Was bitteschön ist eigentlich der Mitteldeutsche Presseclub zu Leipzig e. V.? Jahr für Jahr erfreut er die Welt mit der Verkündung des neuen Preisträgers der "Heißen Kartoffel", den er zusammen mit dem Förderverein Heiße Kartoffel e.V. vergibt. Die gab es früher mal dafür, dass sich Leute mutig getraut hatten, ein paar wahre Worte zu sagen in der mitteldeutschen Politik. Aber auch in den 1990er Jahren hatte der Preis so einen Drang danach, an der Brust ordensgeschmückter Staatsmänner zu landen. Solchen wie Thomas de Maizière.

Der bekommt die “Heiße Kartoffel” nun 2014. Den “renommierten mitteldeutschen Kommunikations- und Wirtschaftspreis” nennt der Presseclub das Ding, das Thomas de Maizière nun 24. Oktober “für sein langjähriges politisches Wirken und seinen Einsatz für den Osten Deutschlands” verliehen werden soll.

Kommt man zwar ins Grübeln. Was hat der Mann eigentlich für den Osten Deutschlands getan? Klar – sein Cousin Lothar de Maizière holte ihn 1990, um einen Mann aus dem westdeutschen Polit-Establishment zu haben, der den Übergang in den Bestand der Bundesrepublik fachlich qualifiziert organisieren konnte. Aber was hat er da eigentlich wirklich getan, bevor er schon im November 1990 ins Kultusministerium von Mecklenburg-Vorpommmern wechselte? 1994 wurde er dort Chef der Staatskanzlei, bis die CDU 1998 in Meck.-Pomm. aus der Regierung flog. Da nahm ihn Kurt Biedenkopf in Sachsen dankbar als Chef seiner Staatskanzlei. Die nächsten Jahre sind ein regelrechtes Ämterspiel – Finanzminister, Justizminister, Innenminister. Alles in Sachsen, bevor ihn Angela Merkel 2005 nach Berlin holte und dort unter anderem als Beauftragten für die Nachrichtendienste einsetzte.

Irgendwie ist er das heute wieder, nachdem er auch mal Verteidigungsminister war und mit dem Militär so überhaupt nicht warm wurde. Jetzt ist er Bundesinnenmister und erfreute im April 2014 die Internetgemeinde mit der Aussage, dass die Zusammenarbeit der Geheimdienste von USA, Großbritannien und Deutschland unabdingbar sei und ein Untersuchungsausschuss zur NSA-Affäre schädigend für diese Kuschelrunde. Und im Mai legte er dann bei einem USA-Besuch noch mal nach und bezeichnete Edward Snowden als Straftäter.

Womit natürlich auch klarer wird, warum die Merkel-Regierung Edward Snowden weder nach Deutschland kommen lassen möchte noch vorm Untersuchungsausschuss aussagen lassen möchte. Die Datenauslieferung des BND an die NSA sorgt ja gerade für Wirbel im Land, denn augenscheinlich haben Deutschlands Schlapphüte da wohl wissend geltende Gesetze umgangen.

Aber der Straftäter ist ja Snowden. Man plaudert doch nicht aus, was die Staatsgeheimen so alles anstellen …

Und es verblüfft schon, wenn der Mitteldeutsche Presseclub nichts Eiligeres zu tun hat, als diesem Mann zur “Heißen Kartoffel” zu verhelfen.
Klar: Auch in der Vergangenheit war die Handschrift des MDR deutlich, der im Presseclub das eigentliche Sagen hat. Wolfgang Brinkschulte, leitender Redakteur des MDR, ist Vorstandsprecher, diverse Sprecher größerer Unternehmen sind Mitglied im Vorstand. Und irgendwie versucht man ein bisschen Mitteldeutschland zu spielen: “Der Mitteldeutsche Presseclub zu Leipzig e. V. befördert den journalistischen Informations- und Erfahrungsaustausch mit dem Ziel, die bildungspolitische, kulturelle und soziale Rolle Mitteldeutschlands zu würdigen und nach außen zu kommunizieren.”

Wenn es diesen Austausch geben sollte, dann findet er im kleinen Kreis statt. Denn tatsächlich betrachtet man Mitteldeutschland ganz aus MDR-Perspektive: möglichst staatstreu und nicht allzu kritisch. Lieber bepreist man dann diverse fast ausschließlich konservative Politiker mit der “Heißen Kartoffel”. Würdigt irgend ein diffuses Wirken für Ost- oder Mitteldeutschland, auch wenn die Leute nichts anderes getan haben, als ihr Amt zu verwalten. Es ist also eher so eine Freundschaftspflege.

“De Maizière ist ein würdiger Preisträger und steht in einer Reihe mit den herausragenden Preisträgern der vergangenen Jahre. Er hat sich stets mit hohem Engagement für die Belange Ost- und Mitteldeutschlands eingesetzt”, erklärt Dr. Karsten Heuchert, Vorsitzender der Jury zur Verleihung der “Heißen Kartoffel” und Vorstandsvorsitzender der VNG – Verbundnetz Gas AG in Leipzig. “Die Jury freut sich sehr, Thomas de Maizière gerade im 25. Jahr der friedlichen Revolution für sein Wirken auszeichnen zu können.”

Was aus Unternehmenssicht wohl ganz wichtig ist. Dr. Karsten Heuchert, zuvor bei Wintershall in Kassel tätig, ist seit 2010 Vorstandsvorsitzender der Verbundnetz Gas AG (VNG) in Leipzig.

“Wie kaum ein anderer Politiker hat sich de Maizière seit 1989 für Aufbau, Entwicklung und Zusammenwachsen von Ost und West engagiert”, findet nun der Mitteldeutsche Presseclub. “In seinen zahlreichen politischen Ämtern auf Landes- und Bundesebene, in Schwerin, Dresden und Berlin, hat er in vorbildlicher Weise die Interessen des Landes und seiner Menschen vertreten.”

Hat er das?

“Der politische Lebensweg von Thomas de Maizière ist eng mit dem Zusammenwachsen der beiden deutschen Staaten verbunden, und er hat sich um Land und Gesellschaft besonders verdient gemacht”, betonte der Vorsitzende des Mitteldeutschen Presseclubs, Wolfgang Brinkschulte.

Womit die Aussage von Heuchert noch einmal wiederholt wurde. Aber nicht belegt.

Einer aber sagt durch die Blume tatsächlich die Wahrheit: Dr. Stefan Blattner, Präsident des Fördervereins Heiße Kartoffel und Musikredakteur bei MDR Figaro: “Sein politisches Wirken zeigt beispielhaft, wie die Chancen, die mit der friedlichen Revolution in Ostdeutschland nun allen Deutschen offenstanden, auf vorbildliche Weise genutzt wurden und werden.”

Den Satz kommentieren wir hier nicht. Den darf man sich auf der Zunge zergehen lassen. So ehrt sich die politische Elite in Sachsen selbst. Denn irgendwie ist der in Bonn geborene Thomas de Maiziére ja auch Sachse: Bei der Bundestagswahl 2009 haben die Leute in Meißen ihm wieder ein Direktmandat für den Bundestag verschafft.

Die vom Leipziger Künstler Jörn Konrad geschaffene Skulptur symbolisiere die sprichwörtlich “Heiße Kartoffel”, betont der Presseclub noch. “Die Preisträger sind Schwierigkeiten nicht aus dem Weg gegangen und haben sich persönlich und entschlossen für eine Lösung gegenwärtiger Probleme engagiert.” Da trifft es ja den Richtigen. Einen richtig engagierten Mann für diese Region. Nur sind seine Wortmeldungen zu den Themen der Zeit in der Regel eiskalt. Aber so ist das mit diesem Preis nun seit Jahren: Er hat mit dem Ursprungssinn von heißen Kartoffeln nichts mehr zu tun. Eher ist es eine Art warmer Toast. Und mutig ist die Kür der versammelten Ordensträger auch nicht. Das ist schon längst wieder honorige Staatspreisträgerei.

Die Preisverleihung findet jährlich im Rahmen eines Festakts mit rund 300 Repräsentanten aus Wirtschaft, Politik, Verwaltung, Wissenschaft und Kunst sowie Medienvertretern aus ganz Deutschland im Bundesverwaltungsgericht in Leipzig statt.

http://heisse-kartoffel.de
www.mitteldeutscher-presseclub.de

Anm. d. Red.: Innerhalb des Textes fand leider in einer früheren Version eine Verwechslung beim Vornamen von Thomas de Maiziére statt. Wir bitten das zu entschuldigen.

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