterbinden, verbietet sich ein Unterschied zwischen linker und rechter Gewalt. Alle beide stehen für mich damit auf einer Stufe. Es bringt auch nichts zu leugnen, dass es sich bei diesen Steineschleuderern, die damit Menschenleben in Kauf nehmen, um keine Linken handelt, was durchaus sein mag. Aber weshalb fühlen diese sich dann in der Reihen der Gegendemonstranten gut aufgehoben bzw. sicher? Kennt man und und schätzt man sich womöglich? . Oder welche Erklärung gibt es sonst dafür?
Mein Vorschlag an die Gegendemonstranten. Sammelt Geld und setzt eine Prämie aus, die der bzw. diejenigen erhält/erhalten, welcher/welche eindeutige Hinweise der Polizei gibt, die zur Ergreifung der Täter führen. Damit es zu keinen Übergriffen kommt, empfehle ich das Geld auf ein mit der Polizei abgestimmtes Bankkonto einzuzahlen, um die Anonymität der/des Empfänger/s zu gewährleisten.
Besser würde ich es finden, man spendet dieses Geld für einen guten Zweck. Beispielsweise für eine Einrichtung in Leipzig-Grünau, wo schwerst behinderte Kinder liebevoll betreut werden.
Schon lange polarisieren diese Demos. Zwischen den Demonstranten auf der einen und anderen Seite gibt es hunderttausende Passive: Nachbarn , Kollegen, Verwandte … Denen kann man nicht erklären, das diese Steinewerfer nicht links sind und auch keine Demokratie verteidigen. Um mich von Steinewerfern abzugrenzen, gehe ich nicht dahin, wo diese sind. Z.B. auf Gegendemos.